Ein Leben im Zeichen der politischen Bildung
Gründungsdirektor der Akademie Felix Messerschmid
März 1958
Vor 59 Jahren hat die Tutzinger Akademie ihren ersten Direktor bekommen. Im März 1958 ernannte der Bayerische Ministerrat den Oberstudiendirektor Felix Messerschmid für sechs Jahre zum Gründungsdirektor der Akademie.
Messerschmid wurde am 14. November 1904 in Untertalheim geboren und wuchs in einem schwäbisch-katholischen Lehrerhaushalt auf. Ab 1911 besuchte er das Ulmer Realgymnasium und bestand 1922 die Reifeprüfung. Von 1923 an studierte er in Tübingen und München Germanistik, Geschichte, Romanistik, Philosophie, Pädagogik und Musikwissenschaft. 1928/29 legt er das Erste und Zweite Staatsexamen für das Höhere Lehramt ab und promovierte 1937 in Tübingen mit einer Arbeit über das Kirchenlied Luthers. Ab 1929 war er Studienassessor an zwei höheren Schulen in Württemberg. Da er nicht der NSDAP beitrat, wurde er erst 1940 als Soldat zum Studienrat ernannt. Bis 1945 war er Soldat.
Aufbau gegen alle Widerstände
Von 1948 an baute Messerschmid die staatliche Akademie für Erziehung und Unterricht in Calw auf, die er bis 1955 leitete. Zwischen 1948 und 1952 ist er zugleich Direktor der Oberschule in Calw und ab 1955 Oberstudiendirektor als Leiter des Ulmer Kepler-Gymnasiums.
Sein herausragendes bildungspolitisches Engagement bezeugen zahlreiche Mitgliedschaften, darunter: ab 1953 im Deutschen Ausschuss für das Erziehungs- und Bildungswesen in Bonn, ab 1955 als Vorsitzender des Verbandes der Geschichtslehrer Deutschlands und Vorstandsmitglied des Verbandes der Historiker Deutschlands, ab 1954 im Kuratorium des Pädagogischen UNESCO-Instituts in Hamburg und ab 1957 im Wissenschaftlichen Beirat des Instituts für Jugendpflege in Bonn. Hinzu kommen die Mitgliedschaften in der Kommission zur Beratung der Bundesregierung in Fragen der politischen Bildung sowie in den Wissenschaftlichen Beiräten der Bundeszentrale für politische Bildung und des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin. Ferner fungiert Messerschmid als Mitbegründer und Mitherausgeber der Zeitschriften „Geschichte in Wissenschaft und Unterricht“ (ab 1949) und „Freiheit und Verantwortung“ (ab 1956, später: „Gesellschaft–Staat–Erziehung“).
12 Jahre im Dienst der Akademie
Sechs Monate nach seiner Ernennung, am 1. Oktober 1958 tritt Felix Messerschmid das Amt des Gründungsdirektors der Akademie für Politische Bildung in Tutzing an, die er bis 1970 leiten wird. Er etabliert die bundesweit einzigartige Konstruktion und steuert die Tutzinger Einrichtung zielstrebig durch mancherlei Untiefen und raue Fahrwasser, wie sie zumal in den Anfangsjahren häufiger zu durchschiffen sind. Für die Akademie wirkt er vertrauens- und profilbildend zugleich. „Aufbau und stete Wiedergewinnung dialogischer Existenz gegen alle Widerstände in uns und außer uns", auf diese Formel bringt sein Amtsnachfolger Manfred Hättich das Vermächtnis von Felix Messerschmid für die Akademie und für die politische Bildung insgesamt.
Messerschmid stirbt am 15. März 1981 im Alter von 76 Jahren.
Messerschmid 1962 auf die Frage „Wer ist politisch gebildet?"
"1. Wer nicht nur sein privates Dasein, nicht nur das Seine sieht, sondern wer die öffentliche Sache, die res publicae gerendae, als seine Verpflichtung begreift und in sachlicher Weise angeht, und wer sich als Mitbürger versteht.
2. Wem Menschen und Dinge nicht gleichgültig sind, sondern wer sich auf ihr Wesen besinnt, aus diesem Wesen und den konkreten Verwirklichungsmöglichkeiten die bestmögliche Ordnung des Ganzen abzuleiten und dessen Entscheidungen nach bestem Wissen und mit begründetem Urteil mitzubestimmen versucht.
3. Wer gelernt hat, mit der Sprache verantwortlich umzugehen und seine Einsichten angemessen auszudrücken.
4. Wer gewillt ist, nicht nach Gefühlen, sondern nach seinen Einsichten auch gegen Widerstände ans Werk zu gehen.
5. Wer sich genau zu informieren versucht und sich in ständiger Bemühung das nötige Wissen aneignet."
aus: Felix Messerschmid: Anstelle eines Vorworts, S. 4 in: Akademie für Politische Bildung (Hrsg.): Veranstaltungen Sommersemester 1962. Tutzing 1962.
Steffen H. Elsner