Menu

„Humoriger Poltergeist" und „urbajuwarischer Senator"

Max Kolmsperger ergreift Partei für die Akademie

April 1966


Leisetreterei und schüchterne Zurückhaltung waren seine Sache nicht. Das dürfte den übrigen Beiratsmitgliedern spätestens ab dem Zeitpunkt aufgegangen sein, als Senator Max Kolmsperger in der konstituierenden Sitzung des Gründungsbeirats der Akademie am 24. Juli 1959 zum Stellvertretenden Vorsitzenden gewählt worden war. Der 1890 geborene Journalist war vom Verband der Berufsjournalisten in den Beirat der Akademie entsandt worden. Kolmsperger verstarb am 8. April 1966 im 76. Lebensjahr.

Die Akademie hat Max Kolmsperger viel zu verdanken. Seine vielzähligen Einlassungen lassen keinerlei Zweifel daran aufkommen, dass dem meinungsfreudigen Mitglied der Zweiten Kammer der bayerischen Volksvertretung die Akademie und ihre Förderung ein echtes Herzensanliegen war: So wies er mehrfach darauf hin, dass es eine Aufgabe des Beirats sei, „an der strukturellen Verbesserung der Akademie mitzuwirken"; er dächte dabei vor allem auch an „die Unterstützung ihrer künftigen finanziellen Forderungen zur Ausweitung ihrer Arbeit." In diesem Zusammenhang sah sich Kolmsperger veranlasst, auf die „zu große Bescheidenheit des Akademiedirektors bei finanziellen Forderungen" hinzuweisen.

Gags für die Presse

Von Beginn an erregten schlecht besuchte Beiratssitzungen seinen besonderen Groll: Mit Rücksicht auf die starke Inanspruchnahme aller Mitglieder des Beirats drängte er mehrfach auf eine „vorausgehende Feststellung der Verhinderungen, um im Falle einer größeren Zahl von Absagen auf einen günstigeren Termin ausweichen zu können."

Der gradlinige Altbayer drängte auf den zügigen Ausbau der Medienkontakte und forderte „mehr Gags für die Presse!" Er selbst beabsichtige, künftig über die Veranstaltungen der Akademie „besondere Hinweise im Verbandsorgan des Bayerischen Journalistenverbandes zu bringen." Auf seine Initiative hin wurde der Pressereferent des Bayerischen Rundfunks, Arthur Bader, im Jahr 1964 als Beiratsmitglied kooptiert.

Prominenz und Zeitgeschichte

Kolmsperger hielt es für notwendig, dass in jedem Jahr eigene Veranstaltungen in das Akademieprogramm aufgenommen würden, die „durch anwesende Prominenz eine besondere Akzentuierung und Wirkung nach außen erhielten."

Was konkrete Inhalte der Akademiearbeit anbetraf, so setzte sich der Senator mit besonderem Nachdruck dafür ein, die bayerische Geschichte seit 1886 oder 1912 unter dem Gesichtspunkt der politischen Bildung zu behandeln – damit könne auch „eine Erweiterung des Hörerkreises verbunden werden."

Der „unabhängige Geist" Kolmsperger war besorgt, dass der zeitgeschichtliche Unterricht 1964 noch weithin gehemmt sei. Es stimme ihn bedenklich, dass „20 Jahre nach dem Krieg noch ein Teil der Schulen ihrer Aufgabe auf diesem Gebiet nicht voll gerecht werden." Bei der Programmgestaltung für 1966 solle man seitens der Akademie bedenken, dass sich am 3. Juli die Schlacht von Königgrätz zum 100. Male jährt.
Senator Max Kolmsperger wurde im Jahre 1962 der Bayerische Verdienstorden verliehen. 1970 benannte die Landeshauptstadt München eine Straße im Stadtteil Neuperlach nach ihm.

Steffen H. Elsner

Einträge im Akademiemosaik

Übersicht

2018: Romano Guardini und die Akademie

2016: Lernstatt Demokratie

2016: Digitale Optimierung mit der Zahl sieben

2013: Alles Öko, oder was?

2013: Ein kritisch-wohlwollender Begleiter und Förderer

2013: Eigennütziges Miteinander der Generationen

2010: Hilfestellungen für das wissenschaftliche Arbeiten

2007: Festlich war es bei uns schon immer

2003: Rationalität als Ziel politischer Bildung

1998: Akademie und Bayerischer Senat

1998: „Spiels noch einmal, Sam!“

1994: Scharpings Tutzinger Rede

1989: 28 Jahre Friedliche Revolution

1985: „Eine Demokratie ist kein Schlaraffenland“

1982: Weihnachtswunsch nach mehr Geld bleibt unerfüllt

1977: Heißes Eisen Nachrichtensperre

1975: Ein unprätentiöser Mann der ersten Stunde

1974: Gästehaus der Akademie

1972: Kybernetikon – ein medienpädagogisches Experiment

1970: Fruchtbare Kooperation mit Tradition

1969: Mitbegründer der „Kritischen Akademie"

1968: Telekolleg aus Tutzing

1967: Die Akademie und die sogenannte „Ausländerfrage"

1966: „Humoriger Poltergeist" und „urbajuwarischer Senator"

1966: 51 Jahre „Mobilisierung der Demokratie"

1966: Anspruch und Wirklichkeit der politischen Bildung in Bayern

1965: Zeitlebens ein Freund von Druckwerk und „schwarzer Kunst“

1963: Ein Dachschaden mit Folgen

1963: Die Ordnung des Freistaats

1963: Beunruhigte Staatsbürger, kritische Experten oder Wichtigtuer?

1962: Vor 55 Jahren: Stadtentwicklung als großes neues Thema

1962: Politische Bildung für die Bundeswehr

1961: Vor 56 Jahren: heftiger Gegenwind für die Akademie

1961: Bedeutender Staatsrechtler und Gründungskurator der Akademie

1961: Entschiedenes Nein zur „Ludendorffstraße"

1961: „Politische Bildung durch das Buch – Aufgabe und Möglichkeiten“

1960: "Ach, Obrigkeit und … Stauffenbach"

1960: Politische Jugendbildung im überregionalen Verbund

1960: „Homo sociologicus" und Liebhaber von Kartoffelpuffern

1959: Endlich Gewissheit

1959: Frühe Kämpferin für Frauenrechte

1959: Die Veröffentlichungen der Akademie

1959: „Wissen, was 'drüben' ist"

1959: Erinnerung an einen Gründervater

1958: Startschuss für politische Bildungsarbeit

1958: Erfolgreiche Arbeit für transatlantischen Kulturaustausch

1958: Ein Leben im Zeichen der politischen Bildung

1955: „Grünwalder Empfehlungen" als Blaupause