Menu

„Spiels noch einmal, Sam!“

Schon mehr als 20 Mal: Passauer Tetralog als Gesprächsforum der Akademie

Juli 1998



Foto: Michael Schröder


Am Sonntag, 21. Juni 1998, war es erstmals so weit: Akademiedirektor Heinrich Oberreuter eröffnete im Rahmen der Festspiele Europäische Wochen den 1. Passauer Tetralog im neuen Hörsaalgebäude der Universität in der niederbayerischen Dreiflüssestadt Passau. Das neuartige Gesprächsforum stand unter dem Thema „Europa und die Deutsch-Französische Freundschaft".

Auf dem Podium diskutierten die französische Historikerin Dr. Sophie Lorrain (Strasbourg), der in Frankreich ansässige Politologe und Publizist Prof. Dr. Alfred Grosser (Levaillois-Perret), der deutsche Publizist Dr. Klaus Harpprecht (La Croix-Valmer) sowie der Direktor des Instituts für Zeitgeschichte Prof. Dr. Horst Möller (München/siehe Foto).

Inhaltliche Einführung und Gesprächsleitung besorgte damals wie auch in den anschließenden 19 Reprisen ausnahmslos der Passauer Politikprofessor Oberreuter. Tetralog, der Name war und ist Programm: Nicht nur, dass jeweils vier Diskutanten das Gespräch bestreiten, vielmehr hatten sich als Träger dieser ersten Veranstaltung mit der Tutzinger Akademie für Politische Bildung, den Festspielen Europäische Wochen Passau e.V., der Stadt Passau und der Deutsch-Französischen Gesellschaft Passau auch genau vier Institutionen zusammen getan.

Es war von Beginn an intendiert, den Passauer Tetralog im Rahmen der – durchaus auch politischen – Festspiele Europäische Wochen Passau fortzuführen. Vier bedeutenden Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft oder Kunst wird Gelegenheit gegeben, innerhalb der Festspiele und deren jeweiliger thematischer Schwerpunktsetzung, zu allgemeinen oder speziellen europäischen Fragen Stellung zu nehmen. Getreu dem Leitbild der Festspiele, die explizit eintreten „für ein Europa der Freiheit, des Friedens und der Freundschaft, für ein Europa des Geistes und der gegenseitigen Achtung, und gegen ein Europa der Intoleranz und Barbarei."

Nicht von ungefähr hatte man 1998 exakt diese Thematik gewählt, jährte sich doch im nämlichen Jahr die Unterzeichnung des Deutsch-Französischen Vertrags (sog. Élysée-Vertrag) zum 35sten Male und die Städtepartnerschaft zwischen Passau und Cagnes-sur-Mer konnte auf 25 erfolgreiche Jahre ihres Bestehens zurückblicken. Im Programmheft von damals heißt es – nachgerade brandaktuell: „Nach zwei Weltkriegen im 20. Jahrhundert hatte sich Europa nicht nur selbst zerfleischt, sondern auch als bestimmende Kraft der Weltpolitik verabschiedet. Zukunft konnte nur in der Besinnung auf gemeinsame Werte und Interessen liegen. Voraussetzung für europäische Gemeinsamkeit war die Überwindung der von Misstrauen, Feindschaft und Krieg beherrschten deutsch-französischen Vergangenheit zugunsten einer neuen vertrauensvollen Partnerschaft. Konrad Adenauer (1876–1967) und Charles de Gaulle (1890–1970) ist es gelungen, diese zu begründen – als Fundament der heutigen Europäischen Union. Auch wenn wir Zeitzeugen der Wiederakzentuierung nationaler Interessen sind, wird sich das Rad der Geschichte kaum zurückdrehen lassen. Bleibt die deutsch-französische Freundschaft Bedingung und Antrieb Europas?"

„Aber ja, mehr denn je!", möchte man ausrufen im Zeichen des anstehenden Brexits und neuerer, zumeist rechtspopulistisch oder chauvinistisch motivierter Neonationalismen und allzu einfacher Heilsversprechen. Der Auftaktveranstaltung der neuen Reihe ward großer Erfolg beschieden. Davon zeugt nicht zuletzt die Tatsache, dass noch am selben Tag im Hörfunkprogramm Bayern2Radio zur besten Primetime (20.03 bis 21.00 Uhr) eine knapp einstündige Zusammenfassung des 1. Tetralogs vom Nachmittag gesendet wurde.

Heinrich Oberreuter ist es seit 1998 und bis auf weiteres vorbehalten, alljährlich eine stimmige Tetrade in Passau zu versammeln und vor Ort zu moderieren/präsentieren. Viele prominente Namen haben seither das Gespräch bereichert; stellvertretend seinen hier genannt: Günther Beckstein, Marianne Birthler, Elmar Brok, Erhard Busek, Ernst-Otto Czempiel, Joachim Gauck, Alois Glück, Jackson Janes, Hans Joas, Reiner Kunze, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Hans Maier, Avi Primor, Kazimiera Prunskiene, Horst Teltschik, Bassam Tibi, Bernhard Vogel, Hans-Jochen Vogel, Manfred Weber sowie Kazimierz Wóycicki.

Steffen H. Elsner

Einträge im Akademiemosaik

Übersicht

2018: Romano Guardini und die Akademie

2016: Lernstatt Demokratie

2016: Digitale Optimierung mit der Zahl sieben

2013: Alles Öko, oder was?

2013: Ein kritisch-wohlwollender Begleiter und Förderer

2013: Eigennütziges Miteinander der Generationen

2010: Hilfestellungen für das wissenschaftliche Arbeiten

2007: Festlich war es bei uns schon immer

2003: Rationalität als Ziel politischer Bildung

1998: Akademie und Bayerischer Senat

1998: „Spiels noch einmal, Sam!“

1994: Scharpings Tutzinger Rede

1989: 28 Jahre Friedliche Revolution

1985: „Eine Demokratie ist kein Schlaraffenland“

1982: Weihnachtswunsch nach mehr Geld bleibt unerfüllt

1977: Heißes Eisen Nachrichtensperre

1975: Ein unprätentiöser Mann der ersten Stunde

1974: Gästehaus der Akademie

1972: Kybernetikon – ein medienpädagogisches Experiment

1970: Fruchtbare Kooperation mit Tradition

1969: Mitbegründer der „Kritischen Akademie"

1968: Telekolleg aus Tutzing

1967: Die Akademie und die sogenannte „Ausländerfrage"

1966: „Humoriger Poltergeist" und „urbajuwarischer Senator"

1966: 51 Jahre „Mobilisierung der Demokratie"

1966: Anspruch und Wirklichkeit der politischen Bildung in Bayern

1965: Zeitlebens ein Freund von Druckwerk und „schwarzer Kunst“

1963: Ein Dachschaden mit Folgen

1963: Die Ordnung des Freistaats

1963: Beunruhigte Staatsbürger, kritische Experten oder Wichtigtuer?

1962: Vor 55 Jahren: Stadtentwicklung als großes neues Thema

1962: Politische Bildung für die Bundeswehr

1961: Vor 56 Jahren: heftiger Gegenwind für die Akademie

1961: Bedeutender Staatsrechtler und Gründungskurator der Akademie

1961: Entschiedenes Nein zur „Ludendorffstraße"

1961: „Politische Bildung durch das Buch – Aufgabe und Möglichkeiten“

1960: "Ach, Obrigkeit und … Stauffenbach"

1960: Politische Jugendbildung im überregionalen Verbund

1960: „Homo sociologicus" und Liebhaber von Kartoffelpuffern

1959: Endlich Gewissheit

1959: Frühe Kämpferin für Frauenrechte

1959: Die Veröffentlichungen der Akademie

1959: „Wissen, was 'drüben' ist"

1959: Erinnerung an einen Gründervater

1958: Startschuss für politische Bildungsarbeit

1958: Erfolgreiche Arbeit für transatlantischen Kulturaustausch

1958: Ein Leben im Zeichen der politischen Bildung

1955: „Grünwalder Empfehlungen" als Blaupause