Wie Technik Journalismus verändert

Virtual Reality, Chatbots, persönliche Ansprache - eine Tagung zur Zukunft der Berichterstattung

Tutzing / Tagungsbericht / Online seit: 27.09.2017

Von: Sebastian Meyer

Foto: Pixabay CC0

# Medien, Digitalisierung

Download: Tutzinger Journalistenakademie: Wie Technik den Journalismus verändert

Technische Innovationen werden den Journalismus nachhaltig verändern. Einige Medienhäuser machen bereits heute erste Erfahrungen mit künstlicher Intelligenz, automatisierter Kommunikation, personalisierten News-Angeboten sowie 360-Grad-Berichterstattung und Virtual Reality. Bei der Journalistenakademie „Wie Technik den Journalismus verändert" haben Nach-, Vor- und Querdenker gezeigt, was in der Medienwelt der nächsten Jahre möglich ist. Für ausführliche Berichte werden Sie auf die Homepage des MedienCampus Bayern geleitet.


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Kamera und Schnitt: Pascal Baumgartner

Übernehmen die Roboter? Da die Aufmerksamkeit der Nutzer schwer zu gewinnen ist, entwickeln sich auch die Geschäftsmodelle rund um den Roboterjournalismus in rasanter Geschwindigkeit. Johannes Sommer (Retresco Automatisierung) sieht den Journalistenberuf dadurch nicht als bedroht an: die menschliche Beobachtungsgabe bleibt unersetzlich. Bots können nur mit strukturierten Daten arbeiten - siehe Fußball, Wetter, Börsenwerte - und schaffen vor allem neue Programmier-, Wartungs- und Beobachtungs-Aufgaben.

Sinnvoller Einsatz von Bots

Benedikt Angermaier berichtete über die Erfahrungen des Bayerischen Rundfunks im Umgang mit automatisierter Kommunikation durch sogenannte Bots: Kreative Lösungen funktionieren erstaunlich gut, erreichen neue Nutzer, und können auch mal scheitern. Ihr erfolgreicher Einsatz hängt nicht von der Technik ab, sondern weiterhin von Inhalten. Saim Alkan, Geschäftsführer des Automatisierers AX Semantics, sieht das größte Potenzial des Roboterjournalismus in der Personalisierung und Internationalisierung: Auch kleine Gruppierungen werden ohne größeren Aufwand erreicht. Die Geschwindigkeit der technischen Entwicklung erfordere aber ein Bewusstsein für deren ständige Kontrolle.

Individuelle News-Angebote

Wollen Journalisten und Verlage - die (noch) vordergründig Inhalte vertreiben und nachrangig Technologien - mehr über ihre Nutzer wissen? ,,Wir müssen anfangen, das neue Besteck der Algorithmen und der Automatisierung zu benutzen", meint Datenjournalist und Medienberater Marco Maas (OpenDataCity). Konkret sollen infolge des Nutzerverhaltens Nachrichten algorithmisch sortiert werden - und zwar im Hintergrund einer jeweiligen App. Damit können die Nutzer personalisierte und an ihre Umgebung angepasste Nachrichten erhalten, also keine Videos bei schwachem Akkustand, Audiobeiträge bei Bewegung, keine Push-Nachrichten wenn man schläft. Diese Art der Personalisierung dann noch mit einem möglichst effektiven Datenschutz zu koppeln, reizt Maas besonders an dieser Nachrichten-Vision. Auch Michael Husarek (Nürnberger Nachrichten) und Matthew Ulbrich (tickarro Liveticker, Regensburg) sprachen auf dem Podium über die Thematik: Von Datenphobie und der Rolle der Journalisten.

Virtual Reality nimmt Fahrt auf

Arne Ludwig (Erster Deutscher Fachverband für Virtual Reality) ist sich sicher: Neue Technologien wie Virtual Reality sind nicht mehr aufzuhalten. Dazu meint Stefan Göppel (RE'FLEKT), dass sich der VR-Markt auch mit neuen Bereichen, wie der Augmented Reality, hin zu einer Mixed Reality verschmelzen könnte. Lutz Knappmann zeigte die VR-Projekte der Süddeutschen Zeitung und betonte, dass die neuen Werkzeuge nicht zwingend alte ersetzen - eben nur, wo es journalistisch sinnvoll ist.

Und was ist mit mir?

Abschließend diskutierten Kathrin Konyen (Stellvertretende Bundesvorsitzende des Deutschen Journalistenverbandes), Mario Geisenhanslüke (Mittelbayerische Zeitung) und Florian Meyer-Hawranek (PULS) über den Wandel im Berufsbild der Journalistinnen und Journalisten. ,,Es wird weniger Schreiberlinge, dafür mehr Manager geben", meint Kathrin Konyen. Weil zum journalistischen Handwerk immer mehr Kompetenzen hinzukommen, wird sich auch die Ausbildung anpassen müssen. Florian Meyer-Hawranek pflichtet ihr bei und ergänzt: Technik muss immer im Dienst des Journalismus stehen, neue Formate sollten nicht um ,,jeden Preis wegen der Technik umgesetzt werden". Spannende Geschichten gibt es noch immer zuhauf - und damit, konstatiert Mario Geisenhanslüke, keine bessere Zeit als heute, um im Journalismus zu arbeiten.

Die Tutzinger Journalistenakademie "Wie Technik den Journalismus verändert" war eine Kooperation mit der Professur für Praktischen Journalismus an der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm. Eine Redaktionswerkstatt unter Koordination des MedienCampus Bayern hat ausführlich über unsere Veranstaltung berichtet.


Bildergalerie

Flickr APB Tutzing

Flickr-Galerie © Akademie für Politische Bildung Tutzing


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