Brexit or no Brexit
Akademiegespräch am See zum britisch-europäischen Verhältnis / Nachzusehen in der BR-Mediathek
Tutzing / Akademie-Gespräch Tagungsbericht / Online seit: 22.06.2016
Von: Sebastian Haas
Foto: APB Tutzing
# Regionalismus, Europäische Integration
Am 23. Juni 2016 entscheiden die Briten über ihre Mitgliedschaft in der Europäischen Union. Der Ausgang dieses Referendums über einen möglichen Brexit wird – wie auch immer es ausfällt – Folgen für das europäische Integrationsprojekt und das Vereinigte Königreich selbst haben. „Brexit Or No Brexit – That Is The Question. Eine britische Frage, ihre Hintergründe und Konsequenzen“ lautet das Thema, zu dem Thomas Kielinger (Korrespondent für DIE WELT in London) und Hans Kundnani (German Marshall Fund) beim Akademiegespräch am See diskutiert haben.
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Flickr-Galerie © Akademie für Politische Bildung Tutzing
An der Akademie für Politische Bildung haben die beiden Experten vor 150 Gästen die innen- wie europapolitischen Hintergründe der aktuellen britischen Schicksalsfrage beleuchtet und nach deren Ursachen geforscht. Doch natürlich ging es auch um mögliche Konsequenzen – für die britische Innenpolitik sowie für das (Selbst-)Verständnis und die Rolle Großbritanniens als europäische Führungsmacht und damit nicht zuletzt für die künftige Verfasstheit der Europäischen Union.
Die EU: rein von wirtschaftlichen Interessen bestimmt?
Bereits der Eintritt Großbritanniens in die damalige Europäische Wirtschaftsgemeinschaft 1973 fand unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten statt. "Für die Briten war es schon immer undenkbar, Souveränität an Brüssel abzugeben", erklärt Thomas Kielinger mit Verweis auf die sogenannte Inselmentalität und die Freiheitsliebe. Dies wiederum geht dem Briten Kundnani zu weit, er verweist darauf, dass es auch in den anderen europäischen Ländern um knallharte wirtschaftliche Interessen geht.
Drei Problemkreise bestimmen die aktuelle Diskussion über den möglichen Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union:
- der Euro (obwohl man weiterhin mit Pfund zahlt und kein Mitglied des Schengenraumes ist)
- die Migration (obwohl man sich auf einer vor Flüchtenden zunächst einmal gut geschützten Insel befindet, aber enorme Zuwanderung aus den EU-Staaten zu verkraften hat)
- die Reformmüdigkeit der EU und ihrer Eliten (woran man als Mitglied auch einen gewissen Anteil hat).
The fear of something after death...
Großbritannien zeigt sich dabei als zerrissenes Land, selbst innerhalb der konservativ geführten Regierung, in der längst ein Stellungskampf um die Nachfolge des - wenn nicht am Referendum scheiternden, dann nach eigener Aussage spätestens 2020 scheidenden - Premierministers David Cameron entbrannt ist. Dass ein möglicher Austritt aus der EU dann auch noch Großbritannien zerreißt, also die Schotten als vermeintliche Europafreunde unabhängig werden, glauben sowohl Thomas Kielinger als auch Hans Kundnani nicht. Sie vermuten, dass es nicht einmal zum Brexit kommen wird: "The fear of something after death" (um Hamlet zu zitieren), also die Angst vor dem, was nach dem Austritt käme, sei zu groß. Die fundamentale Krise der Europäischen Union aber, die werde bleiben, komme was wolle.
Brexit or No Brexit - das Akademiegespräch am See in der Mediathek des Bayerischen Rundfunks
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