Die Zukunft Europas
Der Reformprozess zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Tutzing / Tagungsbericht / Online seit: 12.09.2018
Von: Theresa Fischer
Foto: Pixabay CC0
# Europa, Sicherheitspolitik und Terrorismus, Europäische Integration
Unser Tagungsleiter Andreas Kalina (v.l.) und einige der Podiumsgäste: Oliver Dreute, Gabriele Abels, Julian Siegl und Annegret Bendiek, Mitorganisator Walter Brinkmann, Birgit Homburger.
Vertrauen und Solidarität
Um eine Antwort auf das grenzüberschreitende Unsicherheitsgefühl in Europa finden zu können, muss Solidarität als Kernbestandteil europäischen Handelns gesehen werden. Dieser Meinung ist Annegret Bendiek von der Stiftung Wissenschaft und Politik (German Institute for International and Security Affairs). Die Europäische Union ist ein Mehrebenensystem, das nicht nur supranationale, sondern auch intergouvernementale und nationale Politikbereiche umfasst. Die EU ist also ein Rechtssystem mit klar festgelegten Kompetenzen. Bendiek meint, eine gemeinsame europäische Politik sei in vielen Fragen deshalb so schwierig, da nicht alle Mitgliedstaaten dasselbe Verständnis von Solidarität hätten.
Die größte Herausforderung für die Gemeinschaft stellt das nationalistische Verständnis von Solidarität dar, wie es beispielweise Polen und Ungarn haben. Das europäische Verständnis, das vor allem in Deutschland und Frankreich gilt, sei wünschenswert. Neben der Solidarität als Kernpunkt sieht Bendiek eine neue Schwerpunktsetzung der EU: Der Schutz ihrer Bürgerinnen und Bürger. In den Bereichen Cyberkriminalität, Terrorismusbekämpfung, Grenzmanagement und Desinformation sei sowohl die Sicherheits- und Verteidigungsunion sowie die EU-NATO-Kooperation gefragt. Innere und Äußere Sicherheit sind hier kaum voneinander zu trennen.
Gemeinsames Handeln
Julian Siegl ist der stellvertretende Kabinettschef des EU-Kommissars für die Sicherheitsunion und stellt fest, dass die Mitgliedstaaten der EU im Bereich Innere Sicherheit zusammenarbeiten müssen, um den Terrorismus, organisierter und Cyber-Kriminalität entgegentreten zu können. Die Sicherheit eines Mitgliedslandes enspricht der Sicherheit aller Mitgliedsländer - so drückte es EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker aus. Vor allem durch den Terrorismus der letzten Jahre hat die Erwartungshaltung seitens der Bevölkerung an die EU stark zugenommen.
Siegl erläuterte zwei Schwerpunkte: Zum Ersten soll der Handlungsspielraum von Terroristen und Kriminellen eingeengt werden. Durch die Verbesserung des Informationsaustausches innerhalb der EU sollen sowohl Strafverfolgung als auch Prävention erleichtert werden. Die Mitgliedsstaaten werden vor Ort und im Internet von der EU unterstützt. Der zweite Schwerpunkt: Abwehr- und Widerstandskraft, auch mit Blick auf Cyber-Sicherheit. Die Mitgliedstaaten werden beim Schutz der öffentlichen Räume unterstützt, zum Beispiel durch die Finanzierung von Netzwerken vor Ort durch Forschungsförderung. Denn trotz aller Fortschritte sei die stete Weiterentwicklung im Sicherheitsbereich essentiell.
Europäischer Konsens in Verteidigungsfragen
Christian Mölling (Forschungsdirektor am Forschungsinstitut der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik) erkannte in seinem Vortrag zur Europäischen Außen- und Verteidigungspolitik zunächst einen dreifachen Paradigmenwechsel deutscher Außenpolitik: Krim-Krise, US-Politik und Brexit bedrohten die EU und Deutschland. Anders als in anderen Mitgliedsstaaten muss in der Bundesrepublik hinsichtlich der Außen- und Sicherheitspolitik immer wieder ein Konsens gefunden werden. Gerade deutsche Bürgerinnen und Bürger sind besonders skeptisch - zumal die EU im Verteidigungs-Bereich oftmals hohe Erwartungen weckt, ohne diese erfüllen zu können. Mölling erläuterte drei Initiativen: PESCO (Permanent Structured Cooperation), CARD (Coordinated Annual Review on Defence) und EDF (European Defence Fund). Durch der Kombination dieser drei Initiativen könne die europäische Verteidigungspolitik vorankommen.
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