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Migration im Geschichtsunterricht

Internationale Historiker diskutieren an der Akademie

Die Geschichte der Menschheit ist eine Geschichte der Migration. Das Thema gilt auch im 21. Jahrhundert als Schlüsselfrage für viele Gesellschaften. Wie lässt sich Migration in den Geschichtsunterricht einbinden? Inwiefern ist es in den Lehrplänen schon präsent? Über diese Fragen diskutierten wir auf unserer Tagung "Migration and History Education" in Kooperation mit der Internationalen Gesellschaft für Geschichtsdidaktik und 60 internationalen Wissenschaftlern.

Tutzing / Tagungsbericht / Online seit: 13.09.2019

Von: Natalie Weise / Foto: Natalie Weise

Programm: Internationale Akademie Migration and History Education

Internationale Gesellschaft für Geschichtsdidaktik

Migration and History Education

Flickr-Galerie © Akademie für Politische Bildung Tutzing. Bitte klicken Sie auf das Foto, falls die Galerie nicht lädt. Sie werden zu Flickr weitergeleitet.

"Migration ist eines der wichtigsten Themen unserer Zeit. Das sieht man an der Flüchtlingskrise und dem damit verbundenen Aufkommen von rechten Parteien", sagt Urte Kocka von der Freien Universität Berlin. Sie empfiehlt Lehrerinnen und Lehrern, Migrationsgeschichte nicht nur als reine Informationsweitergabe zu verstehen, sondern auch als Orientierungshilfe für die heutige Lebenswelt der Schülerinnen und Schülern. Wichtig sei es, den familären Hintergrund und die peer groups der Kinder und Jugendlichen zu kennen, damit im Unterricht auf relevante Themen eingegangen werden kann. "Nationale Themen mit globalen Aspekten", betont Kocka, sollen im Fokus stehen.

Migrationsnarrative in Israel

Mit Migration in Israel beschäftigt sich Roy Weintraub von der Tel Aviv University. Er analysierte Schulbücher und Stundenpläne, um herauszufinden, wie sich die Repräsentation von Juden mit nordafrikanischen oder asiatischem Hintergund seit den 1950er Jahren im israelischen Geschichtsunterricht entwickelt hat. Zwar habe sich ihre Darstellung verbessert, "jedoch bleibt noch immer eine starke eurozentrische Perspektive". "Die arabische Bevölkerung ist nach wie vor aus dem Narrativ exkludiert", meint Weintraub.

Ein Beispiel aus dem Schulleben

Ein Beispiel aus der Praxis präsentierte Jochen Gollhammer, Direktor der Erzbischöflichen Fachoberschule Franz von Assisi in Freilassing. Das gemeinsame Projekt einer elften Klasse "Migration nach Deutschland seit 1945" zeigt auf, dass Migration nach Deutschland bereits vor der Flüchtlingskrise stattfand. Die Schülerinnen und Schüler erstellten eine Ausstellung und ein Quiz über die verschiedenen Migrantengruppen in Deutschland von 1945 bis heute. Die Idee für das Projekt entstand aus dem Alltag der Schülerinnen und Schüler. "Das Übertreten von Grenzen ist für die Jungendlichen Normalität", berichtet Gollhammer, denn die Grenze nach Östereich ist nicht weit entfernt. Zudem habe Freilassing im Jahr 2015 Tausende Geflüchtete aufgenommen. Bilder von jungen Männern an der Salaachbrücke gingen um die Welt. Einige Schüler hätten vor Ort geholfen, sagt der Schuldirektor. Die Relevanz des Themas Migration für Teenager zeigt sich auch in einer Umfrage innerhalb der Jahrgangsstufe. 56 Prozent der Befragten gaben an, dass sie Migration als größte Herausforderung für die EU sehen. "Das heißt nicht, dass sie gegen Migration sind oder dafür, sondern dass sie es für wichtig halten", betont Gollhammer.


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