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06.03.2024 - 06.03.2024 / Tagung Nr. 10-5-24
iStock/Alona-Savchuk © iStock/Alona-Savchuk

Kulturen des Protests: Das geschriene Wort. Die soziale Praxis der Parole

Abendvortrag und Diskussion in der Seidlvilla - 3. Termin

In Kooperation mit dem Institut für Kommunikation und Medien (ikum) der Hochschule Darmstadt

Leitung: Laura Martena / Kinza Khan / Lars Rademacher

Sekretariat: Iryna Bielefeld, Tel.: 08158 / 256-53

Zuspitzende Wortwahl hat in Protestzusammen hängen immer schon eine entscheidende Rolle gespielt. Wenn es 1834 im Pamphlet „Der hessi- sche Landbote“ heißt „Friede den Hütten! Krieg den Palästen!“, dann braucht es nur diese Parole, um in wenigen Worten das Problem zu fassen und zur politischen Tat aufzufordern. Solche Kampfrufe oder politische Slogans sind kraftvolle Worte, die im gemeinsamen Sprechchor Kräfte mobilisieren und Menschen unter einer Flagge – und einer Parole – vereinen. Solchen Parolen des Protestes ist immanent, dass sie herrschende Verhältnisse anprangern und mehr oder weniger explizit zur Sprengung dieser aufrufen. Viele dieser Rufe haben einen spezifischen Ursprung, haben in ihrer breiten Verwendung Geschichte geschrieben, sich ins kollektive Gedächtnis ganzer Generationen eingebrannt und dabei Sprachbarrieren über- wunden: „No justice, no peace“, „Alerta, alerta, Antifascista!“, „I can‘t breathe!“. Andere Parolen haben während der Zeit Umdeutungen erfahren: Der einst auf den Montagsdemonstrationen in der DDR skandierte Sprechchor „Wir sind das Volk!“ wurde kurz darauf zu „Wir sind ein Volk!“, wird seit den Pegida-Demonstrationen aber vor allem im Bereich der Neuen Rechten als „Wir sind das Volk!“ umgedeutet und wieder verwen- det. Was die Sprechchöre auf der Straße, sind im digitalen Raum Hashtags und oft wiederholte, anschlussfähige Phrasen, die eine neue, digitale Sprache des Protests bilden. Journalistinnen und Journalisten sind Beobachter dieser sozialen Bewegungen im öffentlichen Raum und im digitalen. Wenn sie über Grup- pen und Bewegungen schreiben und diese einordnen, bewegen sie sich im Spannungsfeld zwischen Reproduktion von Selbstdefinition und Fremdzuschreibung von außen. Ihnen und den Medien insgesamt kommt dabei eine entscheidende Rolle zu, wenn es um die Frage von Moderation und Positionierung oder Polarisierung und Diskursverschiebung geht.