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Die EU und der Osten

Perspektiven der Erweiterungspolitik

Während die Briten die EU verlassen haben, wollen die Staaten des westlichen Balkans beitreten. Auch Länder wie die Ukraine und Georgien setzen große Hoffnungen in eine Annäherung an Europa. Aber wie weit kann sich die EU noch ausdehnen? Und wie können sich Bürger mit einem immer größeren Europa identifizieren? In der Tagung "Den Osten im Blick" haben Vertretern aus Politik und Wissenschaft über diese Fragen diskutiert.

Tutzing / Tagungsbericht / Online seit: 19.02.2020

Von: Seyda Bektas / Foto: Beate Winterer

Programm: Den Osten im Blick

Vertretung der Europäischen Kommission in München

Den Osten im Blick

Flickr-Galerie © Akademie für Politische Bildung Tutzing. Bitte klicken Sie auf das Foto, falls die Galerie nicht lädt. Sie werden zu Flickr weitergeleitet.

"Die Länder sind selbst schuld, insbesondere die Politiker", sagt Till Rüger, ehemaliger ARD-Korrespondent für Österreich und Südosteuropa, über die Beitrittsmüdigkeit auf dem westlichen Balkan. "Die Politiker versprechen, dass die Länder zügig beitreten können. Aber der lange Prozess bringt vor allem die Jungen zum Zweifeln - und zum Abwandern." Beim Akademiegespräch am See hat Till Rüger mit dem EU-Parlamentarier Lukas Mandl und den Botschaftern Albaniens und Nordmazedoniens in Deutschland über die Zukunft der Westbalkanländer im EU-Beitrittsprozess diskutiert. Die Veranstaltung war Teil der Tagung "Den Osten im Blick" der Akademie für Politische Bildung und der Vertretung der Europäischen Kommission in München.

Der Westbalkan auf dem Weg in die EU

Während die Briten aus der Europäischen Union austreten, möchten die Staaten des westlichen Balkans beitreten. Wahrscheinlich ist ein gemeinsamer Termin für das Viererpaket Albanien, Nordmazedonien, Serbien und Montenegro in fünf bis zehn Jahren. Mandl betont die Wichtigkeit der Westbalkanstaaten für die Europäische Union: "Die Menschen in Serbien und Nordmazedonien sind nicht weniger Europäer als die in Frankreich und Schweden." Die Zustimmungsraten zur europäischen Identität sind auf dem Westbalkan regelmäßig weit über 90 Prozent. Allerdings verbinden viele Westeuropäer mit jedem Beitritt zusätzliche Unsicherheit und Instabilität. Daran wird auch die neue Methodik für den Beitrittsprozess nichts ändern, die die EU-Kommission gerade vorgestellt hat. "Die Gesellschaft darf die Erweiterung nicht als eine Gefahr sehen", betont Nordmazedoniens Botschafter Ramadan Nazifi. Der albanische Botschafter Artur Kuko wünscht sich eine Verbesserung in der Wahrnehmung der Deutschen über die Erweiterung. Die Heimatländer der beiden unternehmen zahlreiche Anstrengungen, um die Beitrittskriterien zu erfüllen. Für eine historische Aussöhnung mit Griechenland änderte Nordmazedonien sogar den Staatsnamen.

Wo sind die Grenzen Europas?

Europa hat klare Grenzen nach Norden, Süden und Westen. Aber wo liegt die östliche Grenze? Mit dieser Frage beschäftigt sich Peter Nitschke von der Universität Vechta. "Der Mittelpunkt liegt am Rand dessen, was wir als den Osten wahrnehmen", sagt Nitschke und zeigt Europas geografisches Zentrum in der Ukraine. Zwar gibt es aktuell keine Beitrittsperspektive für die Ukraine, jedoch ist sie neben Georgien, Armenien, Aserbaidschan, Weißrussland und Moldawien Teil der Östlichen Partnerschaft. Wegen seiner Bestrebungen um eine enge Anbindung an die Europäische Union gilt Georgien unter diesen Staaten als Spitzenreiter. Der Wunsch einer Westausrichtung zeigt sich in den Umfragen. "82 Prozent der georgischen Bevölkerung ist für eine EU-Mitgliedschaft", erklärt Franziska Smolnik von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Die armenische Regierung hingegen strebt in erster Linie eine wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der Europäischen Union an. Sie bemühte sich um die Ratifizierung des Abkommens über eine verstärkte Partnerschaft (Comprehensive and Enhaced Partnership Agreement, CEPA) mit der EU, das im April 2019 abgeschlossen wurde.

Regionen als Integrationsfaktor

Je größer die Europäische Union wird, desto schwerer fällt der Bevölkerung die Identifikation. Sebastian Schäffer vom Institut für den Donauraum und Mitteleuropa sieht die Lösung in einem "Rat der Europäischen Regionen". Er teilt die EU-Staaten in 28 (in Bezug auf die Population) gleichgroße Regionen ein. Beispielsweise umfasst die Region "Cisalpina" Teile Norditaliens und Österreichs. Dieses Modell verbindet Menschen über Grenzen hinweg und vereint Identitäten mit ähnlichen Kultur- und Wertevorstellungen. Schäffer bezeichnet sein Konzept als eine "EUtopie".

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