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Kafkaeske Bilderwelt trifft Umweltkritik

Horst Esser zeigt "Umwelt Kafkaden" an der Akademie

Die Ausstellung "Umwelt Kafkaden" an der Akademie für Politische Bildung thematisiert Verfremdung, Wahrnehmung und das Verhältnis zwischen Mensch und Umwelt. Die Ausstellung ist noch bis zum 8. August in Tutzing zu sehen - der Eintritt ist frei.

Tutzing / Kultur / Online seit: 30.06.2025

Von: Rebecca Meyer / Foto: Rebecca Meyer

Umwelt Kafkaden: foto - grafiken - montagen von Horst Esser

Flickr-Galerie © Akademie für Politische Bildung Tutzing. Bitte klicken Sie auf das Foto, falls die Galerie nicht lädt. Sie werden zu Flickr weitergeleitet.

Am 24.Juni 2025 fand die Vernissage zur Ausstellung "Umwelt Kafkaden" des Fotokünstlers Horst Esser in der Akademie für Politische Bildung statt. Wer durch das Foyer des Auditoriums geht, begegnet nun Bildern, die Vertrautes verschieben und Wirklichkeit verunsichern.

Zur Eröffnung sprach Tobias Güthner vom Stadtmuseum Weilheim über das Unbehagen, das diesen Werken innewohnt und das sie zugleich hervorrufen: 

Im Jahr 1911 traf Franz Kafka in Prag auf Rudolf Steiner, den späteren Begründer der Waldorfschulen. Eine Begegnung zweier bedeutender Köpfe - doch sie blieb folgenlos. Die beiden verstanden einander nicht, hatten sich nichts zu sagen.

Der Dichter Robert Gernhardt hat diese Szene später in einem Gedicht zugespitzt:
Kafka sprach zu Rudolf Steiner: "Von euch Jungs versteht mich keiner!"
Darauf sagte Steiner: "Franz, ich versteh dich voll und ganz."

Von der hier gespiegelten Steinerschen Eitelkeit ist der Fotograf Horst Esser natürlich Meilen entfernt und er würde sicherlich nie behaupten, Kafkas Werk voll und ganz verstanden zu haben. Daher sind Horst Essers hier ausgestellte Arbeiten auch keine Illustrationen zu einzelnen Werken Kafkas und auch keine Kommentare zum Leben und Leiden des Prager Schriftstellers.

Und doch ist Kafka als Bezugspunkt präsent. In Essers Bildern tritt an die Stelle der kafkaesken Bürokratie eine andere Form der Autorität: Technik, Technologie, digitale Kontrolle. Das zeigt sich etwa in der Arbeit binary dilemma, wo der Schädel eines Bibers von den Ziffern 0 und 1 überlagert ist - eine Chiffre für das Nebeneinander von Natur und digitalem Code. Auch andere Arbeiten spielen mit dieser Überlagerung: eine Computerplatine greift nach der Altstadt von Matera (in progress), ein moderner Ikarus stürzt nicht ins Meer, sondern in eine Blechlawine aus Autos, und Gesichter verschwinden unter technischen Strukturen.

Immer wieder thematisiert Esser das Verschwinden des Individuums: in absence of the court, wo eine Figur vor dem Kanzleramt fast vollständig verschwindet; oder in time no more, wo ein Mann auf einem Filmstreifen allmählich verblasst. Und schließlich: Tiere. Auch bei Kafka sind sie Chiffren des Fremden. Bei Esser starrt ein Kaninchen wie hypnotisiert in eine Überwachungskamera - ist das Tier ein Versuchskaninchen, oder sind wir es? Es ist ein leises Unbehagen, das bleibt - über ein Nebeneinander, Miteinander und Gegeneinander von Mensch, Natur und Technik, das uns oft nicht bewusst ist.

Die Ausstellung ist noch bis zum 8. August 2025 im Foyer des Auditoriums der Akademie für Politische Bildung zu sehen. Der Eintritt ist frei.

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