Digitale Transformation zukunftssicher gestalten
Souveränität und Resilienz trainieren
Geopolitische Konflikte und nationale Krisen verlagern sich immer mehr in den virtuellen Raum. Das Wort "Bedrohung" darf und sollte daher nicht mehr nur mit Krieg oder Klimakatastrophen assoziiert werden, denn heutzutage geht auch vom Cyber- und Informationsraum eine große Bedrohung aus. In Anbetracht dieser reellen Gefahr gilt es, die Fähigkeit zu entwickeln, die digitale Transformation selbstbestimmt zu gestalten und digitale Souveränität und Resilienz zu entwickeln, um Cybersicherheit gewährleisten zu können. Dies stand im Mittelpunkt der Tagung "Cybersicherheit, Resilienz und Souveränität - Zukunftsfähigkeit in unsicheren Zeiten sichern" der Akademie für Politische Bildung, der Gesellschaft für Informatik e.V., der Initiative D21 e.V. sowie mit Unterstützung des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Europarecht und Informationstechnologierecht der Universität Passau.
Tutzing / Tagungsbericht / Online seit: 26.06.2025
Von: Franziska Steinich / Foto: Franziska Steinich
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"Schaffen wir es nicht die digitale Transformation selbstbestimmt zu gestalten, so ist dies eine Gefahr für das Vertrauen in Institutionen und demzufolge in die Demokratie selbst", mahnt Akademiedirektorin Ursula Münch. Wir leben in Zeiten großer digitaler Veränderungen, weshalb eine Auseinandersetzung mit den Voraussetzungen für eine selbstbestimmte und krisensichere Gestaltung dieser essenziell ist, betont Münch. Welche Gefahren und Bedrohungen gehen von der virtuellen Welt aus? Wie können wir digitale Souveränität und Resilienz entwickeln, um Cybersicherheit zu gewährleisten? Die Auseinandersetzung mit diesen und weiteren Fragen stand im Mittelpunkt der Tagung "Cybersicherheit, Resilienz und Souveränität - Zukunftsfähigkeit in unsicheren Zeiten sichern" der Akademie für Politische Bildung, der Gesellschaft für Informatik e.V., der Initiative D21 e.V. sowie mit Unterstützung des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Europarecht und Informationstechnologierecht der Universität Passau.
"Information als die zentrale Determinante" in modernen Konflikten
Schon lange spielt sich Krieg nicht mehr nur im Schlamm eines Schützengrabens ab. Konflikte finden heutzutage sowohl im physischen wie auch im virtuellen Raum ab, wodurch eine genaue Bestimmung der Grenzen zwischen Krieg und Frieden erschwert wird. Michael Vetter vom Bundesministerium der Verteidigung erklärt, dass hybride Kriegsführung drauf abziele, Wirkung in der Grauzone zwischen Krieg und Frieden zu erreichen und somit unter einer aktiven Kriegsschwelle zu bleiben. Die Unmöglichkeit einer eindeutigen Zuordnung des Angreifers sei ein zentrales Merkmal einer solchen Taktik. Der Generalleutnant der Luftwaffe nennt Navigation Warfare, Supply Chain Interdiction, Cognitive Warfare, Künstliche Intelligenz und unseren digitalen Fußabdruck als zentrale Bedrohungen im Cyber- und Informationsraum. Mit solchen Taktiken wären zum Beispiel länderübergreifende Angriffe mit geringem Kosten- und Personalaufwand möglich. Vetter identifiziert vor diesem Hintergrund "Information als die zentrale Determinante" in modernen Konflikten, die die Basis und der Schlüssel für gemeinsame Operationsführung aller Dimensionen sein müsse. Informations-, Führungs- und Wirkungsüberlegenheit in Kombination mit digitaler Kriegstüchtigkeit seien von nun an elementar, um Europas Sicherheit zu gewährleisten.
Digitale Souveränität aus Fehlertoleranz und Regularien schöpfen
Unter Cybersicherheit kann man sich konkrete Vorhaben vorstellen, doch was genau verbirgt sich hinter den Begriffen der digitalen Resilienz und Souveränität? Dennis-Kenji Kipker vom cyberintelligence.institute beobachtet, dass die Abhängigkeiten von digitalen Technologien in allen Bereichen stetig steigen und dennoch Cybersicherheitsanforderungen und digitales Know-How nicht angepasst werden. Digitale Souveränität bedeute sich dieser Abhängigkeit bewusst zu werden und Wissen über diese Souveränität aufzubauen. Regularien, wie zum Beispiel Datenschutzverordnungen, seien "großartige zivilisatorische Errungenschaften", weshalb es sich bei dem Bemühen um Cybersicherheit nicht um eine "Verzwergung" handle. Damit spielt Kipker auf Beschwerden über den bürokratischen Aufwand und die Kleinteiligkeit der Datenschutzregelungen an. Vor allem dürfe die Debatte um digitale Souveränität nicht mit der um digitale Autarkie verwechselt werden. Digitale Souveränität sei demnach nicht gleichzusetzen mit nationaler Unabhängigkeit im digitalen Bereich. Um digitale Souveränität in Zukunft zu stärken, müssten laut dem IT-Sicherheitsrechtler schon heute Risikoabwägungen getroffen und Einsetzungsstrategien für neue Technologien entwickelt werden.
Für Generalleutnant Vetter setzt sich digitale Souveränität unter anderem aus vertrauenswürdiger IT, Kernführungsfähigkeit, digitalen Kompetenzen, Schlüsseltechnologien, Innovationsfähigkeit und Datensouveränität zusammen. Es gehe im militärischen Bereich darum, "selbstbestimmt und frei von ungewollter Einflussnahme durch Dritte" den verfassungsmäßigen Auftrag der Bundeswehr auszuüben. Dafür müssten wir jedoch die Chance wahrnehmen aus der Digitalkultur eine neue Fehlertoleranz zu entwickeln, betont der Experte aus dem Bundesministerium der Verteidigung. Erkenne man im Bereich der Innovation, dass ein Projekt nicht funktioniere, so gehe es nicht um dessen Versagen, sondern um mögliche Lehren aus solchen Negativbeispielen.
Verwaltung als Schlüssel zu Resilienz?
Auf dem Weg hin zu mehr digitaler Souveränität benötigt man also Resilienz. In der heutigen Psychologie versteht man Resilienz als die Fähigkeit eines Einzelnen auf Herausforderung und Veränderung zu reagieren. Es geht also um die Frage: Wie wird mit Krisen umgegangen? Auch im digitalen Bereich ist laut Manuel Atug von AG Kritis mit Resilienz die Fähigkeit eines Systems gemeint, Ereignissen zu widerstehen, sich anzupassen und dabei die eigene Funktionsfähigkeit zu erhalten oder schnell wieder zu erlangen. Julia Borggräfe von Metaplan benennt dabei innovative Verwaltung als den Schlüssel zu Cyber-Resilienz. Die Verantwortung dafür sieht die Juristin beim Staat.
Eine funktionierende Verwaltung sei außerdem ein Kernelement einer starken Demokratie. Wenn die Verwaltung nicht funktioniert, habe dies unmittelbare Rückwirkung auf die Glaubwürdigkeit des Staates. Um auch die digitale Transformation erfolgreich durchzuführen und Innovationen in diesem Bereich zu realisieren, müsse das Verwaltungssystem aus politischer, formaler und kultureller Perspektive verstanden werden, fordert Borggräfe. Digitale Resilienz, die zu digitaler Souveränität führt, könne durch Innovation in der Verwaltung entwickelt werden. Denn: Nur wenn wir Resilienz im digitalen Raum stärken und unsere Institutionen zu vertrauenswürdigen Akteuren machen, können wir die digitale Transformation selbstbestimmt gestalten und damit unsere Demokratie sichern.
Die Veranstaltung in den Medien
"Digitale Souveränität als Gemeinschaftsaufgabe" - connect professional