Fürchtet euch - aber lacht dabei!
Highlights aus der Buß- und Fastenpredigt von Holger Paetz
Der Kabarettist und frühere Nockherberg-Autor Holger Paetz war mit seiner Buß- und Fastenpredigt "Fürchtet euch!" erneut zu Gast in der Akademie für Politische Bildung. In gewohnt bissiger Manier kommentierte er Politik und Gesellschaft - ein Abend voller Ironie, Reim und leiser Wahrheiten.
Tutzing / Kultur / Online seit: 08.04.2025
Von: Rebecca Meyer / Foto: Rebecca Meyer
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Wenn Holger Paetz in Tutzing predigt, ist das weniger Erbauung - und mehr Erschütterung. Der Kabarettist in geistlichem Gewand hält jährlich eine "Buß- und Fastenpredigt", die sich gewaschen hat: theologisch grundiert, sprachlich geschliffen, politisch nicht zimperlich. Auch dieses Jahr ist Paetz wieder zu Gast in der Akademie für Politische Bildung gewesen. Gleich zu Beginn wendet er sich seinem Herrn zu - und dessen überraschender Wandlungsfähigkeit: "Der Herr ist wechselhaft", so Paetz, "heute Abend ist er wieder mal eine Frau – Frau Professor Münch." Damit ist der Ton gesetzt: persönlich, pointiert und eher Nockherberg als Sonntagspredigt. Was folgt, ist weniger Seelsorge und mehr Sezierung: eine politische Momentaufnahme im Predigtgewand.
Paetz predigt Politikern ins Gewissen
Den Anfang macht der Kanzler. Olaf Scholz werde zum kommunikativen Phantom - ein Kanzler, der sich "gezielt einsetzt in die Kommunikation, nämlich oft nicht", und bei dem man "aus den Gesichtszügen herauslesen muss, was er uns im Moment gerade nicht sagen will". Markus Söder setze auf Bewährtes: "Bayern bleibt Bayern und wird nicht Berlin." Ein typischer Söder-Satz und Paetz bleibt nicht dabei. Söder erscheine als jemand, der unermüdlich in eigener Sache unterwegs sei: mal beim Ostereierversteigern, mal beim Papstkuss, mal mit dem Dackel auf dem Arm. Beim Gendern aber gerate er ins Schleudern: "Freund, Freunde - das ist Söder-Gendering." Für Hubert Aiwanger wird es ungemütlich. Der bayerische Wirtschaftsminister, der sich schon in Berlin wähnte, wird von Paetz auf den Boden der Tatsachen zurückgepredigt. Die CSU? Zeigt ihm die kalte Schulter. Der Koalitionspartner? Krachend distanziert. Aiwanger selbst? Ratlos. "Ich wüsste nicht, was wir hätten besser machen sollen", zitiert ihn Paetz - und liefert die Antwort gleich mit: "Vielleicht gar nicht erst antreten." Und die FDP? "Was zieht die FDP so gleich hinab in den Promillbereich?", fragt Paetz. "Man sollte für sie beten." Danach nimmt er sich Sarah Wagenknecht und ihre neue Partei vor. Wagenknecht habe angekündigt, sich zurückzuziehen, sollte ihre Partei die Fünf-Prozent-Hürde verfehlen. Aber: "Wie soll die Partei jetzt heißen? BOW - Bündnis ohne Wagenknecht?" Der Name BSW erinnere ihn ohnehin eher "an Rinderkrankheit". Über die Grünen sagt Paetz nur knapp: "Nicht so draufhauwürdig dieses Jahr."
Der Blick wandert auch über den Atlantik - zu einem Donald Trump, der "Dekrete wie am Fließband" unterschreibt und bei Kanada und Panama gern mal durcheinanderkomme. Und als er dann auch noch Richtung Europa schielt, fragt Paetz trocken: "Können wir ihm irgendwas anbieten? Was ist denn mit Helgoland? Brauchen wir das wirklich?"
Die besten Zitate
Das war längst nicht alles. Man soll ja nicht p(a)etzen, aber wir tun es trotzdem. Hier eine Sammlung der besten Zitate des Abends:
- "Am Anfang war das Wort. Aber das Wort sollte Tat werden. Sonst bleibt es Geschwätz."
- "Bekennen heißt, sich ehrlich machen."
- "Was ist der Unterschied zwischen Gott und einem Juristen? Gott denkt nicht, er sei Jurist."
- "Die Deutsche Bahn – das ist wie Fasten, nur ohne Erlösung."
- "Selig sind die Einfältigen, denn sie müssen die Stirn nicht falten."
- "Viele überschätzen ihre Willenskraft. Doch man kann sich auch verletzen - an allzu scharfen Vorsätzen."
- "Lass dir raten, geh jetzt endlich mal in Schatten. Sonst wird dir die Sonne der Erkenntnis doch endgültig das Hirn verbraten."
- "Glücklich ist, wer vergisst, was gar nicht gewesen ist."
- "Man sagt ja, der Glaube kann Berge versetzen. Ich denke, menschliches Wollen bringt selbst Gebirge manchmal zum Weinen."
- "Fürchtet euch vor der Furcht, denn sie könnte euch zu sehr ängstigen."
Zum Schluss noch eine Passage, in der Paetz in Reimen denkt - und das Fastenthema ganz körperlich nimmt:
"Denk auch an deine Sicherheit!
Je fester man im Kissen liegt,
auch wenn der Lattenrost sich biegt,
dank Opponenten und Leibesfett,
fällst du nur schwer aus deinem Bett.
Und je mehr du besitzt an Gesamtgewicht,
desto weniger leicht entführt man dich.
Hör auf, dich so zu grämen,
rät dein Körper, der dich liebt.
Geh lieber wieder schlemmen
und such dir jemand, der dich schiebet."
Mehr muss man nicht sagen. Außer vielleicht: bis nächstes Jahr!