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Aktuelle kommunalpolitische Debatten

Wie kann Kommunalpolitik erfolgreicher werden?

Die Stadt ist eine Bühne kultureller, politischer, sozialer, ökonomischer und ökologischer Debatten, die kommunalpolitisch aufgefangen werden müssen. Die Kommunalpolitik ist allerdings durch Finanzzuweisungen und rechtliche Vorgaben in ihrer Gestaltungsmöglichkeit begrenzt. Die Tagung "Kommunalität(en): München in der Ära Christian Ude" setzte sich das Ziel, die Münchner Kommunalpolitik historisch aufzuarbeiten und mit aktuellen Fragen zu verknüpfen. Kommunalpolitische Repräsentantinnen und Repräsentanten traten dabei den Dialog, um gegenwärtige Herausforderungen und vergangene Entwicklungen neu einzuordnen.

Tutzing / Tagungsbericht / Online seit: 25.11.2024

Von: Mirela Zagrean / Foto: Mirela Zagrean

Programm: Kommunalität(en)

Kommunalität(en): München in der Ära Christian Ude

Flickr-Galerie © Akademie für Politische Bildung Tutzing. Bitte klicken Sie auf das Foto, falls die Galerie nicht lädt. Sie werden zu Flickr weitergeleitet.

"Man kann vor Ort doch noch Dinge verändern, es braucht aber Kreativität und Durchhaltevermögen" sagt Boris Palmer, Oberbürgermeister von Tübingen. Die Kommunalpolitik hat heutzutage große Herausforderungen zu bewältigen, doch viele Kommunen wissen nicht, wo sie am besten ansetzen sollen. Die Lösung der Tagung "Kommunalität(en): München in der Ära Christian Ude": mehr Kommunikation und Zusammenarbeit und bessere Bürgerbeteiligung.

Herausforderungen der Kommunalpolitik: Anfeindungen und Schulden

"Die Demokratie ist in der Krise, aber die Kommunalpolitik auch!", pointiert Björn Egner von der Technischen Universität Darmstadt. Finanzielle und demografische Herausforderungen, die Klimakrise und Hass und Hetze sind eine große Belastung für Kommunen.

Christian Ude, ehemaliger Oberbürgermeister von München und Joachim Herrmann, Bayerischer Staatsminister des Inneren, für Sport und Integration beobachten besorgt die Zunahmen von Anfeindungen und Beleidigungen gegenüber Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker. Insbesondere auf Social Media zeichne sich dieser Trend zunehmend ab. Die Begeisterung für kommunalpolitische Themen gehe dabei leider verloren, die Akteure würden Angst um sich selbst und ihre Familie haben. "Es ist eine bedenkliche Entwicklung. Wenn wir uns einschüchtern lassen, wie steht es um unsere Demokratie?" fragt Herrmann. Die Tonart sei undiszipliniert geworden, die Sitten generell verwittert, die Polarisierung der Gesellschaft immer deutlicher.

Nicht nur die Polarisierung der Gesellschaft bereite der Kommunalpolitik Sorgen, sondern auch die finanziellen Lücken in ihrem Budget. Im Zentrum der Debatte steht dabei der Schuldenabbau. Cottbus zum Beispiel habe zwar zwischen 1995 und 2023 280 Mio. Euro Schulden durch Sparpläne, Personal- und Investitionsverschiebungen erfolgreich abgebaut, berichtet Oberbürgermeister Tobias Schick. Durch die Einsparungen sei wichtige Infrastruktur wie Straßen, Brücken, Rad- und Fußwege oder der ÖPNV betroffen. Ebenso leide die soziale Infrastruktur wie Schulen, Kitas, Gemeindehäuser und Jugendklubs darunter. Auch die städtischen Gesellschaften, die sich um den Wohnungsbau, um Freizeit und Kultur sowie um Ver- und Entsorgung kümmern, bleiben nicht verschont. Außerdem habe die Kommune gleichzeitig Investitionsgenerationsschulden neu aufgebaut. Ähnliche Probleme gibt es jedoch nicht nur in Cottbus, sondern auch in München und anderen Kommunen. "Was hat Priorität und wie können die Fördermittel richtig eingeplant und eingesetzt werden?" fragt Schick - aber auch er hat keine genaue Antwort.

Die Frage der Bürgerbeteiligung

Die Kommunalpolitik hat ohnehin schon einen schlechten Ruf: Obwohl viele Bürger durchaus an Politik interessiert seien, wird die Beteiligung an der Kommunalwahl als sinnlos empfunden. Doch stimmt das überhaupt? Nein, erklärt Egner: Die Kommunalpolitik entscheide über viele alltäglichen Dienstleistungen, dennoch wüssten Wählerinnen und Wähler nicht, welche Macht ihre Stimme habe und gingen deshalb nicht zur Wahl. Die Problematik dabei: einige Personengruppen würden damit unterrepräsentiert. Wie also kann die Bürgerbeteiligung verbessert werden?

Bei der Diskussion über die dritte Startbahn für den Münchner Flughafen zum Beispiel sind sich Tobias Eschenbacher, Oberbürgermeister der Großen Kreisstadt Freising, und Josef Schwendner vom Flughafen München nicht einig: Wer ist denn eigentlich gemeint mit den betroffenen Bürgern? Geht es in diesem Fall um die Anwohner oder Fahrgäste? Und wer soll über den infrastrukturellen Ausbau entscheiden? Der ehemalige Oberbürgermeister von München, Christian Ude, beantwortet die Betroffenheitsfrage mit folgenden Akteuren: Anwohner, München als Stadt, Bund und Land oder der Flughafen. 2012 haben sich die Münchner per Bürgerentscheid schon mal gegen die Ausweitung der Startbahnen ausgesprochen. Mittlerweile ist diese Entscheidung jedoch verjährt und angesichts der steigenden Zahlen in der Tourismusbranche wird die Frage, ob es nicht doch eine dritte Startbahn geben sollte, wieder laut.

Eschenbacher wünscht sich, dass Freisings Anwohner in der Rolle der Betroffenen die Entscheidung überlassen wird. Schwender hingegen behauptet: "Frühere Bürgerbeteiligung ist gut. Diese Ebene soll aber von der Entscheidungsebene getrennt werden". Der Vertreter des Flughafens München sieht in der dritten Bahn eine den Anwohnern übergeordnete Angelegenheit: natürlich könne das Wohl der Allgemeinheit nicht außer Acht gelassen werden, aber der infrastrukturelle Ausbau solle nicht nur aufgrund von Lärmbelästigung und Bürgerwünschen gestoppt werden.

Lösungsansätze für eine erfolgreichere Kommunalpolitik

Was also tun, um die Kommunalpolitik erfolgreicher zu machen? Auch wenn es kein Patentrezept gibt, schlagen die Referierenden der Tagung einige Ansätze vor, um die Kommunalpolitik erfolgreicher zu gestalten. Boris Palmer zum Beispiel setzt sich für den Bürokratieabbau und die Beschleunigung der Digitalisierung in Deutschland ein: "Du kannst Bürokratie nicht mit mehr Bürokratie abbauen", argumentiert er. Der Tübinger wünscht sich mehr Flexibilität und Spielräume, um auf unterschiedlichen Situationen passend reagieren zu können. Im Alltag hieße das, einfache und kreative Lösungen zu finden und typisch deutsche Eigenschaften zu hinterfragen. Insbesondere das traditionelle Silodenken, bei dem die Verwaltung in aufgeteilte, nicht miteinander kooperierende Abteilungen verstanden wird, der Gerechtigkeitsfanatismus und die Haftungsfragen würden der Kommunalpolitik oft im Weg stehen.

Susanne May von der Münchner Volkshochschule hebt das Konzept der gelebten Demokratie hervor. Kommunalpolitik brauche ihr zufolge Zusammenarbeit, Kommunikation und Begegnungsräume. Auch Sebastian Haumann von der Paris Lodron Universität Salzburg bekräftigt die Wichtigkeit der aktiven Einbeziehung der Bürgerschaft. Insbesondere im interreligiösen Bereich müsse die Gesellschaft mehr miteinander reden, sich respektieren lernen und spaltende Themen gemeinsam angehen.

Björn Egner von der TU Darmstadt macht klar, dass die Kommunalpolitik besser erklärt werden müsse. Die Institutionen und Prozesse sollten transparenter gemacht werden, denn das helfe dabei, die Demokratie zu verteidigen und ihre Leistungsfähigkeit zu verbessern. Der Cottbuser Oberbürgermeister Schick fordert dafür jedoch mehr Rückendeckung für die Menschen in der Kommunalpolitik: "Wir sind diejenigen, die jeden Tag die Demokratie vertreten, deshalb verdienen wir etwas mehr Zuwendung. Keine Herausforderung ist zu groß, wenn eine Kommune entsprechend ausgestattet ist!".

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