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Das Kino wird die Pandemie überleben

Senta Berger und Michael Herbig beim Filmgespräch am See

Zwei Größen des deutschen Films zu Besuch in Tutzing: Senta Berger und Michael Herbig haben beim Filmgespräch am See im Rahmen des Fünf Seen Filmfestivals an der Akademie für Politische Bildung über postpandemische Perspektiven auf Film und Kultur diskutiert. Im Zentrum ihrer Unterhaltung stand die Zukunft der großen Leinwand, des Kinos.

Tutzing / Kultur / Online seit: 28.09.2021

Von: Sophie Behrendt / Foto: Sophie Behrendt

Programm: Kultur am See: Postpandemische Perspektiven

Fünf Seen Filmfestival

Filmgespräch am See 2021

Flickr-Galerie © Akademie für Politische Bildung Tutzing. Bitte klicken Sie auf das Foto, falls die Galerie nicht lädt. Sie werden zu Flickr weitergeleitet.

"Natürlich glaube ich daran, dass das Kino überleben wird", stellt Schauspielerin Senta Berger gleich zu Beginn des Gesprächs klar. Sie sei eine "Berufsoptimistin". Ganz ähnlich beschreibt es Michael Herbig: Er kenne keinen Filmemacher und keine Filmemacherin, die ihre Filme nicht auf der großen Leinwand sehen wollen. "Es ist immer der große Traum", sagt der Komiker und Produzent. Zusammen mit Senta Berger stand er schon für den Film "Zettl" von Helmut Dietl vor der Kamera. Beim Filmgespräch am See tauschten sich die beiden unter der Moderation von BR-Journalistin Sylvia Griss über die Bedeutung des Kinofilms und dessen prekäre Situation aus, die nicht nur durch die pandemischen Turbulenzen der letzten anderthalb Jahren entstanden ist. Die Veranstaltung fand im Rahmen des Fünf Seen Filmfestivals statt.

Großes Echo in den Medien

Mit Senta Berger und Michael Herbig kamen zwei der bekanntesten Gäste des diesjährigen Fünf Seen Filmfestivals an die Akademie. Szenen, die man sonst eher von roten Teppichen kennt: Zeitweise umringte die beiden mehr als ein Dutzend Fotografen und Journalistinnen. Das spiegelte sich in den Medienbeiträgen wider. Kein Bericht kam umhin, den Rosengarten der Akademie und das dortige Blitzlichtgewitter zu erwähnen. Doch im Vordergrund stand das Gesprächs der beiden Filmschaffenden vor rund 100 Zuschauerinnen und Zuschauern.

Mehr finanzielle Unterstützung für Filmemacher und Kinos nötig

Die Augsburger Allgemeine resümiert in ihrem Bericht: "Berger und Herbig glauben an die Zukunft des Kinos", betont aber gleichzeitig die Sorgen der Schauspielerin. Das Kino müsse wiederbelebt und wie in anderen Ländern stärker finanziell unterstützt werden, außerdem müssten junge Filmemacher mehr Fördermittel bekommen. Berger, die nicht nur für Erfolgsproduktionen vor der Kamera stand, sondern selbst mit ihrem Ehemann 27 Jahre lang ein Kino in Berlin betrieb, berichtete von geringen Fördersummen für Absolventinnen von deutschen Filmhochschulen und Kinobetreiber sowie davon, dass häufig US-amerikanische Produktionen kleinere deutsche Filme aus den Spielplänen der Kinos verdrängen. Theater und Oper würden um ein Vielfaches mehr gefördert, das sei in der Pandemie fatal gewesen. Auch die Medien vernachlässigten das Kino, bilanziert die Augsburger Allgemeine. Wie Herbig berichtete, seien Streamingdienste Gefahr und Chance zugleich, da einerseits jeder wolle, dass der eigene Film im Kino läuft, die Dienste andererseits aber eine sichere Finanzierung von Filmen ermöglichten. Filme seien systemrelevant, gerade in schweren Zeiten, fasst die Augsburger Allgemeine die Ansicht der Podiumsgäste zusammen.

Unterhaltung statt politischem Drama auf der Leinwand?

Unter dem Titel "Es lacht sich besser im Kino" berichtet der Starnberger Merkur über das Filmgespräch: "Zuhörer bekamen interessante Einblicke in das Wirken von Senta Berger und Michael Herbig." Neben Herausforderungen für die Filmproduktion und Filmvermarktung habe den beiden Podiumsgästen in Corona-Zeiten das Kino als Erlebnis und Ort des Zusammenkommens sehr gefehlt. Davon abgesehen würden staatliche Subventionen für Produzentinnen und Kinobetreiber fehlen. Mit Blick auf postpandemische Perspektiven zitiert der Merkur Michael Herbig: "Wenn man das Publikum jetzt mit Dramen bombardiert, kriegt es zu viel. Die Leute haben die Nase voll davon und wollen für zwei Stunden dem Wahnsinn entfliehen."

Viele persönliche Einblicke in das Leben und die Karrieren der beiden Gäste

Dieses Zitat von Herbig greift auch die Süddeutsche Zeitung (SZ) auf. Sie schreibt unter dem Titel "Dem Wahnsinn entfliehen" über das Filmgespräch und betont, dass das Kino nach Ansicht des Schauspielers und der Schauspielerin "in der Pandemie hinten runtergefallen" sei. Zwar hätte in Deutschland noch weiterhin gedreht werden dürfen, trotzdem sei ein wichtiger Ort des Zusammenkommens weggefallen. "Das Lachen der Gäste wirkt inspirierend", zitiert die SZ Senta Berger. Das Kino würde jedoch zu wenig gefördert und auch die deutschen Medien müssten Filmen mehr Raum geben, besonders denen aus deutschen Produktionen. Zusammenfassend schreibt die SZ: "In der Podiumsdiskussion wird es konkret, zeitweise auch politisch. Vor allem aber zeigten sich die Prominenten von einer sehr persönlichen Seite. Die beiden übertrumpfen sich gegenseitig mit Anekdoten, die auch mal 'nichts zur Diskussion beitragen', wie 'Bully' zwischendurch witzelt." Und so scheinen auch in allen Berichten gerade die zahlreichen Anekdoten der beiden Prominenten besonders im Gedächtnis geblieben zu sein: Herbigs lebhafte Beschreibung von seiner Zeit allein im Home-Office, in der er sich "über Facebook die Spülmaschine erklären lassen" musste, oder Bergers 80. Geburtstag in diesem Jahr, der sich aber nicht so anfühlte. "Mein Körper wird mir schon sagen, wenn ich 80 bin, da habe ich vielleicht noch ein bisschen Zeit", sagte die Schauspielerin.

Rund um das Filmgespräch

Anlässlich des Fünf Seen Filmfestivals berichtete außerdem die Sendung "Leute heute" des ZDF über die beiden Filmschaffenden. Im Interview sprach Senta Berger über den Ehrenpreis des Deutschen Fernsehpreises, mit dem sie im Oktober für ihre künstlerische Karriere ausgezeichnet wird. Michael Herbig freute sich vor allem, wieder ein echtes Interview zu geben. Mit der Kulisse des Starnberger Sees im Hintergrund berichtete er von seiner Zeit im Lockdown, wünschte sich aber vor allem für den deutschen Film, "dass die Pandemie es zulässt, dass wir bald wieder eng in vollen Kinos sitzen und näher zusammenrücken können."

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