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Stabilisierung der Eurozone

Akademie-Kurzanalyse 2/2018 von Wolfgang Quaisser

Der Aufsatz "Stabilisierung der Eurozone - Deutsch-französische Lösungsstrategien" von Wolfgang Quaisser wurde im Juli 2018 als Akademie-Kurzanalyse veröffentlicht.

Tutzing / Publikation / Online seit: 26.03.2021

Von: Wolfgang Quaisser / Foto: Pixabay License/Hans Braxmeier

Wolfgang Quaisser
Stabilisierung der Eurozone – Deutsch-französische Lösungsstrategien
Akademie-Kurzanalysen, Tutzing, 2018

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Seit Jahren wird ein Umbau der Währungsunion gefordert, um sie langfristig zu stabilisieren. Mit dem Sieg von Emmanuel Macron bei den Präsidentschaftswahlen in Frankreich im Mai 2017 und der Bildung der Großen Koalition in Deutschland im Frühjahr 2018 ergibt sich ein Zeitfenster, wichtige europäische Initiativen vor der Europawahl im Mai 2019 voranzubringen. Günstig ist der Zeitpunkt auch deshalb, weil sich das wirtschaftliche Umfeld mit einem höheren Wirtschaftswachstum und einer niedrigeren Arbeitslosigkeit in ganz Europa zum Besseren gewendet hat. Schon kurz nach der Wahl von Macron kündigten der damalige Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und sein neuer französischer Amtskollege Bruno Le Maire eine "neue Dynamik" bei der Integration der Eurozone an.

Die Vorstellungen über eine Stabilisierung der Währungsunion gehen jedoch weit auseinander. Verkürzt lässt sich dies so zusammenfassen: Paris drängt auf mehr Gemeinschaftshaftung und ein gemeinsames Eurobudget, Deutschland will die Maastricht-Vereinbarung insbesondere bezüglich des Prinzips der Einheit von "Risiko und Haftung" stärken. Die EU-Kommission fordert wiederum vor allem die Stärkung der Gemeinschaftsmethode, das heißt mehr Macht. Diese Positionen lassen sich schwer vereinbaren, doch aus der Großen Koalition kommen Signale des Entgegenkommens. Vor diesem Hintergrund hat 2017 eine deutsch-französische Gruppe von 14 Ökonominnen und Ökonomen einen Dialog begonnen, um die unterschiedlichen europa- und wirtschaftspolitischen Positionen aneinander anzugleichen. Das Ergebnis ist ein Positionspapier, das konkrete Vorschläge enthält, die Eurozone zum Vorteil aller zu stabilisieren.1

Das Konzept hat aus politischer Sicht den Vorteil, dass es keine Maximalforderungen enthält und damit für alle Mitgliedsländer akzeptabel erscheint. Die Autoren betonen, dass die Vorschläge nur als Gesamtpaket wirken können. Eine solche komplexe Reform, die zudem in den sachlichen Details auch in den jeweiligen Ländern umstritten ist, lässt sich jedoch zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf europäischer Ebene politisch kaum durchsetzen beziehungsweise, es fehlt der Mut dazu. Darin wird jedoch das Hauptproblem liegen, denn die Gefahr ist groß, dass nur Teilbereiche realisiert werden und dadurch der austarierte Kompromiss zwischen Gemeinschaftshaftung und Eigenverantwortung einzelner Mitgliedsländer zulasten einer Seite nicht realisiert wird. Aus diesem Grunde ist wenigstens darauf zu achten, dass mögliche Teilreformen eine Balance zwischen Solidarität und nationaler Verantwortung wahren.

Der Euro: Totgesagte leben länger

Trotz aller Verwerfungen und entgegen aller Horrorszenarien ist der Euro nicht auseinandergebrochen. Das ist schon eine Leistung für sich, doch um den Preis, dass ursprüngliche Prinzipien (No-Bail-Out-Klausel und das Verbot zur Finanzierung der öffentlichen Haushalte durch die Europäische Zentralbank) aufgeweicht wurden. Offensichtlich haben die politischen Verantwortlichen in Europa die Kosten eines Auseinanderbrechens der Währungsunion höher eingeschätzt als die enormen Rettungs- und Garantiesummen. Unterstützt durch die Politik hat die Europäische Zentralbank (EZB) mit ihrer ultralockeren Geldpolitik alles unternommen, um den Euro zu stabilisieren und deflationären Entwicklungen entgegenzuwirken. Tatsächlich hat sich die Lage stabilisiert, die Zinsaufschläge (Spreads) zehnjähriger Staatsanleihen der einzelnen Mitgliedsländer haben sich deutlich vermindert und das Wirtschaftswachstum zieht seit 2017 an. Die Haushaltsdefizite gehen zurück und die Arbeitslosigkeit sinkt in den Krisenländern. In Deutschland boomt die Wirtschaft.

Einerseits ist dies eine positive Bilanz, doch werden andererseits bekannte Gefahren verdeckt: Die Wirtschaftsentwicklung verläuft noch immer sehr ungleich, in einigen Ländern steigt dennoch die Staatsverschuldung und der Bankensektor, vor allem in den EU-Südländern, ist überladen mit faulen Krediten. Die hohen Target-Salden (siehe unten) und die sich aufblähende Bilanz der EZB lassen unvermindert die Frage nach der Nachhaltigkeit dieser Währungsunion aufkommen. Die geringen Spreads der zehnjährigen Staatsanleihen einzelner Eurostaaten spiegeln nicht die wirklichen Länderrisiken in der Währungsunion wider und sind nur durch das implizite Rettungsversprechen von Mario Draghi ("whatever it takes") zu erklären. Hinzu kommen Verzerrungen der Wirtschaftsstruktur und Blasenentwicklungen, ausgelöst durch die ultralockere Geldpolitik. Sie führt auch dazu, dass nicht überlebensfähige Unternehmen künstlich am Leben gehalten werden. Gefahren könnten auch von politischen Krisen und externen Schocks entstehen. Als Beispiele sind vor allem der Handelsstreit mit den USA und die politische Instabilität in Italien zu nennen. Schließlich gibt es die "Unknown Unknowns".

Entwicklungsszenarien für die Währungsunion

Die Gründung der "Vereinigten Staaten von Europa" mit eigenem Bundesbudget, voller Gemeinschaftshaftung, umfänglicher Transferunion und zentraler Finanzkontrolle ist in überschaubarer Zeit eine wirklichkeitsfremde Option, obwohl die Gründungsväter der Währungsunion die "Politische Union" - wie immer auch definiert - als Voraussetzung für ihr langfristiges Überleben angesehen haben.2 Zwar befindet sich die Eurozone schon seit etlicher Zeit mit all den Rettungs- und Überwachungsinstitutionen auf den Weg in einen "Euro-Schattenstaat" mit Demokratiedefiziten, doch den Schritt zu einer vollständig demokratisch legitimierten "Politischen Union" möchte kaum ein Mitgliedsland gehen.3

Es ist auch wenig realistisch, die Eurozone in einen Nord- und einen Süd-Euro aufzuspalten. Sollte ein externer oder interner Schock die Gegensätze in der Euro­zone so stark verschärfen, dass der Grundkonsens der Gemeinschaft verlorengeht, dann könnte allenfalls eine Rückabwicklung der Währungsunion eintreten, ohne die EU und insbesondere den Binnenmarkt aufzulösen.4 In einem solchen Fall müsste man zu nationalen Währungen, die in einem System fester Wechselkurse (in einer Bandbreite mit sporadischen Abwertungen) wie im Europäischen Währungssystem (EWS) miteinander verbunden wären, zurückkehren.

Dies hätte weitreichende Konsequenzen, denn die Kapitalmärkte würden sich fragmentieren, da zwangsläufig zumindest kurzfristig Kapitalverkehrskontrollen notwendig wären. Die Gefahr eines völligen Zerfalls der EU bestände. Auf Deutschland kämen hohe politische Kosten zu, aber auch wirtschaftlich würde viel auf den Spiel stehen, denn der Zugang zu den europäischen Auslandsmärkten wäre erschwert beziehungsweise durch Wechselkursschwankungen unkalkulierbarer. Zudem müsste Deutschland die hohen Haftungsrisiken, unter anderem die möglichen Fehlbeträge aus der Auflösung der EZB und des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) sowie an den Target-Salden, zumindest teilweise als Verluste abschreiben. Auch aus deutscher Sicht keine gute Option.

Reformoptionen: Fiskalunion oder "Maastricht 2.0"

Die Debatte um die Zukunft der Währungsunion ist von zwei konträren Grundpositionen geprägt: Im Kern geht es um den grundlegenden Streit zwischen jenen, die den Weg zu einer Fiskalunion mit Gemeinschaftshaftung gehen wollen, und jenen, die eine Stärkung des ursprünglichen und nunmehr stark aufgeweichten No-Bail-Out-Prinzips (das heißt ein Maastricht 2.0) anstreben. Der ersten Fraktion geht es letztlich darum, mittels einer Gemeinschaftshaftung, sei es über Eurobonds oder anderen Anleihen, das Zinsniveau für Risikostaaten zu drücken und damit spekulative Attacken zu unterbinden. Dies ermögliche, Einbrüche des Sozialproduktes zu vermeiden, das Wirtschaftswachstum zu fördern und notwendige Strukturreformen in einer Wachstumsphase durchzuführen. Möglichst solle dies noch durch ein "Eurobudget" oder andere Transferleistungen ergänzt werden, um Strukturbrüche ausgelöst durch asymmetrische Schocks aufzufangen.

Die Fiskalunion wäre jedoch nur dann ordnungspolitisch konsistent, wenn im Rahmen einer "Politischen Union" das Eurobudget vom Europäischen Parlament verabschiedet und die zentrale EU-Ebene bei Regelverstößen fiskalische Durchgriffsrechte auf die nationale Ebene hätte. Doch daran denken die meisten Vertreter dieser Richtung (insbesondere die EU-Südländer) nicht, denn sie wollen letztlich die Gemeinschaftshaftung ohne eine "Politische Union".

Eben genau diesen Ansatz lehnen die Vertreter der anderen Linie grundsätzlich ab, denn für sie ist genau das Auseinanderfallen von "Risiko und Haftung" das Grundübel, das Reformen und eine übermäßige Staatsverschuldung verhindert. Vereinfacht gesprochen: Eine Fiskalunion wird von Frankreich, als Repräsentant der EU-Südländer, befürwortet. "Maastricht 2.0" dagegen von Deutschland als Vertreter der EU-Nordländer. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass in der ökonomischen Zunft innerhalb der einzelnen Ländergruppen durchaus differenzierte Positionen vorzufinden sind. Vor dem Hintergrund dieses Konfliktes wären für die Weiterentwicklung der Währungsunion zwei Optionen denkbar.

Erstens: Weiteres Durchwursteln

Da sich die Bildung der Großen Koalition in Deutschland lange hinzog, wurden Entscheidungen bezüglich der Währungsunion vom März 2017 auf die Sitzung des Europäischen Rates am 28. bis 29. Juni 2018 verschoben. Dort kam es jedoch nur zu einem Minimalkonsens und umfassendere Beschlüsse wurden auf Dezember 2018 vertagt.

Ohne eine Einigung zwischen Frankreich und Deutschland und den oben skizzierten Positionen wird es jedoch keine Weiterentwicklung der Währungsunion geben. Es ist gut denkbar, und etliche halten dies sogar für die wahrscheinlichste Variante, dass die inhärenten Probleme der Währungsunion weiter verschleppt beziehungsweise nur marginale Reformen durchgeführt werden. Kommt die nächste Krise, dann werden die Zinsspreads zwischen den Anleihen der Mitgliedsländer wieder stark steigen und die Target-Salden sich nochmalig erhöhen. Die Politik wird dann erneut indirekt die EZB in die Verantwortung nehmen, denn sie kann weitere Interventionen (Staatsanleihekäufe) vornehmen.

Letztlich würde dies - so Clemens Fuest - zu einer diskretionären, also nicht regelgebundenen Transferunion führen, denn die Haftungsrisiken würden durch die aufgeblähte Bilanz der EZB, die steigenden Target-Salden und eventuell auch durch zusätzlich benötigte ESM-Mittel steigen. Die Wahrscheinlichkeit für dieses Szenario kann als sehr hoch eingeschätzt werden. Unterlassene Reformen wären allerdings angesichts der Fragilität der Währungsunion sehr gefährlich und ein großer Fehler.

Zweitens: Realistische Reform

Im günstigsten Fall wird ein Reformkompromiss beschlossen, der mehr Marktdisziplin mit mehr Risikoteilung kombiniert und die Interessen unterschiedlicher Ländergruppen vereint. In einem solchen Konzept würde man die Härtung der Budgetrestriktionen für Staaten und Banken mit gezielter und klar abgegrenzter Solidarität kombinieren. Dadurch käme es zu keinen dauerhaften Transferleistungen zwischen Mitgliedsstaaten und die nationale Verantwortung in der Wirtschaftspolitik würde gestärkt werden. Im Gegenzug müsste die Solidarität in großen Krisen ausgebaut und die Anfälligkeit des europäischen Finanzsystems auf Run-Situationen (Abzug der Spargelder aus dem Finanzsystem durch die Bevölkerung) vermindert werden.

Um die politische Durchsetzbarkeit zu gewährleisten, müsste das Reformpaket für alle Mitgliedsländer akzeptabel sein. Ziel wäre es außerdem, den "Euroschattenstaat" unter Berücksichtigung beider Grundpositionen effizienter (bessere Governancestruktur) und mit größerer demokratischer Legitimation ausgestattet zu gestalten. Wer dies für unrealistisch beziehungsweise nicht wünschenswert hält, sollte offen für die Auflösung der Währungsunion werben beziehungsweise auf eine große Krise warten, die zu einem solchen Ergebnis führen würde.

Werden die Defizite der Währungsunion nicht überwunden, bleibt sie fragil

Auch die EU-Kommission hat Vorschläge zur Weiterentwicklung der Währungsunion ausgearbeitet. Zunächst hat sie im Rahmen eines Weißbuches fünf Entwicklungsszenarien für die EU vorgestellt, die von einer tieferen Integration (EU der verschiedenen Geschwindigkeiten) bis hin zu einer Teilrückabwicklung der EU reichen, einschließlich einer auf den Kern reduzierten Europäischen Union. Im Kontext dieser Vorschläge sind Reflexionspapiere zu den einzelnen Bereichen unter anderem auch zur Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion entstanden.

Das Papier für die Währungsunion betont die Notwendigkeit einer stärkeren wirtschaftspolitischen Koordinierung, den Aufbau einer eigenen Fiskalkapazität (Euro-Budget) und die Notwendigkeit einer antizyklischen Fiskalpolitik.5 Vorgeschlagen werden auch ein Europäisches Schatzamt für den Euroraum, das für die wirtschaftspolitische und fiskalische Überwachung, eventuell auch für die Ausgabe eigener Anleihen zuständig wäre. Die Beschlussfassung sollte bei der Eurogruppe bleiben, doch die parlamentarische Kontrolle durch das EU-Parlament ausgebaut werden. Dennoch wären die Finanzminister den nationalen Parlamenten auch weiterhin verantwortlich. Zudem könnte das Amt auch den ESM integrieren und von einem Europäischen Finanzminister geleitet werden. Einen Absatz weiter wird allerdings ein Europäischer Währungsfonds empfohlen, der wiederum auch die Funktion des ESM übernehmen soll. Diese Vorschläge werden als Denkanstöße verstanden, folgen aber weitgehend der französischen Grundhaltung und sind bei Weitem nicht ausgereift.

Der Kommissionsvorschlag betont zwar, dass die neuen Institutionen in die bestehenden EU-Strukturen eingebettet werden sollen, doch im Kern geht es um den Aufbau spezieller für den Euroraum geltender Institutionen und Regeln. Auffallend ist, dass notwendige Strukturreformen, mehr Marktdisziplin und Budgetrestriktionen nicht erwähnt werden. Dies lässt die Vermutung zu, dass es der EU-Kommission vor allem um den Ausbau ihres eigenen Einflusses im Gefüge der europäischen Machtstrukturen geht.

Ursachen der Konflikte: Divergierende Wirtschaftsphilosophien

Die deutsch-französischen Gegensätze in der Wirtschafts- und Finanzpolitik sind tief in den jeweiligen Wirtschaftskulturen verankert. Die Unterschiede zeigen sich auch hinsichtlich verschiedenartiger Konzepte zur Bewältigung der Eurokrise. Folgende vier Punkte sind markant.6

1. Frankreich ist nicht nur auf Interventionen (Staat, EZB) ausgerichtet, sondern fordert Flexibilität ein, um mögliche Verwerfungen rasch zu beenden. Deutschland orientiert sich eher an einem autonomen, vorher fixierten Regelsystem.

2. Paris betont die Solidarität auch zwischen Staaten, Berlin dagegen das Haftungsprinzip, das heißt die Eigenverantwortung.

3. Finanzkrisen entstehen, so die französische Sichtweise, eher durch Liquiditätsprobleme, die mit mehr Geld zu lösen sind, Deutschland vermutet zuerst Solvenzprobleme, die eine Restrukturierung der Schulden verlangen.

4. Im Falle von Wirtschaftskrisen ist Paris eher bereit, staatliche Ausgabenprogramme zur Konjunkturbelebung aufzulegen, wohingegen Berlin stärker die strukturellen Probleme und eine Sparpolitik in den Vordergrund stellt, das heißt die französische Position ist mehr nachfrageorientiert, die deutsche mehr angebotsorientiert.

Diese gravierenden Unterschiede lassen einen Kompromiss schwer vorstellbar erscheinen.

Hoffnung: Wirtschaftsphilosophien sind nicht in Stein gemeißelt

Die Unterschiede der Wirtschaftspolitik Deutschlands und Frankreichs werden oft geschichtlich erklärt. In Frankreichs zentralisierter Monarchie sei die Wirtschaftspolitik des Merkantilismus beziehungsweise Colbertismus durch Interventionismus sowie Dirigismus gekennzeichnet gewesen.7 Dagegen habe die Kleinstaaterei Deutschlands im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation dezentrale Strukturen und einen exportorientierten Mittelstand geschaffen. Markus Brunnermeier, Harold James und Jean-Pierre Landau weisen jedoch darauf hin, dass die Wirtschaftsphilosophien sich im Laufe der Jahrzehnte änderten.8 So war Frankreich im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts eher von einer liberalen, Deutschland dagegen von einer staatsinterventionistischen Wirtschaftsphilosophie geprägt. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg, nachdem man mangelnde staatliche Kriegsvorbereitung für die Niederlage des Landes verantwortlich machte, hat sich Paris dann stärker einem zentralistischen Ansatz verschrieben. Deutschland war dagegen während der Zeit des Nationalsozialismus durch ein der zentralen Planwirtschaft vergleichbares Wirtschaftsmodell gekennzeichnet und konnte seine Wirtschaftsdynamik erst wieder durch die Reformen Ludwig Erhards erlangen, indem es dirigistischen Einflüssen entsagte. Die Autoren ziehen aus diesen Veränderungen den Schluss, dass die Wirtschaftsphilosophien nicht in Stein gemeißelt sind, sondern sich durchaus ändern können und leiten daraus die Hoffnung ab, dass beide Länder auf einander zugehen können, um die Währungsunion zu stabilisieren.

Neue politische Konstellationen: Französischer Vorstoß

Nach der Wahl von Emmanuel Macron zum französischen Präsidenten im Mai 2017 haben sich die Erwartungen auf einen neuen pro-europäischen Schub insbesondere bezüglich der Währungsunion verstärkt. Zunächst ist bemerkenswert, dass der neue französische Präsident versucht, die internen Reformen in einem beachtlichen Tempo voranzubringen. Dies stärkt seine Glaubwürdigkeit, auch Veränderungen auf europäischer Ebene einzufordern, ein Verlangen, dem sich Deutschland nur schwer entziehen kann und sollte. Macron machte entsprechende Vorschläge in seiner Rede an der Sorbonne im September 2017, in der die Vision der "Vereinigten Staaten von Europa" und die üblichen französischen Lösungsvorschläge zur Eurozone - vor allem ein Budget, ein eigenes Parlament sowie einen Finanzminister für die Eurozone - enthalten waren.9 Diese Forderungen bekräftigte er in seiner Aachener Rede anlässlich der Verleihung des Karlspreises an ihn, indem er darauf hinwies: "In Deutschland kann es keinen ewigen Fetischismus für Budget- und Handelsüberschüsse geben, denn sie sind auf Kosten der anderen gemacht".10 Im Klartext bedeutet dies, Deutschland solle einem umfangreichen Eurobudget zustimmen. Die Hoffnungen waren groß, dass es nach der Bundestagswahl im September 2017 zu einer raschen Regierungsbildung kommt und Berlin auf die Vorschläge Frankreichs positiv reagiert. Umso größer war die Enttäuschung, als sich die Koalitionsgespräche hinzogen. Einen positiven Aspekt hatte jedoch das Scheitern der Sondierungsgespräche zur Bildung einer Jamaika-Koalition aus französischer Sicht, denn die FDP, die sich kritisch zu Macrons Vorschlägen geäußert hatte, war aus dem Spiel.

Deutschland ist zu begrenzten Kompromissen bereit

Die Große Koalition von CDU/CSU und SPD bietet aus französischer Sicht tatsächlich eine größere Chance, Deutschland wesentliche Zugeständnisse abzuringen, zumal zunächst Martin Schulz und dann andere Führungspersonen der Sozialdemokratie, die Zukunft und Sicherung der Europäischen Union als zentrale Aufgabe der neuen Regierung betrachteten. Allerdings stießen die im Koalitionsvertrag getroffenen europapolitischen Vereinbarungen auf teilweise heftige Kritik. Dabei lautete der Vorwurf, man habe fast gänzlich deutsche Positionen aufgegeben und unterminiere dadurch einen fairen Interessenausgleich, der die alleinige Basis einer stabilen Weiterentwicklung der EU sein könne.11

Otmar Issing, ehemaliger Chefvolkswirt der EZB und einer der Architekten der Währungsunion, erhob schon zuvor den Vorwurf, dass der geringe Widerspruch zu Macrons Plänen einem Verfall des ordnungspolitischen Denkens gleichkäme.12 Auch die übrigen Nordländer zeigten sich beunruhigt. Sie formulierten ihre Positionen im März 2018 in einem gemeinsamen Papier, in dem sie eine weitere Ausdehnung der Gemeinschaftshaftung sowie ein gemeinsames Eurobudget ablehnten.13 Dennoch scheint Deutschland bereit zu sein, auf die französische Forderungen nach mehr Geld zur Stabilisierung der Eurozone und zur begrenzten Umverteilung bereit zu sein, wenn damit Eigenanstrengungen der einzelnen Mitgliedsländer für Reformen und zur Stabilisierung des Finanzsystems gefördert werden.

Wie könnte ein Kompromiss aussehen?

Schon im Vorfeld der französischen und deutschen Wahlen bildete sich die bereits erwähnte Gruppe von 14 namhaften Ökonomen beider Länder, um ein Kompromisskonzept vorzulegen. Dabei verliefen die gegensätzlichen Positionen nicht immer entlang der Ländergrenze, denn auch in Deutschland gibt es wichtige Ökonomen und Institute (so das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung mit Marcel Fratscher oder die Hertie-School of Governance mit Henrik Enderlein), die eher der französischen Seite zuneigten. Obwohl sich die Diskussionen äußerst schwierig gestalteten und sich über ein Jahr hinzogen, konnte Anfang 2018 ein gemeinsames Papier vorgelegt werden, dessen Grundtenor sich in dem folgenden Satz zusammenfassen lässt: Mehr Gemeinschaftshaftung und eine stärkere Zentralisierung, aber nur dann, wenn gleichzeitig wieder auch Haftung, Risiko und Eigenverantwortung zusammengeführt werden.14 Dieses Konzept soll anhand der folgenden sechs zentralen Reformelemente skizziert werden. Dabei wird zunächst die Problemlage und der Vorschlag vorgestellt, um dann kurz die Realisierungschance zu bewerten.

1. Auflösung der engen Verbindung von Banken und Staatsfinanzierung

Problemlage: Die Banken- und Kapitalmarktunion sind unterschiedlich weit fortgeschritten. Beachtliche Fortschritte sind in der Bankenunion zu verzeichnen: So erhöhte man unter anderem die Eigenkapitalanforderungen der Banken im Rahmen des Regelwerks von Basel III. Zudem führte man eine europaweite Überwachung und Abwicklung von systemrelevanten Banken ein - mit dem Single Supervisory Mechanism (SSM) als einheitlichem Aufsichtsmechanismus und dem Single Resolution Mechanism (SRM) als einheitlichem Bankenabwicklungsmechanismus. Dennoch sind die Regeln unvollständig, um den Ansprüchen an einen einheitlichen Finanzmarkt gerecht zu werden.

Diese Defizite werden von den Ökonomen unterschiedlich bewertet. Konsens dürfte bestanden haben, die Bankenunion hinsichtlich Überwachung und Regulierung seitens der EZB zu vervollständigen (Entscheidungs- und Kontrollstrukturen etc.) und notleidende Kredite im europäischen Bankensystem abzubauen. Der Konflikt darüber, wie die Überwachung optimal gelingen kann, entweder im Rahmen einer unabhängigen Behörde oder durch die EZB, wurde schon 2014 zugunsten der Zentralbank entschieden, was vor allem von deutschen Ökonomen und der Bundesbank wegen möglicher Interessenkonflikte kritisiert wurde. Strittig blieben die europaweite Einlagensicherung (Element der Gemeinschaftshaftung) und die Frage, wie die enge Verflechtung zwischen Banken- und Staatssektor aufzulösen ist. Die deutsche Position sieht Letzteres als zentrales Problemfeld an, da eine Krise des Bankensektors aufgrund der starken gegenseitigen Abhängigkeit (hoher Anteil von Staatspapieren in den Bilanzen der Kreditinstitute) unmittelbar zu einer Krise des Staatssektors und umgekehrt werden kann. Die französische Sicht betont dagegen die fehlende Gemeinschaftshaftung (Eurobonds und Einlagensicherung), was krisenverstärkend wirkt. In dem Vorschlag wird versucht, beide Positionen miteinander zu verknüpfen.

Vorschläge: Die Autoren erkennen an, dass der Teufelskreis finanzieller Abhängigkeit zwischen Staaten und ihren Banken durchbrochen werden muss.15 Dies ist als Zugeständnis an die deutsche Position zu bewerten. Interessant ist der Vorschlag, dies mittels einer Eigenkapitalhinterlegung der Finanzinstitute beim Kauf von heimischen Staatsanleihen (über einem gewissen Schwellenwert) zu erreichen. Gleichzeitig soll - und dies ist wohl ein Zugeständnis an Frankreich - eine europäische Einlagensicherung eingeführt werden. In Kombination dieser Maßnahmen und der Schaffung "sicherer" europäischer Staatsanleihen (ESBies, siehe unten) wird erwartet, dass Anreize für Banken geschaffen werden, ihr Portfolio von Staatsanleihen zu diversifizieren.

Die gemeinsame europäische Einlagensicherung soll einem Bank Run und einer Kapitalflucht vorbeugen. In einer Übergangsphase würden sich jedoch unterschiedliche nationale Risiken in länderspezifisch differenzierten Versicherungsprämien widerspiegeln. Das System würde jedoch durch einen Rückversicherungsmechanismus insofern gestärkt, als gemeinsame Mittel erst dann beansprucht werden könnten, wenn "nationale Kammern" der Versicherungsfonds ausgeschöpft wären. Die Vorschläge enthalten auch Maßnahmen zur verbesserten Regulierung und Aufsicht der Banken, um die Haftung der Gläubiger von Pleitebanken (Bail-In) zu stärken und bestehende Bestände an faulen Krediten abzubauen. Dies sieht die deutsche Seite (auch die offizielle) als entscheidende Voraussetzung an, um eine europaweite Einlagensicherung einzuführen. Zudem soll die Europäische Finanzmarktaufsicht (ESMA) erweiterte Aufsichtskompetenzen erhalten. Die Hoffnung wäre, dass diese Maßnahmen als Gesamtpaket die Verbindung zwischen Länder- und Bankenrisiken entscheidend reduzieren und den Weg für eine tiefere grenzüberschreitende Integration des Banken- und Kapitalmarktes bahnen würden.

Realisierungschance: Frankreich und die EU-Kommission drängen darauf, möglichst bald eine europäische Einlagensicherung einzuführen. Deutschland hat auch in letzter Zeit betont, dass hierfür klare Kriterien vorliegen müssen, um zu verhindern, dass es zu einer Vergemeinschaftung der Haftungsrisiken kommt, bevor der Bankensektor saniert und die Finanzmarktaufsicht gestärkt sind. Denkbar wäre für die deutsche Seite ein mehrjähriger Fahrplan, der die schrittweise Einführung einer europäischen Einlagensicherung an die Erfüllung und Überprüfung entsprechender Kriterien bindet.

Dabei könnte man sich durchaus am obigen Vorschlag orientieren. Offen ist jedoch, ob einige Länder (unter anderem Italien mit hohen notleidenden Krediten) willens und in der Lage sind, den Bankensektor alleine auf sich gestellt zu sanieren. Zu bezweifeln ist auch, ob sich Frankreich im Gegenzug auf Regelungen einlässt, die die Verbindung des Bankensektors und des Staates abschwächen. Die Gefahr besteht auch, dass ein weiter Interpretationsspielraum ermöglicht, die Vorgaben erneut zu unterlaufen. Dann hätte Deutschland zwar eine Einlagensicherung zugelassen, ohne jedoch eine strukturelle Veränderung der Beziehungen zwischen Banken und Staaten zu erreichen.

2. Neue Fiskalregeln

Problemlage: Im Bereich neuer Fiskalregeln dürften die Differenzen zwischen den Ökonomen am weitesten auseinandergelegen haben. Clemens Fuest, Präsident des ifo-Instituts und Mitglied der Gruppe, betonte beispielsweise wiederholt, dass die Fiskalregeln in ihrer bisherigen Form überhaupt nicht funktionieren, denn trotz zahlreicher Verstöße seien kein einziges Mal Sanktionen ausgesprochen worden.16 Die französische Seite sieht dies nicht so starr, denn sie ist stärker nachfrageorientiert und für ein flexibles Vorgehen in der Krise. Die Unterschiede in den ökonomischen Sichtweisen spiegeln sich nicht nur im Umfang der Staatsausgaben und im Einsatz antizyklischer Maßnahmen, sondern auch in der Frage des Zeitpunkts von strukturellen Reformen wider. Französische Ökonomen sind stärker der Meinung, in der Krise solle man keine Reformen anstoßen, denn sie würden die ohnehin bestehende Unsicherheit vergrößern. Die Bevölkerung spare dann mehr, wodurch sich die konjunkturelle Krise vertiefen würde.17 Die deutsche Sichtweise ist dagegen stärker durch politik-ökonomische Argumente geprägt. Ohne regelbasiertes Vorgehen würden die Staatshaushalte aus dem Ruder laufen. Strukturelle Veränderungen müssten in Krisen, wenn der Reformdruck am höchsten sei, durchgesetzt werden.

Vorschläge: Das bestehende System der Fiskalregeln ist auf das "strukturelle Defizit" fokussiert. Es soll - so die Vorschläge der Ökonomen - durch eine einfache an einem langfristigen Schuldenabbauziel orientierte Ausgabenregel ersetzt werden. Die Staatsausgaben sollen deshalb auf lange Sicht nicht schneller wachsen als das nominale Bruttoinlandsprodukt und langsamer in Ländern, die ihre Schuldenquote verringern müssen. Die Autoren hoffen, dass eine solche Vorgabe weniger fehleranfällig als die geltenden Regeln und effektiver in der Stabilisierung von Konjunkturschwankungen wäre, da zyklische Schwankungen des Steueraufkommens nicht durch Ausgabenänderungen aufgefangen werden müssten. Die Überwachung der Fiskalregeln und der Zielevorgaben des Schuldenabbaus will man unabhängigen nationalen Fiskalräten übergeben, die wiederum von einer unabhängigen europäischen Institution auf der Ebene des Euroraums beaufsichtigt werden sollten. Überschießende Staatsausgaben müssten - so der Vorschlag - durch nachrangige Staatsanleihen (Accountability Bonds) finanziert werden.18 Hier dürfte sich die deutsche Position durchgesetzt haben. Die Autoren sind der Meinung, dass der sofortige Druck des Kapitalmarktes, der bei der Emission dieser Anleihen aufträte, weitaus glaubwürdiger wäre als die derzeitige Androhung von Strafen, die noch nie durchgesetzt wurden.

Realisierungschance: Deutschland dürfte wenig Neigung verspüren, die Fiskalregeln selbst bei einer Vereinfachung zu ändern, wenn dies nicht durch deutlich robustere Regeln bei Überschreitung der Vorgaben begleitet wird. Doch genau hier dürfte die Skepsis bezüglich der vorgeschlagenen institutionellen Überwachungsstrukturen überwiegen. Wie werden die unabhängigen nationalen Fiskalräte gebildet? Das Gleiche gilt für die unabhängige europäische Überwachungsinstitution? Welche verbindlichen Sanktionsmöglichkeiten haben diese Institutionen, wie flexibel werden die Schwellenwerte der Verschuldung interpretiert? Dies dürften die kritischen Fragen der deutschen Seite sein.

Zudem mag die EU-Kommission sich in ihren Überwachungskompetenzen beschnitten sehen. Nachrangige Accountability Bonds zur Finanzierung der "überschießenden Verschuldung" sind zwar grundsätzlich eine gute Idee, denn sie implementieren marktkonforme Sanktionen, doch wie "hart" sind die Schwellenwerte und die formulierten Schuldenabbauziele wirklich? Politisch stoßen solche Regeln zudem bei den EU-Südländern aufgrund der deutlich höheren Risikoprämien auf Widerstand, zumal schon im gegenwärtigen System eine große Verschuldungsflexibilität besteht. Es ist zu befürchten, dass in diesem Bereich eine Einigung nur schwer zu finden sein wird.

3. Geordnete Schuldenrestrukturierung

Problemlage: Auslöser der zweiten Welle der Eurokrise war die Insolvenz Griechenlands, mit der man nicht angemessen umgehen konnte. Das Land wurde mit Krediten der anderen Euroländer gestützt. Zwar wurde formal gegen das Bail-Out-Verbot nicht verstoßen, doch die Haftungsrisiken und günstigen Kreditkonditionen kommen einer faktischen Rettung durch die anderen Euroländer sehr nahe. Aus Sicht Deutschlands fehlten Regeln zur Schuldenrestrukturierung und für den Notfall Verfahren für einen geregelten Austritt aus der Währungsunion. Für Frankreich wäre dies undenkbar. Für Berlin wäre, wenn auch nie offensiv vertreten, auch ein Schuldenschnitt (einschließlich Bail-In) bei einem insolventen Gläubigerland denkbar. Paris fürchtet dagegen wie im Falle Griechenlands unabsehbare Ansteckungseffekte, denn über den Bankensektor als wichtigsten Käufer von Staatspapieren könnte ein Schuldenschnitt zu einer allgemeinen Finanzkrise führen. Aus diesem Grund plädiert Paris auch für Eurobonds, denn bei einer Gemeinschaftshaftung ohne Austrittsoption wäre die Spekulation gegenüber einem Land stark eingeschränkt.

Finanzierungsengpässe wären aus dieser Sicht nur temporärer Natur, also keine Solvenz-, sondern eher Liquiditätsprobleme. Deutschland sieht es tendenziell eher umgekehrt. Offen aufgetreten ist dieser Konflikt bei der Zypernkrise (2013), in der erstmals Berlin sich teilweise durchsetzte und ein partieller Bail-In (vor allem wegen der hohen russischen Gelder) vorgenommen wurde. Ein Kompromiss könnte sein, dass man einen Bail-In beim schwächsten Glied (EU-Mitgliedsland oder Bank) zulässt, um entsprechende Disziplinierungs- und Abschreckungswirkungen (keiner will der Schwächste sein) zu erzeugen, aber gleichzeitig auch entsprechende Brandmauern hochzieht, um Ansteckungseffekte zu vermeiden.19

Vorschläge: Die Autoren wollen ökonomische, rechtliche und institutionelle Grundlagen für eine geordnete Schuldenrestrukturierung schaffen, um Ländern, deren Zahlungsfähigkeit nicht durch Hilfskredite mit Auflagen wiederhergestellt werden kann, unter die Arme zu greifen. Neben den schon oben erwähnten Maßnahmen (geringere gegenseitige Abhängigkeit von Banken und Staatsfinanzierung, neue Wertpapiere) sollten zusätzliche rechtliche Regelungen geschaffen werden, um Staaten vor einzelnen Gläubigern zu schützen, die sich nicht an Restrukturierungsvereinbarungen in der Hoffnung beteiligen, ihre Forderungen später voll durchsetzen zu können (Holdouts). Die Politik und die Entscheidungsprozeduren des ESM müssten deshalb sicherstellen, dass Länder mit dauerhaft nicht tragbarer Verschuldung keine Rettungskredite erhalten. Um bei der Einführung solcher Maßnahmen zu verhindern, dass die Märkte für Staatsanleihen destabilisiert werden, wollen die Autoren keine automatische Schuldenrestrukturierung oder keine automatische Laufzeitverlängerung der gesamten Staatsschulden im Fall eines ESM-Programms. Deshalb soll auch die restriktivere ESM-Kreditvergabepolitik nur schrittweise und bei günstigen ökonomischen und finanziellen Rahmenbedingungen und in Kombination mit anderen Maßnahmen zur Risikominderung eingeführt werden.

Realisierungschance: Denkbar wäre, dass man in diesem Bereich einen Kompromiss aushandelt, denn es liegt im Interesse aller, Schuldenkrisen einzelner Länder nicht wieder zu einer Gefahr für die gesamte Währungsunion werden zu lassen. Möglich ist es deshalb, dass der ESM tatsächlich in einen Europäischen Währungsfonds mit entsprechenden neuen Regeln und Kompetenzen (auch Überwachungsfunktion bei den Programmen) umgebaut wird und er einer gewissen demokratischen Kontrolle (Berichtspflicht gegenüber dem EU-Parlament) unterliegt. Mit dem Hinweis, keine automatische Laufzeitverlängerung der Anleihen bei einer Schuldenreduzierung wegen ihrer destabilisierenden Wirkungen vorzusehen, verwirft das Papier die Anregung des deutschen Sachverständigenrates für Wirtschaft, Staatsanleihen mit einer "Creditor Participation Clauses" zu versehen.20 Dies würde schon vorab zu einer weitaus realistischeren Bewertung der Länderrisiken, das heißt zu stärkeren Zinsspreads zwischen europäischen Staatsanleihen führen.21 Die Autoren der deutsch-französischen Ökonomengruppe befürchten dagegen, dass es dadurch zu einer unkontrollierbaren Verschärfung einer Verschuldungskrise kommen könnte.

Eine offene Frage ist zudem, wo die sogenannte Letztabsicherung ("Common Backstop") des Bankenabwicklungsfonds angesiedelt wird. Der Fonds wird schon jetzt schrittweise aufgefüllt. Er soll bis 2023 ein Volumen von 55 Milliarden Euro aufweisen. Das Geld reicht aber nicht, wenn es zu einer systemischen Krise kommt. Die EU-Kommission schlägt vor, dass er beim ESM angesiedelt werden soll und zur Not auf ein Darlehen von 60 Milliarden Euro des ESM zurückgreifen kann. Frankreich ist dafür, Deutschland dagegen, denn in einem Bundesverfassungsgerichtsurteil des Jahres 2014 wird auf die Letztentscheidung des Bundestages bei der Vergabe der Gelder aus dem Fonds verwiesen.22

4. Gemeinsamer Krisenfonds

Problemlage: Wenn die Hauptlast der Krisenbewältigung weiterhin bei der EZB liegt, bleibt die Geldpolitik überfordert. Diese Einschätzung dürfte die deutsche und französische Sichtweise verbinden. Die Bilanz des Eurosystem (die Staatsanleihen werden von den einzelnen Ländern im Auftrag der EZB gekauft) und folglich die Haftungsrisiken würden in der Krise steigen, was zusätzlich Blasenbildungen (Asset Price Inflation) verstärken würde. Während die deutsche Seite eher auf eine Forcierung des Strukturwandels und Haushaltskonsolidierung setzt, sehen die Franzosen Spielräume und Instrumente einer antizyklischen Fiskalpolitik. Beides läge zwar im Moment primär in nationalstaatlicher Hand, wäre jedoch eingebunden in die europäischen Fiskalregeln (siehe oben). Die entscheidende Frage in diesem Kontext ist allerdings, ob es zu einer Art institutionellem Finanzausgleich oder zumindest zu einem robusten europäischen Krisenmechanismus zwischen einzelnen Ländern kommen soll. Denkbar wären Elemente einer gemeinsamen Sozialversicherung (gegen Arbeitslosigkeit wie in den USA) oder ein Krisenfonds. Frankreich ist ein starker Befürworter solcher Vorschläge, Deutschland eher dagegen, denn es befürchtet die schrittweise Einführung einer Transferunion.

Vorschläge: Die deutsch-französische Ökonomengruppe schlägt vor, einen gemeinsamen Fonds einzuführen, der durch Beiträge der Mitgliedstaaten (nicht durch Kreditaufnahme) finanziert wird und teilnehmenden Mitgliedstaaten des Euroraums dabei helfen soll, große wirtschaftliche Krisen aufzufangen. Da kleinere Konjunkturkrisen durch die nationale Fiskalpolitik bewältigt werden könnten, würden Auszahlungen aus dem gemeinsamen Fonds nur dann erfolgen, wenn ein massiver Einbruch der Beschäftigung (oder Anstieg der Arbeitslosigkeit) eine zuvor definierte vergleichsweise hohe Marke überschreitet. Damit der Fonds nicht zu permanenten Transfers führt, sollten Beiträge zu dem gemeinsamen Fonds für diejenigen Länder höher sein, die den Fonds stärker beansprucht haben (Experience Rating). Zusätzlich würde die Teilnahme am Fonds nur Ländern gestattet sein, die sich an die Fiskalregeln und die Vorgaben des Europäischen Semesters halten. Hinzu kommt, dass die Beanspruchung des Fonds künftig höhere Beiträge nach sich ziehen sollte.

Realisierungschance: Deutschland steht weiteren finanziellen Fonds sehr kritisch gegenüber, zumal Zusatzbelastungen im Rahmen des regulären EU-Haushaltes auf alle Nettozahler zukommen, da die britischen EU-Gelder durch den Austritt des Landes ersetzt werden müssen. Allerdings wäre ein solcher Fonds, der auf vorher eingezahlten Beiträgen (jährlich circa 0,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der einzahlenden Länder) besteht und kein Emissionsrecht von eigenen Anleihen besitzt, tatsächlich nur eine recht begrenzte Notfallfazilität. Ein geregelter Finanztransfer oder gar die Möglichkeit einer wirksamen antizyklischen Fiskalpolitik wären damit nicht gegeben. Die in dem Vorschlag formulierten Einschränkungen und Regeln lassen dagegen aus ordoliberaler Sicht einen so weiten Interpretationsspielraum zu, dass eine deutsche Regierung sich sehr schwer tun würde, sich darauf einzulassen. Zudem wäre sein Umfang zu begrenzt, so lautet der Einwand, um wirksam Schocks zu absorbieren. Eine deutliche Schuldenreduktion hätte in dieser Hinsicht größere Wirkungen.23 Aus keynesianischer Sicht werden die Vorgaben dagegen als zu restriktiv, das heißt mit übertriebener Angst vor dem "Moral Hazard" (Fehlanreize aufgrund von finanziellen Zuwendungen) bewertet.24

Es ist möglich, dass ein Kompromiss erzielt wird und die Mittel für Investitionen zur Förderung der Konvergenz erhöht werden. Dies könnte im Rahmen des EU-Haushaltes, der Europäischen Investitionsbank oder des ESM erfolgen. Dabei wäre auch ein Aufbau entsprechender Reserven für Krisenfälle möglich. Über den Einsatz der Mittel könnte ein entsprechendes Gremium (sicher nicht die EIB oder die EU-Kommission alleine) entscheiden. Eine andere Möglichkeit wäre, einen Teil der Mittel des ESM für präventive Maßnahmen zur Förderung der Finanzstabilität in einzelnen Mitgliedsländern einzusetzen. Ein solcher Ansatz wäre mit dem Umbau des ESM zu einem Europäischen Währungsfonds kompatibel. Die Kredit- beziehungsweise Mittelvergabe wäre dann ähnlich wie beim IWF an entsprechende wirtschafts- und finanzpolitische Konditionalitäten geknüpft. Kaum realistisch erscheint der Vorstoß der Chefin des IWF, Christine Lagarde, einen Fonds durch Zahlungen der Mitgliedsländer in guten Zeiten aufzubauen, der 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der jeweiligen EU-Staaten umfassen sollte, um ihn dann in Krisenzeiten einzusetzen. Für Deutschland käme eine Summe von 11,4 Milliarden Euro jährlich zustande, das heißt ein Betrag, der fast der Höhe des deutschen Nettobeitrages zur EU entspräche.25

5. Sichere Wertpapiere für den Euroraum

Problemlage: In Krisen erodiert das Vertrauen in die Schuldentragfähigkeit einzelner Mitgliedsländer. Folglich steigen die Zinsabstände von Staatspapieren im Euroraum und das Kapital flüchtet über Grenzen hinweg. Eine Folge ist, dass die Target-2-Salden emporschießen, da die Leistungsbilanzdefizite nicht mehr über den kurzfristigen freien Kapitalverkehr finanziert werden könnten. Aus französischer Sicht passiert dies, weil deutsche, nicht jedoch südeuropäische Anleihen als sicher gelten. Deshalb ist die Kapitalflucht immer grenzüberschreitend, das heißt von den Peripherieländern in den "sicheren Hafen", das heißt nach Deutschland zu beobachten. Dies ist zwar gut für den deutschen Finanzminister, aber nicht unbedingt für die deutsche Wirtschaft oder den deutschen Sparer.26 Deshalb trat Frankreich immer für Eurobonds ein, denn dann wäre ein länderspezifisches Risiko ausgeschaltet. Für Deutschland ist die Gemeinschaftshaftung von Schulden jedoch ein rotes Tuch. Wie kann das Haftungsprinzip beibehalten und eine Stabilisierung der Märkte erreicht werden ohne eine Gesamthaftung für Europa einzuführen?

Vorschläge: Zur Stabilisierung der Anleihemärkte halten die Autoren es für sinnvoll, ein synthetisches und sicheres Wertpapier für den Euroraum (Euro Area Safe Asset, ESBies/SBBS)27 zu schaffen, das den Investoren eine Alternative zu nationalen Staatsanleihen bietet, ohne dass dabei eine Solidarhaftung der Mitgliedstaaten entsteht. Der Grundgedanke ist, die 19 Staatspapiere der Euroländer zu bündeln (gewichtet nach Prozentanteil des Bruttoinlandsprodukts). Auf Basis dieser Papiere wird eine vorrangige Anleihe und eine nachrangige Anleihe herausgegeben. Die nachrangige Anleihe soll die vorrangige Anleihe schützen. Wenn es zum Schuldenschnitt bei ein bis zwei Ländern kommt, hofft man, dass die nachrangige Anleihe die gesamten Verluste auffängt und damit die erstrangige schützt. "Sicherheit" könnte dadurch erreicht werden, dass Diversifizierung und Vorrangigkeit kombiniert werden. Eine Gruppe von Ökonomen hatte schon 2011 die European Safe Bonds (ESBies) vorgeschlagen.28 Die Einführung solcher Wertpapiere könnte zur Finanzstabilität insbesondere dann beitragen, wenn zeitgleich die oben beschriebene Eigenkapitalunterlegung von Konzentrationsrisiken bei Staatsanleihen eingeführt würde. Dies könnte helfen, einen plötzlichen Einbruch der Nachfrage nach Staatsanleihen zu verhindern. Dem Eindruck einer Solidarhaftung wollen die Autoren durch eine sorgfältige Ausgestaltung der Wertpapiere und das Durchlaufen einer Testphase, bevor diese Wertpapiere in großen Mengen zugelassen würden, entgegenwirken. Eine solche Lösung hätte auch den Vorteil, dass das Bankensystem die ESBies als sichere Anleihe halten könnte. Die enge Verbindung von Banken und Staat (siehe Vorschlag 1) würde damit gelockert, denn das Kapital würde sich nicht mehr über Ländergrenzen, sondern über Anlageklassen bewegen. Damit könnte das gesamte System stabilisiert werden, denn die Zinsschwankungen wären weit weniger stark ausgeprägt und die Stabilisierung würde autonom über die Märkte, das heißt ohne staatliche Interventionen erfolgen.

Realisierungschance: Dieser Vorschlag könnte perspektivisch für alle Seiten interessant sein. Es ist klar, dass einerseits Deutschland niemals Eurobonds zustimmen wird, anderseits ein großer Druck besteht, sichere europäische Wertpapiere zu schaffen, die die Kapitalmärkte stabilisieren, aber die Haftungsrisiken nicht völlig aushebeln. Zudem könnte es eine unterstützende Maßnahme sein, die enge Verknüpfung der nationalen Bankensysteme mit dem Staat zu lockern. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt dürfte der Vorschlag jedoch auch aufgrund umfassender regulatorischer Anforderungen (selbst in einer Testversion) und grundsätzlicher Bedenken seitens Deutschlands keine Chance besitzen.29

Die deutsche Seite befürchtet die Einführung von Eurobonds durch die Hintertür. Dies spiegelt sich in einem Brief des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen an den damaligen Bundesfinanzminister Schäuble vom 20. Januar 2017 wider.30 Darin wird argumentiert, dass es für solche Papiere keine Nachfrage gibt, denn sonst hätte der Markt sie schon geschaffen. Im Kern gehe es um die Abschaffung der privilegierten Behandlung der Staatsanleihen (keine Kapitalhinterlegung) in der Bankenregulierung und nicht um eine implizite Ausdehnung dieser Bevorzugung auf solche synthetischen Wertpapiere, selbst wenn dort eine höhere Risikobeteiligung der Anleger bestände. Letztere könnte nämlich vor allem dann politisch ausgehebelt werden, wenn in einer Krise der Renditeanstieg der Staatsanleihen einzelner Länder politisch nicht mehr akzeptabel erscheinen würde. Dann entstünde der Ruf nach staatlicher Intervention in die Preisbildung und die faktische Aushebelung der vorher vereinbarten Regeln. Die bisherigen Erfahrungen bezüglich des Bruchs der Stabilitätskriterien (Schulden- und Defizitkriterium) ließen ein solches Vorgehen befürchten.

6. Reform der Institutionen des Euroraums

Problemlage: In der Frage der institutionellen Struktur sind die Unterschiede zwischen der französischen und deutschen Sichtweise nicht so gravierend. Die Konfliktlinien verlaufen hier eher zwischen den EU-Mitgliedsländern und der Kommission, denn ihr geht es um die Erweiterung ihrer Machtfülle, was auf Widerstand der Mitgliedsländer stößt. Unstrittig ist, dass die makroökonomische Kontrolle, die Struktur- und Rettungspolitik - im Gegensatz zur Geldpolitik - institutionell nicht klar gestaltet ist. Dies resultiert zunächst aus der Tatsache, dass die Geldpolitik der Eurozone vereinheitlicht, die Fiskal- und Wirtschaftspolitik aber in nationaler Hand verblieben ist. Letztere werden jedoch durch europäische Regeln und Institutionen überwacht. In diesem Spannungsfeld vermischen sich europäische und intergouvernementale Strukturen auf suboptimale Weise. So sind beispielsweise die legislativen und exekutiven Funktionen der Eurogruppe, aber auch die Funktionen der fiskalischen Überwachung und des "Richters" (Verhängung von Sanktionen) zwischen Eurogruppe und der EU-Kommission nicht geklärt. Zudem bestehen viele und mit unterschiedlichen Entscheidungsmechanismen ausgestattete europaweite Foren (Europäische Gipfel, Eurogruppe, ESM-Board). Vielfach ist nicht eindeutig klar, welche Institutionen die Interessen der EU, der Eurozone und der Mitgliedsstaaten repräsentieren. In der gegenwärtigen institutionellen Struktur ist außerdem nicht eindeutig bestimmt, wer wen kontrolliert und es fehlt an Klarheit über demokratische Kontrollmechanismen. Als ein gravierender Mangel wird auch angesehen, dass der ESM und der Fiskalpakt31 nicht zum Geltungsbereich des Europäischen Gerichtshofs gehören.32

Vorschläge: Der Entwurf sieht vor, die Überwachung der nationalen Wirtschaftspolitiken dadurch zu verbessern, dass die Funktion der Beaufsichtigung der Fiskalpolitik (des "Anklägers") und die des politischen Entscheidungsträgers (des "Richters") getrennt werden soll. Für die Überwachung wird eine unabhängige Institution entweder innerhalb der Kommission (zum Beispiel durch einen speziellen Kommissar) oder außerhalb (Letzteres würde allerdings eine Vertragsänderung erfordern) vorgeschlagen. In einem solchen Fall könnte die Rolle der Präsidentschaft der Eurogruppe (des "Richters") der Kommission zufallen (ähnlich wie bei der Außenpolitik mit dem Hohen Vertreter). Die Verantwortung für die Vergabe von Hilfskrediten mit Auflagen für Krisenstaaten sollte vollständig in den Händen eines reformierten und mit angemessenen Kontrollstrukturen ausgestatteten ESM liegen. Neu wäre die Absicht, insofern ein Element politischer Rechenschaftspflicht einzuführen, als beispielsweise der ESM-Direktor gegenüber einem Ausschuss des Europäischen Parlaments die Hilfsprogramme erläutern und rechtfertigen müsste. Allerdings bliebe die finanzielle Kontrolle in den Händen der ESM-Anteilseigner.

Realisierungschance: Diese Vorschläge beinhalten Möglichkeiten zur Einigung, wenn sie nicht eine Änderung der EU-Verträge anvisieren. Aus diesem Grunde dürfte die Überwachung der Fiskalpolitik seitens eines unabhängigen Gremiums wenig realistisch sein. Auch wird sich die EU-Kommission wehren, ihre Kompetenzen abzugeben. Bleibt man im Rahmen der Verträge, dann sind die Vorschläge weder revolutionär noch tangieren sie fundamental das bestehende Institutionengefüge, sondern rationalisieren die Governancestruktur.

In den Verhandlungen wird man sich auf folgende zwei Fragen konzentrieren: Erstens, wird der ESM in einen Europäischen Währungsfonds umgewandelt (siehe oben)? Die Chance besteht, doch die Probleme stecken im Detail. Dabei ist zu diskutieren, ob der Fonds unter Kontrolle der Anteilseigner bleibt und in welcher Weise er auch in das Institutionengefüge der EU (eventuell demokratische Kontrolle beziehungsweise Berichtspflicht gegenüber dem EU-Parlament) eingebunden wird. Auch ist zu klären, ob ein solcher Europäischen Währungsfonds höhere Kompetenzen zur wirtschafts- und finanzpolitischen Überwachung erhalten und zusätzliche Mittel konditioniert zur Krisenprävention, auch bezüglich der Vervollständigung der Bankenunion einschließlich einer Schaffung der Voraussetzungen für eine gemeinsamen Einlagensicherung, einsetzen kann. Zweitens, wird man einen Euro-Finanzminister mit einem eigenen Budget schaffen? Eher unwahrscheinlich, denn zusätzliches Geld müsste bereitgestellt werden und es würde eine weitere Differenzierung zwischen Euroraum und der Rest-EU bedeuten. Deshalb wäre massiver Widerstand vorprogrammiert.

Abschließende Bewertung

Als zentralen destabilisierenden Faktor der Währungsunion wird in dem Papier die Verknüpfung des Bankensystems mit dem Staatssektor angesehen. Ein rein auf Marktdisziplin setzender ordoliberaler (deutscher) Ansatz bestände darin, für Staatsanleihen eine Eigenkapitalhinterlegung wie für andere Anleihen einzuführen und, wie vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vorgeschlagen, Staatspapiere mit einer "Creditor Participation Clauses", die im Krisenfall auch automatisch verlängert werden, zu versehen. Beides kommt für die französische Seite nicht infrage, weil man selbst verstärkende destabilisierende Wirkungen in der Krise prognostiziert. Diese Befürchtung ist einerseits nicht von der Hand zu weisen, anderseits kann man davon ausgehen, dass es im Vorfeld zu einer realistischeren Bewertung der Anlagerisiken führt. Dies wäre ein Ansporn für eine vorsichtigere Ausgabenpolitik der Euroländer. Ein rein marktorientierter ordoliberaler Ansatz müsste Lösungen vorschlagen, die Insolvenz eines Landes ohne größere Verwerfungen abzuwickeln und es gegebenenfalls aus der Währungsunion herauszuführen.

Zur Vermeidung einer unkontrollierten Ausbreitung der Krise müsste man auch dann Mechanismen vorsehen, um Brandmauern zwischen dem Finanzsystem des Krisenlandes und denjenigen der übrigen Euroländern einzuziehen. Dies wäre rein technisch möglich (Kapitalverkehrskontrollen, entsprechende Zusicherungen zur Rettung des restlichen europäischen Bankensystems), doch ein solches Vorgehen wäre immer noch mit hohen Risiken behaftet und mit einer französischen Sichtweise nicht kompatibel. Aus diesem Grunde sind die dem Papier vorgeschlagenen Lösungen innovativ, zumal auch im deutschen Ansatz ein Insolvenzland mit dem Verweis auf die unkalkulierbaren Folgen immer auch ein hohes Drohpotenzial (siehe Griechenland) hat, die marktkonforme Lösung (Insolvenz) auszuhebeln.

Die Autoren des Papiers betonen deshalb auch, dass Maßnahmen der Risikoteilung erforderlich sind, um die Durchsetzung von Regeln zu ermöglichen. In diesem Kontext sind die neuen Finanzprodukte - Accountability Bonds zur Finanzierung der überschießenden Staatsausgaben und die sogenannten ESBies als synthetische Finanzprodukte zur (auch ländermäßigen) Diversifizierung der Bankenportfolios - Innovationen, die Risiko und Haftung einerseits und Elemente der Gemeinschaftshaftung andererseits miteinander verknüpfen würden. Dies wird ergänzt durch Vorschläge zur regulatorischen Verbesserungen im Bankensystem und der geordneten Schuldenrestrukturierung, wobei im Bündel der Maßnahmen auch eine schrittweise und konditionierte Einführung der europäischen Einlagensicherung sinnvoll und möglich ist. Im Kontext dieser Maßnahmen würde die engere Verbindung der jeweiligen nationalen Bankensysteme mit dem Staatssektor geschwächt, der Finanzmarkt stabilisiert und stärker europäisch integriert. Die Bankenunion würde vervollständigt und damit die Währungsunion insgesamt stabiler gestaltet werden.

Eine weiteres fundamentales Defizit der Währungsunion sind die nicht funktionierenden Fiskalregeln. Die verschiedenen in den letzten Jahren reformierten Regelungen ändern nichts daran, dass weder die Defizitziele mit ihrer ex-post-Evaluierung eingehalten noch die anvisierten Sanktionierungen überhaupt durchgesetzt werden. Es dürfte deshalb eigentlich leicht fallen, sich davon zu verabschieden und das flexiblere Instrument der Ausgabenziele gekoppelt an die Vorgaben der Schuldenreduzierung einzuführen, vor allem wenn dies mit entsprechenden marktmäßigen Instrumenten der überschießenden Defizitfinanzierung, den sogenannten Accountability Bonds, verknüpft wird.

Die offene Frage ist jedoch, wie robust und widerstandsfähig das Regelsystem aufgebaut wird. Die vorgeschlagenen institutionellen Regelungen bedürfen der Präzisierung und in einer Variante sogar der Vertragsänderung, was eine entsprechend hohe Hürde darstellt. Die Vorschläge zur Schuldenumstrukturierung sind ausbalanciert, um das No-Bail-Out-Prinzip zu stärken und die Ansteckungseffekte von Krisen abzuschwächen. Der empfohlene Krisenfonds, der sich aus Beitragszahlungen der Mitgliedsländer (mit einer gewissen Risikogewichtung) speist und eher dem marktkonformen Ansatz entspricht, wäre sicherlich ein Beitrag, Ländern in außerordentlichen Krisensituationen zu helfen. Er kann allerdings aufgrund seines begrenzten Umfangs kein Instrument sein, tiefgreifende strukturelle Ungleichgewichte zu überwinden. Die vorgeschlagenen institutionellen Änderungen sind nicht revolutionär, aber sie zeigen verschiedene Optionen auf, die Governancestruktur der Eurozone zu verbessern.

Wie geht es weiter?

Die Vorschläge der deutsch-französischen Ökonomengruppe haben Beachtung gefunden, denn sie laufen darauf hinaus, zwei sehr unterschiedliche wirtschaftspolitische Philosophien durch praktikable Lösungen zu verknüpfen. Dies ist begrüßenswert. All jene, die auf saubere ordnungspolitische Lösungen setzen oder eine wirksame antizyklische Konjunkturpolitik erwarten, werden enttäuscht sein, doch solche Ansätze wären in der politischen Wirklichkeit ohnehin chancenlos, denn sie würden weitreichende Vertragsänderungen erfordern. Letztere sind kaum realistisch, es sei denn, die Eurokrise würde sich so zuspitzen, dass nur weitreichende Schritte hin zur Gemeinschaftshaftung und einer "Politischen Union" die Währungsunion retten könnte. Auf praktikable Reformen zu verzichten, wäre deshalb ein Spiel mit dem Feuer. Deshalb sollten die Vorschläge der deutsch-französischen Ökonomengruppe aufgegriffen und ernsthaft geprüft werden, um die Eurozone zu stabilisieren und die Widerstandsfähigkeit gegen Krisen zu erhöhen.

Eine Gefahr besteht aus deutscher Sicht dann, wenn die Vorschläge nicht als Gesamtpaket behandelt werden, sondern schrittweise durch die Hintertür eine stärkere Gesamthaftung realisiert wird, ohne dem deutschen Anliegen nach einer stärkeren Verknüpfung von Risiko und Haftung entgegenzukommen. Es ist daher davor zu warnen, einzelne Elemente der Reformvorschläge herauszugreifen, ohne die Gesamtwirkungen und Interdependenzen zu berücksichtigen. Umgekehrt besteht aus französischer Sicht die Befürchtung, dass die Mechanismen zur Vermeidung von "Moral Hazard" so stark betont werden, dass die Regeln im Problemfall eher krisenverstärkend wirken. Deshalb gilt auch hier das Gleiche, das heißt die Gesamtheit der Maßnahmen muss greifen, um Elemente der Gemeinschaftshaftung und des Haftungsprinzips zu kombinieren. Dies gilt auch für die Frage, Risikoprävention und Krisenbewältigung miteinander zu verknüpfen.

Im Moment sieht es jedoch so aus, dass ein umfassender Kompromiss im Sinne der deutsch-französischen Ökonomengruppe nicht zustande kommt. Das fiskalische Regelwerk wird man wegen der instabilen politischen Lage in Italien nicht ändern. Die Einführung neuer Anleihen dürfte daran scheitern, dass die französische Seite den Accountability Bonds zu starke Risiken für die Staatsfinanzierung unterstellt. Die deutsche Seite (vor allem bei den ESBies) wird daran zweifeln, dass der dazu erforderliche Regel- und Rechtsrahmen so ausgestaltet wird, dass er auch wirklich eingehalten wird, denn aus Sicht vieler deutscher Politiker und Ökonomen waren Regelverstöße nicht die Ausnahme, sondern der Normalzustand.

Deshalb ist es auch unwahrscheinlich, dass man neue Fiskalregeln und neue Finanzierungsinstrumente einführt. Der durch Beiträge finanzierte Krisenfonds wird an den dafür notwendigen Finanzmitteln scheitern, denn kaum ein Land wird willens sein, zusätzliche Belastungen für mögliche Krisenfälle in der Zukunft auf sich zu nehmen. Wenn keine neuen Finanzierungsinstrumente eingeführt werden und gleichzeitig nicht wenigstens eine begrenzte Eigenkapitalhinterlegung von Staatsanleihen vorgesehen ist, dann wird die starke Verknüpfung der nationalen Bankensysteme mit der Staatsfinanzierung nicht aufgelöst und als destabilisierende Gefahr bestehen bleiben. Zunächst wird die stabilisierende Wirkung einer europäischen Einlagensicherung ausbleiben, denn sie wird erst langsam kommen.

Ergebnisse der Gipfel vom Juni 2018: Geduld und Weiterverhandeln

Der Kompromiss, den Angela Merkel und Emmanuel Macron während der deutsch-französischen Konsultationen am 19. Juni 2018 auf Schloss Meseberg bei Berlin zur Reform der Eurozone ausgehandelt haben, geht in die oben skizzierte Richtung. Er diente als Vorbereitung für den entscheidenden EU-Ratsgipfel am 28. und 29. Juni in Brüssel. Beide Länder wollten gemeinsam auftreten, um im Vorfeld den Vorschlägen ein größeres Gewicht zu geben und deren Realisierungschancen zu erhöhen. Im Wesentlichen konzentrierte sich der Kompromiss auf drei Kernbereiche: Erstens wollte man mehr Geld für Investitionen einplanen, aber deutlich weniger als von Frankreich gefordert. Zweitens sahen beide Seiten die Schaffung eines Europäischen Währungsfonds (EWS) mit größerer organisatorischer und finanzieller Schlagkraft vor. Drittens wollte man weitere Schritte zur Herstellung der Banken- und Kapitalmarktunion mit der langfristigen Einführung einer gemeinsamen europäischen Einlagensicherung vornehmen. Zu den einzelnen Punkten:

1. Investitionsfonds: Die deutsche Seite konnte sich kaum der Forderung nach höheren Investitionsmitteln zur Förderung der Konvergenz und zur Überwindung von strukturellen Ungleichgewichten entziehen. Angela Merkel hatte zuvor in einem Interview Anfang Juni 2018 die deutsche Position hierzu abgesteckt: Der schon im Koalitionsvertrag vereinbarte Investivhaushalt für die Eurozone, ausgestattet mit Mittel im "unteren zweistelligen Milliardenbereich", sollte kommen. Dabei blieb zunächst noch offen, ob die zusätzlichen Mittel innerhalb oder außerhalb des EU-Budgets verwaltet werden soll.33 Zudem war unklar, woher das Geld kommen soll, das heißt aus höheren nationalen Beiträgen, aus Umschichtungen des EU-Haushaltes oder neuen Einnahmequellen.34

2. Europäischer Währungsfonds (EWF): Der ESM sollte gemäß Vereinbarung zu einer Art Europäischer Währungsfonds (eventuell mit anderem Namen) ausgebaut werden und ein zusätzliches Mandat zur Prävention, Krisenbewältigung (Schuldenrestrukturierung) und zur konditionierten Finanzunterstützung sowie zur Überwachung der Vervollständigung der Bankenunion (einschließlich der gemeinsamen Einlagensicherung) erhalten. Neben langfristigen Krediten sollte der EWF auch kurzfristig (fünf Jahren) Kredite für Krisenstaaten gegen Auflagen, in begrenzter Höhe und mit vollständiger Pflicht zur Rückzahlung, vergeben. Dies würde voraussetzen, dass der künftige EWF in der Lage ist, die volkswirtschaftliche Situation der Mitgliedsländer aus eigener Kompetenz heraus zu beurteilen, was einen entsprechenden organisatorischen Aufbau voraussetzen würde. Zentral war für die deutsche Seite, dass man den EWF (wie den ESM) dann zwischenstaatlich, das heißt mit entsprechenden Kontrollrechten der nationalen Parlamente, organisiert. Damit würde der EWF neben der EU-Kommission, die schon jetzt die Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Länder beurteilt, zu einer tragenden Säule der Architektur der Eurozone werden.35

3. Banken- und Kapitalmarktunion: Der ESM beziehungsweise EWF sollte nach Vorstellungen von Merkel und Macron auch das europäische Finanzsystem insofern stärken, als die letzte Absicherung des gerade im Aufbau befindlichen Bankensicherungsfonds, der für die Abwicklung maroder Banken zuständig ist, dort angesiedelt werden sollte. Unklar blieb, wer über dessen Einsatz entscheidet. Eine europäische Einlagensicherung wird aufgrund des Drängens der deutschen Seite erst später anvisiert, denn sie soll nur langfristig im Zuge des Abbaus der notleidenden Kredite und der Sanierung der Bankensysteme in einzelnen Ländern etabliert werden. Hierzu sollen die entsprechenden Überwachungsfunktionen ausgebaut werden.36

Die Vorschläge stießen wie erwartet auf Kritik. In Deutschland publizierten schon vor dem deutsch-französischen Treffen in Meseberg, wohl in Kenntnis wesentlicher Vorschläge, eine Gruppe von 154 Ökonomen - darunter auch sehr prominente Wissenschaftler wie Hans-Werner Sinn - einen Aufruf, der den weiteren Ausbau einer Haftungs- und Transferunion befürchtete.37 Bestätigt wird die distanzierte Haltung deutscher Ökonomen bezüglich wesentlicher Zielrichtungen der Euroreform in einer Umfrage des ifo-Institutes unter 129 Professoren für Volkswirtschaftslehre. Konkretisiert wurden die Kritikpunkte nach dem Gipfel von vier deutschen Wirtschaftswissenschaftlern.38 Hier nur einige wenige Punkte: Sie beanstandeten unter anderem, dass die als Option formulierte Überführung des ESM (beziehungsweise EWF) in EU-Recht und die anvisierte Letztabsicherung bei der Bankenrettung durch den ESM, die nationalen Parlamente in ihren Haushausrechten beschneide und eine Haftungs- und Transferunion (zusammen mit der gemeinsamen Einlagesicherung) herstelle. Gleiches gelte für den Aufbau eines Eurobudgets oder den angedachten gemeinsamen Fonds zur Arbeitslosenhilfe in Krisen­situationen.39 Auch in der CSU stießen die Vorschläge mit ähnlichen Argumenten auf Widerstand.40 Vielfach wird auch darauf verwiesen, dass weitgehend nur Formelkompromisse gefunden wurden und das Papier von Unklarheiten (unter anderem zum Eurobudget) durchsetzt sei.41

Symptomatisch für den weiteren Verlauf war, dass es auf der Sitzung der Europäischen Finanzminister am 21. Juni 2018 in Luxemburg zu einem offenen Streit darüber kam, wie der Arbeitsauftrag zur Vorbereitung des Gipfels am 28. und 29. Juni 2018 zu interpretieren und was von dem deutsch-französischen Papier zu halten sei.42 Offensichtlich hat Deutschland die Meinungsführerschaft der EU-Nordländer verloren, denn gleich nach dem Gipfel schickte der niederländische Finanzminister im Namen seiner Amtskollegen aus Belgien, Luxemburg, Österreich, Finnland, den drei baltischen Staaten sowie den Nicht-Eurostaaten Schweden und Dänemark eine E-Mail an den Eurogruppenchef Mário Centeno, in der ein Eurobudgets abgelehnt und die Voraussetzungen für die Weiterentwicklung der Bankenunion (einschließlich der gemeinsamen Einlagesicherung) und des ESM als noch nicht erfüllt angesehen wurden.

Die deutsch-französischen Vorschläge kamen viel zu spät, um die großen Meinungsunterschiede im Vorfeld des Gipfels zu überwinden. Hierzu hat sicherlich auch die politische Unerfahrenheit des Eurogruppenchefs Mário Centeno beigetragen. Es lag also nicht nur an der Aktualität des Asylthemas, weshalb auf dem EU-Gipfel am 28. und 29. Juni 2018, der eigentlich ganz im Zeichen der Verabschiedung einer Euroreform stehen sollte, die Diskussion über dieses Thema auf nur zwei Stunden anberaumt war und die Abschlusserklärung hierzu nur eine gute halbe DIN-A4-Seite füllte.43

Schließlich hat man sich nur darauf verständigt, dass die Bankenunion fortgeführt und die Letztabsicherung des Bankenabwicklungsfonds beim ESM angesiedelt werden soll. Zusätzlich zu den von den Banken bis 2014 selbst einzubringenden 60 Milliarden Euro soll der gleiche Betrag seitens des ESM im Notfall zur Verfügung stehen. Über die konkreten Entscheidungsprozesse soll im Dezember auf einem EU-Gipfel entschieden werden. Macron drängte auf einen früheren Termin im Oktober, scheiterte jedoch. Auch die anderen offenen Fragen, einschließlich der gemeinsamen Einlagesicherung, werden erst im Dezember verhandelt, das heißt sie wird also nicht so schnell kommen. Die Forderung nach einem Extrahaushalt der Eurozone war so umstritten, dass sie gar nicht in der Abschlusserklärung erwähnt wurde. Der Streit darüber dürfte in die Verhandlungen zur mittelfristigen Finanzplanung 2021 -2017 integriert werden, das heißt ein Extra-Eurobudget dürfte eher unwahrscheinlich sein.44

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist nicht abzusehen, wie rasch und in welcher Ausprägung die weitere Reform der Eurozone sich gestalten wird. Ein großer Wurf ist nicht zu erwarten, eher ein schrittweises Vorgehen. Die Vorschläge von Meseberg können durchaus ein Beitrag zur Stabilisierung der Eurozone sein, wenn auch nicht so umfassend wie es die deutsch-französische Ökonomengruppe intendiert hatte. Es könnte aber auch sein, dass wieder erst der Druck der Ereignisse bestimmte mutigere Reformschritte erzwingt. Die Angst vor einer sofortigen umfassenden Reform wird auch dadurch geschürt, dass einzelne Länder (im Moment Italien) die Währungsunion und ihre grundlegenden Prinzipien infrage stellen. Zudem besteht die Sorge, dass nach dem Brexit sich die politischen Gewichte auf Kosten Deutschlands weiter zugunsten der EU-Südländer verschieben könnten. Doch diese Hinweise mögen zwar das Bewusstsein zur Formulierung eigener Positionen und Strategien schärfen, doch ein Kompromiss muss gefunden werden, will man nicht ein Vabanquespiel eingehen und den Zerfall der Währungsunion riskieren.

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