Digitalisierung im Turbomodus
Corona als Beschleuniger für Technik und Gesellschaft
Die Coronakrise hat die Digitalisierung in Deutschland beschleunigt. Welche Auswirkungen hat das auf die Gesellschaft? Ist die Technik nachhaltig? Und wie gut ist die Politik auf den Digitalisierungsschub vorbereitet? Antworten auf diese Fragen haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer beim Expertengespräch "Die Krise als Beschleuniger" der Akademie für Politische Bildung, der Gesellschaft für Informatik und der Initiative D21 gesucht.
Tutzing / Tagungsbericht / Online seit: 15.10.2020
Von: Anna-Lena Engelen / Foto: Anna-Lena Engelen
Programm: Die Krise als Beschleuniger: Technik und Gesellschaft im Turbomodus
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"Technik und Digitalisierung haben es uns ermöglicht, unser Leben während der Coronakrise weiterzuführen", sagt Cornelia Gottbehüt, Vorständin der Initiative D21 und Leiterin des Öffentlichen Sektors bei EY. Durch Home-Office konnten viele Menschen während des Lockdowns ihre Arbeit fortsetzen. Schüler und Studierende lernten mithilfe von Home-Schooling von daheim. Selbst im Bereich der Unterhaltung hat die Technik einiges geboten: Gottbehüt hat zum Beispiel per Zoom an einem digitalen Bier-Tasting teilgenommen. Inwieweit die Digitalisierung durch die Coronakrise fortgeschritten ist und welche Auswirkungen das auf Gesellschaft und Technik hat, war Thema des Expertengesprächs "Die Krise als Beschleuniger" der Akademie für Politische Bildung, der Gesellschaft für Informatik und der Initiative D21.
Digitalisierung als Retter in der Krise?
Technik kann nicht nur das gesellschaftliche Leben aufrechterhalten, sie kann auch zur Diagnose und Bekämpfung von Krankheiten beitragen. Stefan Taing ist Geschäftsführer der M3i GmbH, die sich mit klinischen Daten für die Medizintechnik beschäftigt. "Es ist wichtig, Daten zu sammeln", sagt er. Mit ihrer Hilfe können medizinische Geräte und Verfahren entwickelt werden. Taing berichtet von der Digitalen Biobank, die anonymisierte Patientendaten von Kliniken an eine Cloud weitergibt. Auf diese Datensätzegreift beispielsweise eine Künstliche Intelligenz zurück, um Karzinome zu diagnostizieren. Transparenz, klare Regeln und die Chancen-Risiko-Abwägung stehen dabei im Vordergrund.
Technik allein ist keine Lösung
"Wir brauchen nicht noch mehr Digitalisierung", sagt auch Dominik Herrmann, Professor für Privatsphäre und Sicherheit in Informationssystemen an der Universität Bamberg. Er wünscht sich mehr Digitalisierungskompetenz statt vermehrten Technikeinsatz. Zum Beispiel sollen Lehrkräfte für digitale Lehrformate qualifiziert werden. Plattformbetreiber handeln nicht uneigennützig und versuchen, an möglichst viele Benutzerdaten zu gelangen. Deshalb fordert Herrmann mehr gemeinwohlorientierte Subventionen und selbstbetriebene Plattformen, zum Beispiel Schulclouds. Insgesamt sei mehr Verbraucherschutz durch Aufklärung und Transparenz nötig.
Nachhaltige Technik
"Digitalisierung darf nicht unreflektiert betrachtet werden, wir müssen über eine nachhaltige Entwicklung nachdenken", sagt auch Gottbehüt. Knapp die Hälfte der Weltbevölkerung ist ans Internet angebunden, Tendenz stark steigend. Die Verbreitung technischer Geräte produziert nicht nur Unmengen Elektroschrott, sondern verbraucht auch immer mehr Energie. Gottbehüt schlägt deshalb vor, mit der Abwärme von Rechenzentren beispielsweise Schwimmbäder zu heizen.
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