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Die Sprache von Forschung und Lehre

Neue Publikation aus der Reihe Tutzinger Studien zur Politik

Weltweit wird Englisch als Wissenschaftssprache dominanter. Welche Auswirkungen hat diese Entwicklung auf die deutsche Wissenschaft? Der neueste Band der Tutzinger Studien zur Politik "Die Sprache von Forschung und Lehre - Lenkung durch Konzepte der Ökonomie?" diskutiert, ob die deutsche Sprache in der Wissenschaft noch zukunftsfähig ist.

Tutzing / Publikation / Online seit: 23.09.2020

Von: Lukas Bäurle

Buchbestellung beim Verlag: Die Sprache von Forschung und Lehre

Ursula Münch / Ralph Mocikat / Siegfried Gehrmann / Jörg Siegmund (Hrsg.)
Die Sprache von Forschung und Lehre
Lenkung durch Konzepte der Ökonomie?
Tutzinger Studien zur Politik, Baden-Baden, 2020


Im Jahr 2015 waren rund 95 Prozent der sozialwissenschaftlichen Publikationen in der Datenbank des Web of Science auf Englisch. Unter den naturwissenschaftlichen Veröffentlichungen waren es sogar 98 Prozent. Im Juni 2017 scheiterte ein Antrag zur Förderung des Deutschen als Wissenschaftssprache kurz vor der Abstimmung im Deutschen Bundestag. Wird die deutsche Sprache von der englischen aus Wissenschaft und Forschung verdrängt?

Der 16. Band der Tutzinger Studien zur Politik "Die Sprache von Forschung und Lehre - Lenkung durch Konzepte der Ökonomie?" beschäftigt sich mit der zunehmenden Dominanz der englischen Sprache und der einhergehenden Ökonomisierung der Wissenschaft. Entstanden ist die Publikation im Rahmen der gleichnamigen Tagung an der Akademie für Politische Bildung in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Deutsch als Wissenschaftssprache (ADAWIS) und dem Zentrum für europäische politische Bildung Zagreb (ZEB).

Sprache beeinflusst politische Bildung

"Die Frage, in welcher Sprache geforscht und gelehrt wird, ist auch für die politische Bildung wichtig", schreiben Akademiedirektorin Ursula Münch und ihr persönlicher Referent Jörg Siegmund. Nur mit Hilfe der Sprache kann die politische Bildung ihre Vermittlungsarbeit zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit leisten. Deshalb bringt die Anglophonisierung nicht nur Probleme für die Wissenschaft selbst, sondern auch für die politische Bildung hervor. Zu den Schwierigkeiten bei der Übersetzung kommt hinzu, dass die Sprache Kultur und Werte beeinflusst. Daher kann die wissenschaftliche Erkenntnis bei der Vermittlung in verschiedenen Sprachen unterschiedlich ausfallen.

Englisch als Weltsprache der Wissenschaft?

Andererseits finden Wissenschaft, Forschung und Politik weltweit statt. Um globale Phänomene zu untersuchen und zu vermitteln, braucht es eine einheitliche Sprache. Das Englische hat sich dabei als Wissenschaftssprache etabliert und setzt sich auch in Deutschland zunehmend durch. Ist somit die deutsche Sprache in Wissenschaft und Forschung überflüssig geworden?

Keineswegs. Die Autoren der Publikation betonen die Wichtigkeit einer mehrsprachigen Wissenschaftslandschaft. Durch Forschung und Veröffentlichung in der Landessprache bleiben die Forschungsergebnisse für die breite Öffentlichkeit verständlich. Gleichzeitig beobachten die Autoren kritisch, dass Wissenschaft, Forschung und Hochschulen sich ökonomisieren und wettbewerbsorientierter arbeiten. Diesen zunehmenden wirtschaftlichen Druck setzen die verschiedenen Beiträge mit der Dominanz der englischen Sprache in Zusammenhang und warnen vor der Internationalisierung und Wettbewerbsprägung von Wissenschaft. Sie sprechen sich dafür aus, die deutsche Sprache in Wissenschaft und Forschung zu erhalten und zu fördern.

Mehr Deutsch im Studium

Als Maßnahme haben die Autoren auf der Tagung ein Abschlussdokument erarbeitet. In den "Tutzinger Forderungen zur Sprache der Lehre an deutschen Hochschulen", sprechen sie sich für eine Ergänzung des Hochschulgesetzes der Bundesländer aus. Alle Studiengänge an deutschen Hochschulen sollen vornehmlich in deutscher Sprache angeboten werden. Für Master-Studiengänge und das Studium fremdsprachlicher Kulturen sollen Ausnahmen gelten.

Die Schriftenreihe Tutzinger Studien zur Politik will mit wissenschaftlichem Anspruch, didaktisch fundiert und in allgemeinverständlicher Form Veränderungen in der politischen und gesellschaftlichen Ordnung analysieren und für einschlägige Reformideen sensibilisieren. Ihr Fokus gilt den sich wandelnden inneren Funktionsbedingungen von Demokratien und den Konstellationen einer sich neu ausrichtenden globalen Ordnung. Die Studien sollen dazu befähigen, politische Zusammenhänge besser zu verstehen und aktiv an der Mitgestaltung unserer Gesellschaft und politischen Ordnung teilzuhaben.

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