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Handwerk statt Buzzwords

15. Tutzinger Radiotage

Das Rad der digitalen Möglichkeiten dreht sich immer schneller, Inhalte verlagern sich auf Online-Plattformen und neue Medienformate entstehen. Wie verbessert man bereits bestehende Formate und findet unverbrauchte Themen? Auf den 15. Tutzinger Radiotagen diskutierten rund 50 Journalistinnen und Journalisten die Gestaltungsmöglichkeiten des Radios von morgen.

Tutzing / Tagungsbericht / Online seit: 18.09.2019

Von: Natalie Weise / Foto: Natalie Weise

Programm: Tutzinger Journalistenakademie 15. Tutzinger Radiotage: Handwerk statt Buzzwords

15. Tutzinger Radiotage: Handwerk statt Buzzwords

Flickr-Galerie © Akademie für Politische Bildung Tutzing. Bitte klicken Sie auf das Foto, falls die Galerie nicht lädt. Sie werden zu Flickr weitergeleitet.

"Ich als Journalistin habe keine Haltung", sagt Gudrun Riedl in ihrem Impulsvortrag der Tutzinger Radiotage. Keine Haltung zu haben bedeutet für sie, Themen mit einer professionellen Distanz zu begegnen. Besonders bei der Recherche sei es wichtig, sich mit allen Positionen auseinanderzusetzen. Die stellvertretende Leiterin von BR24 ist überzeugt, dass man das Vertrauen der Menschen durch Transparenz und sorgfältige Recherche gewinnt.

"Mir wäre der Begriff Kompass lieber", ergänzt Michael Bröcker, Chefredakteur der Rheinischen Post. Für ihn sind Demokratie, Freiheit und Menschenrechte die Leitlinien des Journalismus. Bröcker unterstreicht, dass man natürlich keinen 360-Grad-Journalismus anbieten kann, "aber man muss sich zur Distanz zwingen".

Satireshows als Ersatzjournalimus?

Wieso sind Satiresendungen derzeit so erfolgreich? Als "barrierefreies Kabarett" beschreibt Autor Dietrich Krauß seine Show "Die Anstalt". Denn man muss kein Insider sein und jahrelang das politische Geschehen verfolgen, um die Witze in der Sendung zu verstehen. Die Autoren legen im Entstehungsprozess großen Wert auf faktische Richtigkeit, arbeiten sich in die Themengebiete ein und lassen die Inhalte auf Richtigkeit prüfen. "Wir sind kein Ersatz für den Journalismus", setzt Kraus aber den Stimmen entegegen, die Satireshows als primäres Informationsmedium sehen. Da "Die Anstalt" nur einmal pro Monat ausgestrahlt wird, biete sie keinen aktuellen Überblick.

Publikumsbindung durch neue Formate

"Podcasts sind ein gutes Format, um Zuhörer an sich zu binden", erklärt Jan Kawelke. Zusammen mit Vassili Golod moderiert er den Podcast Cosmo Machiavelli, der die Lieblingsthemen der beiden, Rap und Politik, verbindet. "Die Leute haben das Gefühl, dass sie mit uns in einem Raum sind und fast mitreden können", sagt Golod. Viele Zuhörer erzählen, dass sie der Podcast auch in ganz privaten Momenten begleitet, beispielsweise beim Kochen oder Einschlafen.

Die Verbundenheit mit dem Publikum kann Christina Metallinos, Redakteurin der News-WG, bestätigen. Viele junge Erwachsene folgen dem Projekt des BR auf Instagram. Die Protagonisten der WG erklären in Storys und Beiträgen täglich ein politisches Thema. Der Account möchte die junge Generation unterstützen, "sich im Datenjungle zurecht zu finden". Dabei werden komplexe Themen von Grund auf erklärt. "Schließlich kann man von niemanden erwarten, dass er weiß, was ein Fraktionsvorsitzender ist", findet Metallinos.

Handwerk: Von Faktenchecken bis zum guten Kollegengespräch

"Wir wollen so transparent wie möglich machen, woher wir unsere Informationen haben", sagt Faktencheckerin Cristina Helberg über ihre Arbeitsweise bei Correctiv. Belege wie Fotos, E-Mails und Screenshots seien essentiell, um die Wahrhaftigkeit einer Story zu beweisen. Helberg zeigte in ihrem Workshop die wichtigsten Tools, die beim Überprüfen von Informationen helfen. Beispielsweise die "wayback machine", in der Nutzer Websiten archivieren können.

Till Opitz trainierte mit den Radiojournalisten das Kollegengespräch. "Wichtig ist, wer sind die Zuhörer", erklärt er. Während des Dialogs sollten die Moderatoren auf die Umgangssprache der Zielgruppe achten, damit das Gespräch natürlich wirkt.

Tutzinger Talente berichten von den Radiotagen

Multimedial begleitet wurden die Tutzinger Radiotagen von den sechs Tutzinger Talenten, die bereits Erfahrung in der Medienbranche gesammelt hatten - von Social Media Marketing bis Radio. "Alle probieren mal jeden Bereich aus", berichten die Talente Leonie Leun und Melanie Jasper. So war die Aufgabenverteilung während der Tagung an jedem Tag unterschiedlich. Die Talente führten Interviews, hielten Momente auf Instagram und Twitter fest und berichteten über die Workshops auf ihrer Website.

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