Seite an Seite durch die Verfassungsgeschichte
Deutsch-koreanischer Austausch über politische Bildung und Verfassung
Deutschland und Korea verbindet die Teilung des Landes und eine ähnliche Verfassungsgeschichte. In Tutzing traf sich eine Delegation südkoreanischer Juristen mit Verfassungsrechtlern und Vertretern der Akademie für Politische Bildung, um sich darüber auszutauschen.
Tutzing / Aus der Akademie / Online seit: 08.05.2019
Von: / Foto: Beate Winterer
Programm: Internationale Akademie: Politische Bildung und Verfassung
"Deutschland und Korea liegen geografisch zwar weit entfernt, verfassungsgeschichtlich sind wir aber nebeneinander geschritten", sagt Seon-Taek Kim, Direktor des Forschungszentrums für Parteienrecht an der Korea Universität in Seoul. Beide Länder erhielten vor 100 Jahren ihre erste Verfassung, Deutschland die Weimarer Reichsverfassung und Korea, damals japanische Kolonie, eine provisorische Verfassung der Exilregierung in Shanghai. 1948 folgte für die Koreaner mit der Unabhängigkeit eine weitere Verfassung, für die der Text aus Weimar als Vorbild diente. Das deutsche Grundgesetz trat ein Jahr später in Kraft. Und nachdem Südkorea 1987 mit dem Ende der Militärherrschaft eine neue Verfassung und eine die erste demokratisch gewählte Regierung erhalten hatte, feierten die Deutschen wenig später Mauerfall und Wiedervereinigung. Als "schicksalhaft" bezeichnet Kim dieses Parallelität.
Zusammen mit einer Delegation aus Juristen ist er nach Deutschland bekommen, um sich mit Vertretern der Akademie für Politische Bildung und Verfassungsrechtlern auszutauschen, unter ihnen der eheamlige Präsident des Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier und der ehemalige Präsident des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs Karl Huber. Die Fragestellung der Tagung: Wie kann politische Bildung die freiheitlich-demokratische Ordnung und damit die Verfassung schützen?
Immer wieder ging es in den Vorträgen und Diskussionen auch um die Teilung Deutschlands und Koreas in Ost und West bzw. Nord und Süd. Unter anderem besuchte die Delegation das ehemals geteilte Dorf Mödlareuth in Thüringen. "Wir können von Deutschland lernen, was Annäherung und Wiedervereinigung betrifft", betont Bum Goo Jong, Botschafter der Republik Korea in Deutschland. Dabei erinnert er an den "Wandel durch Annährung", den SPD-Politiker Egon Bahr 1963 nur wenige Meter vom Ort der aktuellen Tagung entfernt forderte, nämlich an der Evangelischen Akademie in Tutzing. Gleichzeitig appellierte Jong an die Bundesregierung: "Ich würde mir wünschen, dass Deutschland als Vermittler für den Frieden auf der koreanischen Halbinsel auftritt."
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Was für die Deutschen seit fast 30 Jahren glücklicherweise Vergangenheit ist, stellt für unsere Delegation südkoreanischer Juraprofessoren bis heute schmerzhafte Gegenwart da: die Teilung des eigenen Landes. Exkursion mit @APBTutzing nach #Mödlareuth. pic.twitter.com/ZObmjtIZJt
— Ursula Muench (@MuenchUrsula) 5. Mai 2019