Tiefgang (und Treffen) am See
Gartenfest der Akademie / Direktorin Ursula Münch über Populismus, demografische Entwicklung und Digitalisierung als Herausforderung für die Demokratie
Tutzing / Aus der Akademie / Online seit: 22.07.2017
Von: Sebastian Haas
So viele Freunde, so eine Freude - 450 Gäste trafen sich an einem lauen Sommerabend im Rosengarten der Akademie. Dabei kam die politische Bildung nicht zu kurz. 3D bestimmte die Ansprache von Akademiedirektorin Prof. Dr. Ursula Münch, oder besser gesagt, drei Ds: Demokratie, Demografie und Digitalisierung.
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Das erste D, die Demokratie, ist derzeit herausgefordert durch Populismus und Nationalismus und wird vor allem geschützt durch eine aktive Zivilgesellschaft und eine unabhängige Justiz. "Institutionen zu haben, die unbequem sind, ist unabdingbare Voraussetzung funktionierender Gewaltenteilung und einer freiheitlichen Demokratie", erklärte Ursula Münch und fügte hinzu: "Wir erleben in diesen Tagen im EU-Mitgliedstaat Polen einen höchst befremdlichen und besorgniserregenden Eingriff in die Freiheit der Justiz. Dieser Eingriff stellt auch die Europäische Union vor eine massive Herausforderung: Schließlich ist die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union keine innere Angelegenheit."
Ein Mitgliedstaat, der kein Rechtsstaat ist, hat keinen legitimen Platz in dieser Union. Prof. Dr. Ursula Münch zur verfassungspolitischen Entwicklung in Polen.
Das zweite D, die Demografie, werde von der bundesdeutschen Gesellschaft verdrängt. Bisher habe man auch in der Akademie verkündet: Wir werden älter, weniger und bunter. Doch die Migrationsbewegung der vergangenen Jahre hat den Bevölkerungsrückgang aufgehalten, macht die Gesellschaft bunter als je zuvor - und verschafft damit den Populisten Zulauf, die auf Homogenität und Identität setzen. Zudem hat es Auswirkungen auf die Demokratie, da ein nennenswerter Teil der Bevölkerung zwar dauerhaft hier lebt, arbeitet, Steuern und Sozialbeiträge bezahlt, aber mangels Staatsbürgerschaft von der Hauptform demokratischer Teilhabe ausgeschlossen ist. "Ob und wie wir mit diesem Ungleichgewicht umgehen, wird nicht nur die künftige Stimmung in unserem Land massiv beeinflussen, sondern auch die Legitimität unseres politischen Systems", meint Münch.
Das dritte D, die Digitalisierung, hat das Potenzial, den Elitenverdruss in großen Teilen der Bevölkerung weiter zu schüren. Denn sie verändert sowohl unsere Kommunikation als auch etablierte Geschäftsmodelle, und damit die Ansätze der Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik. "Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erwarten von der Politik Rahmenbedingungen, damit die digitale Welt auch Arbeitswelt für alle bleibt, damit die Digitalisierung nicht als Projekt wahrgenommen wird, dessen Vorteile nur den oberen Zehntausend zu Gute kommen", erläuterte Münch. Politisch denkende Menschen sollten sich die zentrale Frage stellen: Wer hat die ökonomische und wer hat die politische Macht, die neue Plattform-Ökonomie und -Kommunikation zu kontrollieren? Das sei die Voraussetzung, um der einen Macht eine mögliche Gegenmacht entgegenzustellen.
Gäste unseres Gartenfests waren unter anderem
- Mitglieder unseres Förderkreises, Kuratoriums und Beirats.
- Der Bundestagsabgeordnete Klaus Barthel (SPD); aus dem Bayerischen Landtag die Landesvorsitzende der BayernSPD Natascha Kohnen, unser ehemaliger Dozent Michael Piazolo (Freie Wähler) sowie die CSU-Abgeordneten Otmar Bernhard, Klaus Stöttner und Ute Eiling-Hütig, die zugleich Mitglied unseres Kuratoriums ist; dazu kamen von der FDP die frühere Bundesministerin der Justiz Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sowie der frühere Bayerische Wirtschaftsminister Martin Zeil.
- Wichtige Kooperationspartner und Partnerinstitutionen: vom Bayerischen Landtag bis zur Gesellschaft für Informatik, von der Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung Dillingen bis zum Bayerischen Philologenverband, von der Europa-Union München bis zur Universität Passau.
- Aus dem Konsularischen Korps des Freistaats Bayern dessen Generalsekretär Friedemann Greiner und die Generalkonsuln Renato Gianfarani (Italien), Peter-Alexander Vermeij (Niederlande) und Sugandh Rajaram (Indien).
- Wirtschaft und Verwaltung: Brigitta Brunner, Regierungspräsidentin von Oberbayern; Heidrun Piwernetz, Regierungspräsidentin von Oberfranken; Franz-Josef Benedikt, Präsident der Hauptverwaltung Bayern der Deutschen Bundesbank; Hans-Joachim Bues, Leiter der Unternehmenskommunikation des Flughafens München.
- Für die Musik eines gelungenen Abends sorgten Monika Olszak (Saxophon und Querflöte) und Barbara Jungfer (Gitarre).
Neue für den Förderkreis
Vor allem veranstalten wir unser Gartenfest für die Mitglieder unseres Förderkreises. Dieser unterstützt seit 1988 Projekte und Anschaffungen der Akademie, die aus Mitteln des öffentlichen Haushalts nicht zu realisieren sind (alle Informationen zur Mitgliedschaft finden Sie hier). Seit der Gründung hatte den Vorsitz Gernot Abendt inne, der sein Amt nach 29 überaus verdienstvollen Jahren niedergelegt hat. Ihm folgt als Vorsitzender nun Ernst Lindl nach, zweiter Vorsitzender bleibt unser Altdirektor Heinrich Oberreuter. Dazu kommen Schatzmeister Herbert Klein, Protokollführerin Sigrid Friedl-Lausenmeyer und als weitere Vorstandsmitglieder Akademiedirektorin Ursula Münch, Elisabeth Dörrenberg und Renate Heinz (Organisationsaufgaben).
Auf dem Gruppenfoto von unserem Gartenfest unten sehen Sie von links nach rechts: Den Landtagsabgeordneten Klaus Stöttner (CSU), Patricia Riekel (Ex-Chefredakteurin der BUNTE), Helmut Markwort (Mitherausgeber des FOCUS), der ehemalige bayerische Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP), unser Kuratoriumsmitglied und Landtagsabgeordnete Ute Eiling-Hütig (CSU), Akademiedirektorin Ursula Münch, den Starnberger Landrat Karl Roth, die Vorsitzende der Hanns-Seidel-Stiftung und stellvertretende Vorsitzende unseres Kuratoriums Ursula Männle, die Ehefrau von Rudolf Mellinghoff, die Vorsitzende der BayernSPD Natascha Kohnen, der Präsident des Bundesfinanzhofs Rudolf Mellinghoff, Generalkonsul Sugandh Rajaram (Indien), Generalkonsul Renato Gianfarani (Italien), der ehemalige Spitzenkandidat der BayernSPD Franz Maget, die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), der Bundestagsabgeordnete Klaus Barthel (SPD) und der Landtagsabgeordnete Otmar Bernhard (CSU).
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