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Gesellschaft. Sucht. Alkohol.

Eine interdisziplinäre Tagung gemeinsam mit der Studienstiftung des deutschen Volkes

Mehrere Korken liegen in einer silbernen Schale

Tutzing / Tagungsbericht / Online seit: 28.09.2017

Von: Sebastian Meyer

Foto: Sebastian Meyer

# Politische Philosophie

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Flickr APB Tutzing

© Akademie für Politische Bildung Tutzing

In Europa ist ein mediteraner sowie skandinavischer Trinkstil zu erkennen, wie Psychologe Gerhard Bühringer (TU Dresden) zu Beginn festhält. Während der Süden Europas besonders beim Essen zum Glas greift, stößt der Norden eher bei Festivitäten an. In Deutschland vermischen diese Stile, was zu einer weitereichenden Verankerung in der Öffentlichkeit führt. Alkohol ist in Zusammenhang mit Bräuchen und Angewohnheiten also ,,viel mehr als der berühmte Seelenklempner für Menschen in Problemlagen". Diese tiefe Verankerung und Akzeptanz führt zu einer gesellschaftlichen Konditionierung, welche im Einzelfall hohe Erwatungen an die Substanz stellen lässt.

Konstante im Zeitraffer

Bereits bei der Erforschung alter Stämme zeigt sich: Exzessives Rauschtrinken am Festtag ist kein Phänomen der Gegenwart. Als der Historiker Hasso Sprode (TU Berlin) den Alltag von Ägyptern, Germanen, Griechen und Römern beschreibt wird klar: häufig wurde ,,kontrolliert die Kontrolle aufgegeben". Im Vergleich zu den detaillierten Ritualen der Geschichte sei das heutige binge drinking, besser bekannt als Koma-Saufen, tatsächlich regellos. Sprode zeichnete einen Abriss der Chronik von Bier- und Weinvölkern und umreißt den Einfluss von Aristoteles, Augustinus, Luther, den Amerikanern sowie Nazionalsozialisten. Er betont, dass über den Umgang mit Rauschmitteln ein schwer zu fassender Zeitgeist entscheide - niemals aber die Forschung, die Medien oder gar die Politik.

Gefahren und Relevanz

Peter Lang von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung berichtet über Konsequenzen des übermäßigen Rauschkonsums. Derzeit sind in Deutschland etwa 1,7 Millionen Menschen abhängig von Alkohol. ,,Es benötigt also einen gesellschaftlichen Lernprozess, um die Zahl zu verringern". Diese Aufgabe sei schwierig, denn Alkohol ist "legal, leicht zugänglich und nur selten direkt tödlich", konstatiert Lang. Zentrales Ziel der gesundheitlichen Aufklärung ist demzufolge die Beantwortung der Frage: Wie kann jungen Leuten ein Bewusstsein für die Gefahren vermittelt werden? Die Vorgänge der Stoff- und Wechselwirkungen beim Alkoholkonsum erklärt Alexander Dietrich (Pharmakologie LMU München). Das Belohnungssystem des Körpers nimmt beim Kontrollverlust einen immensen Stellenwert ein, wodruch auch aus der Toxikologie die Brücke zur Begründung des Rauschtrinkens geschlagen werden kann.

Zwischenfachliche Diskussion - und Verkosten

Auf dem Podium debattierten Lothar Ebbertz (Vertreter des Brauerbundes, München), Tobias Effertz (Institut für Recht der Wirtschaft, Hamburg), Ulrich Schroth (Jura, LMU München) und Brigitte Veiz (Psychotherapeutin, Autorin) zur Bedeutung und Zukunft des Umgangs mit Alkohol. Aufkläung, beispielsweise geschaffen durch Psychologiestunden in Schulklassen, sei ein wichtiges Mittel zur Prävention und einer Bewusstseinsbildung für Suchtkrankheiten. Dennoch ist der Erfolg dieser einseitigen Strategie nicht der Weisheit letzter Schluss - ebensowenig wie eine Erhöhung der Alhoholpreise.

Trotz aller theoretischer Perspektiven wurde den Stipendiaten die ursprünglich organisierte Weinprobe nicht unterschlagen. Die Somelieré Marie-France Richard führte die Teilnehmer zur abendlichen Stunde historisch, geografisch und nicht zuletzt geschmacklich durch Europa und die Welt.

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