EuropaPolitik erleben!

Eine Politiksimulation zur Europäischen Union

Passau / Tagungsbericht / Online seit: 01.03.2016

Von: Teresa Rupp

# Europäische Integration, Politiksimulationen

Die Teilnehmer der trinationalen Schülerakademie und ihre Organisatoren Daniel Göler, Andreas Kalina und Robert Lohmann posieren für ein Gruppenfoto. Die vordersten Schüler und Schülerinnen halten eine Europaflagge hoch

Die Teilnehmer der trinationalen Schülerakademie und ihre Organisatoren Prof. Daniel Göler, Dr. Andreas Kalina und Robert Lohmann (links)

Brüssel mitten in Niederbayern. Zumindest während der trinationalen Schülerakademie „EuropaPolitik erleben!“, die nun schon zum wiederholten Mal in Passau stattfand.  Rund 55 Schülerinnen und Schüler durften an der dortigen Universität Europapolitik hautnah erleben. Im Rahmen einer Politiksimulation, einer Art Planspiel, wurden die Teilnehmer zu Mitgliedern des Ministerrats, der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments und verhandelten über die Datenschutz-Grundverordnung.


Trinationales Schülerforum? Gleich zu Beginn stellte Planspielleiter Robert Lohmann fest, dass unter den Teilnehmern aus den drei EU-Staaten Tschechien, Österreich und Deutschland auch noch - ganz im Sinne der EU - weitere Nationen, nämlich Rumänien und Bulgarien, vertreten sind. Er motivierte die Schüler: "Lassen Sie sich darauf ein." Denn die Politiksimulation lebt vor allem von einem: vom Mitmachen!

Erste Lesung

Und voller Einsatz war auch schon gleich zu Beginn mit der ersten Lesung im Europäischen Parlament und den Vorverhandlungen im Ministerrat gefragt. Der Gesetzesvorschlag zur Datenschutz-Grundverordnung wurde diskutiert. Gibt es ein Recht auf Vergessenwerden? Wie sieht es mit dem Schutz von Kindern und Jugendlichen aus? Wer ist zuständig bei Beschwerden und wie hoch sollen die Strafen bei Verstößen sein? Der Rat der Europäischen Union diskutierte lautstark. "Man kann durch ein Verbot Kindern die Neugier nicht nehmen", war der irische Minister überzeugt. "Ein Kind kann nicht selbst über seine Daten entscheiden", konterte Bulgariens Ministerin. Das Europäische Parlament verhandelte derweil noch über die Unterscheidung zwischen sensiblen und unsensiblen Daten. "Am Anfang ist es schwierig, sich in die Rolle hineinzuversetzen", meinte eine Schülerin. Aller anfänglichen Scheu zum Trotz legte das Parlament schließlich seine Änderungsvorschläge dem Ministerrat vor, die anschließend jedoch mit 27 Gegenstimmen direkt abgelehnt wurden. Harte Realität. Die Komplexität europäischer Entscheidungsprozesse wurde den Teilnehmern allmählich deutlich.

Die Zukunft von "Projekt Europa"

In der Verhandlungspause gab Professor Daniel Göler vom Jean-Monnet-Lehrstuhl der Universität Passau den Schülern einen Überblick über Strukturen und Entscheidungsprozesse in Europa. In Zeiten zunehmender Europakritik und drohenden Brexits ist die Zukunft der EU ungewiss. Gölers persönliche Prognose lautet: "Ich glaube nicht, dass es zu einer Auflösung Europas kommt. Die Probleme in der globalisierten Welt werden immer komplexer und können von den Staaten nicht allein gelöst werden."

Datenschutz in Deutschland und Europa

"Was ist der Unterschied zwischen Mark Zuckerberg und Scheich Rashid von Dubai?", fragte Christian Flisek, SPD-Obmann im NSA-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags zu Beginn seines Festvortrags am Abend. Die Antwort scheint simpel: beide gründeten zwar ihren Reichtum auf Rohstoffquellen.

"Daten sind ein Rohstoff und sie sind vielleicht der Rohstoff des 21. Jahrhunderts", Christian Flisek, MdB

Während jedoch Öl wie im Fall von Scheich Rashid eine endliche Ressource sei, seien Daten ein täglich nachwachsender Rohstoff. "Die Frage, wer über den Datenrohstoff verfügt, wird für die Wohlstandsverteilung entscheidend sein", prognostizierte Flisek. Wichtig sei jedoch, dass personenbezogene Daten kein freies Gut darstellten. Daher gelte als Prämisse des Datenschutzes: Daten müssen dort geschützt werden, wo sie gespeichert werden. "Es gibt keinen 'safe-harbour' in den USA für europäische Daten", stellte der SPD-Obmann fest. Darüber hinaus sei "ausspähen unter Freunden das Alltagsgeschäft der Geheimdienste". Trotz allem appellierte er: "Wir sollten die Debatte nicht nur als Angst-, sondern auch als Chancen-Debatte führen."


Bildergalerie

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