Gesellschaft - Macht - Banken

60 Stipendiaten der Studienstiftung des deutschen Volkes zu Gast in der Akademie für Politische Bildung

Tutzing / Tagungsbericht / Online seit: 31.05.2016

Von: Christine Petrus

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Flickr-Galerie © Akademie für Politische Bildung Tutzing

Bereits zum fünften Mal kooperierten Studienstiftung des deutschen Volkes und Akademie für Politische Bildung mit der Intention, Themen von hoher gesellschaftlicher Relevanz und Brisanz aufzugreifen, zu analysieren und lebendig zu diskutieren. Unter dem Motto „Gesellschaft. Macht. Banken.“ sind wir den Wirkungszusammenhängen zwischen Gesellschaftsmodell und Finanzwelt auf den Grund gegangen.

Die Eröffnungsvorträge von Prof. Dr. Hendrik Hansen (Andrassy Universität Budapest) und Prof. Dr. Stefan Kooths, Leiter des Prognosezentrums des Kiel Institute for the World Economy dienten den Teilnehmern als erster Einstieg in die komplexe Thematik. Hansen gab einen Überblick über die ideengeschichtlichen Perspektiven von Aristoteles über Adam Smith, Karl Marx, John Maynard Keynes bis Milton Friedmann. Er referierte über das verloren gegangene Vertrauen der Bürger in die Finanzwelt, das zu einem grundsätzlichen Vertrauensbruch in die westlichen Demokratien führen kann. Stefan Kooths ging in seinem Vortrag über Wachstumsglaube und Wachstumsskepsis der Frage nach, ob und inwiefern Finanzmärkte für Wachstum sorgen. Der Wert von Kapitalgütern hänge davon ab, welche Konsumgüter damit produziert werden können. So seien Kapitalgüter nicht per se nützlich, sondern nur solche, die wiederum Konsumgüter produzieren. Zur Niedrigzinspolitik äußerte sich Kooths kritisch. So sei billiges Geld zwar immer sehr populär, würde aber nur die nächste Krise vorbereiten. Nicht die geplatzte Immobilienblase sei die Ursache der letzten Finanzkrise, sondern vielmehr die vorhergehende extensive Kreditexpansion. Vor allem die Manipulation des Zinsniveaus führe zu einer Verzerrung in der Realwirtschaft und der Finanzwirtschaft.

Dynamiken in Finanzwesen und (westlichen) Gesellschaften

Privatdozent Dr. Georg Eckert von der Bergischen Universität in Wuppertal erläuterte die Geschichte der Banken. Da Geld noch lange als unreiner Gegenstand galt, wurde auch die Kreditvergabe an Randgruppen wie zum Beispiel Juden ausgelagert. Erste Bankgründungen nahmen Kaufleute wie die Medici und Fugger vor. Eckert bilanzierte: „Banken machen Gesellschaft – Banken dynamisieren aber auch Gesellschaften. Jede Bank hat die Gesellschaft die sie verdient, aber auch jede Gesellschaft die Bank, die sie verdient“.

Thema von Prof. Dr. Paul Windolf (Universität Trier) war der Strukturwandel der Wirtschaftselite im 20. Jahrhundert. Prof. Reint E. Gropp, Ph.D., Präsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung in Halle, thematisierte Marktversagen und Politikversagen während der Finanzkrise 2008/2009. Konkret behandelte er die Frage nach den Anreizen der unterschiedlichen Akteure und lokalisierte die Entstehung der Finanzkrise im Jahre 2002: ursächlich sei das in den USA betriebene „redlining“ und der von George W. Bush verabschiedete „housing act“. Außerdem wurde über die Rolle der Ratingagenturen und der Nationalbanken, sowie die Problematik von ökonomischen Prognosen und die Gefahr einer Überregulierung diskutiert. Dr. Martin Hüfner, Chefvolkswirt bei Assenagon Asset Management S.A. (zuvor Chefvolkswirt bei der HypoVereinsbank und der Deutschen Bank in München) sprach zur Zukunft der Banken und einer Welt ohne Bargeld.

Unter der Lupe: Finanzwelt, Politik und Gesellschaft

Der Dokumentarfilm „Master of the Universe“ nahm die Zuschauer mit in die Parallelwelt der Finanzen. Hauptdarsteller Rainer Voss erklärte komplizierte Sachverhalte und Mechanismen, welche die „Deal Makers“ in den „Trading Rooms“ beschäftigen, und warum es zur Finanzkrise kam. Er erzählte von den Dreharbeiten, nahm aber auch deutlich zur Mythenbildung in der Finanzwelt Stellung wie dem „Märchen von der unsichtbaren Hand“, dem wundersamen Mechanismus des Marktes. Jedoch sei „ein freier Markt genauso unrealistisch wie ein Einhorn oder Elfen“. Der Erfolg der Finanzmärkte würde nicht durch die unsichtbare Hand gesteuert, sondern beruhe auf Intransparenz und asymmetrischen Informationen. Die Banker hätten sich immer weiter von der Wirklichkeit entfernt.

Den zweiten Teil der Veranstaltung verbrachten die Stipendiaten der Studienstiftung in vier Gruppen, die sich – inspiriert durch einen Impulsvortrag – in die folgenden Themen einarbeiteten:

  • Macht und Gegenmachtbildung – Finanzialisierung und Finanzmarktregulierung
  • Der Euro als immerwährende Baustelle? Herausforderungen der europäischen Geldpolitik
  • Geldsystem und Gesellschaftmodell – Soziologie des Finanzmarktes und der Banken
  • Umgestaltung des Finanzsystems? Eine kritische Diskussion einiger radikaler Vorschläge zur Regulierung der Geld und Finanzmärkte

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