Schön oder gut?
Architekt Christoph Mäckler über Architektur und Stadtplanung zwischen Ethik und Ästhetik
Coburg / Tagungsbericht / Online seit: 02.02.2015
Von: Michael Spieker
# Kommunalpolitik, Kultur
Warum sind heute viele Orte, auch solche, die gerade neu bebaut wurden, von einer ausnehmenden Hässlichkeit? Die Akademie für Politische Bildung veranstaltete in Coburg gemeinsam mit der Hochschule Coburg, der Universität Bamberg und der Coburger Landesbibliothek eine Tagung über das Spannungsfeld zwischen Nützlichkeit und Schönheit in Architektur und Stadtplanung.
Schönheit ist eine Notwendigkeit für ein gelingendes Leben, lautet das Fazit der philosophischen Diskussion, die am Anfang der Tagung stand. Die Umsetzbarkeit zeigten verschiedene Architekten auf, indem sie erklärten, wie wieder schönere Räume gestaltet werden könnten. Darüber sprach auch der bekannte Architekt Christoph Mäckler, der zuletzt durch die „Kölner Erklärung“ zum Städtebau hervorgetreten war. Mit seinem Vortrag zum Thema "Schön und schlecht, gut und hässlich? Überlegungen zum Spannungsfeld von Ethik und Ästhetik in Coburg und anderswo" lockte er mehr als 120 Zuhörer in den Andromeda-Saal im Schloß Ehrenburg. Auch Vertreter der lokalen Politik nahmen regen Anteil an der Diskussion, vor allem über die Zukunft des ehemaligen Coburger Schlachthofareals.
Mäckler sprach über die Ursachen der Unwohnlichkeit zeitgenössischer Städte: Hier fehle eine umfassende und kluge Planung. Das hatte zuvor schon die „Kölner Erklärung“ konstatiert: „Deutschland war noch nie so wohlhabend, seine Stadträume aber noch nie so armselig. Die Planungssysteme waren noch nie so ausgefeilt, die Bürger aber erhielten noch nie so wenig städtebauliche Qualität.“
Weil das Handwerkszeug dafür an den Universitäten schon seit 50 Jahren nicht mehr gelehrt werde, müsse der Aufbruch zur Verschönerung der Städte in der Ausbildung von Planern und Architekten gemacht werden. Grundlegendes wie die Proportions- und Farblehre müssten wieder beachtet werden, wenn der öffentliche Raum, „unser gemeinsames Wohnzimmer“, gut und schön werden soll. Gelungenen gestalterischen Lösungen lag stets eine öffentliche Stadt- und Bauplanung zugrunde, die genau wußte, welche baulichen Elemente an der Ecke eines Blocks zu verwenden sind, um ihn einladend wirken zu lassen; oder wie die Fassaden und Hauseingänge gestaltet werden müssen, damit man sich gut orientieren kann und Begegnungsräume eröffnet werden.
Kleinteiligkeit und Vielfalt waren Prinzipien der „europäischen Stadt“, so konnte auch ein weniger schönes Gebäude von dem gelungenen Bauwerk neben ihm gleichsam aufgehoben werden. Die durch Eigentumskonzentration und Renditeorientierung von Investoren bestimmte Veränderung vieler Städte lässt dafür keinen Raum mehr. Ein weiteres Problem sah Mäckler darin, dass Architekten vielfach eher ihre Selbstverwirklichung beabsichtigten statt den zu bebauenden Raum in seiner vielfältigen Einheitlichkeit zu beachten, von der sie lediglich ein Teil sind.
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