Die Politische Bildung intensivieren
Studienrätin Barbara Weishaupt möchte Jugendliche für Politik begeistern
Tutzing / Aus der Akademie / Online seit: 25.11.2014
Von: Michael Schröder
# Politische Bildung
Seit September 2014 arbeitet die Studienrätin Barbara Weishaupt (33) als abgeordnete Lehrkraft zunächst befristet für ein Jahr an der Akademie. Sie betreut schulbezogene Projekte und kümmert sich um das Themenfeld Bildungspolitik. Wir sprachen mit der neuen Kollegin, die in Regensburg Englisch und Sozialkunde studiert hat.
Wo sind sie aufgewachsen und zur Schule gegangen?
Weishaupt: Aufgewachsen bin ich auf einem Pferdehof in Jettingen, zwischen Augsburg und Ulm. Und Abitur habe ich an einer kleinen Klosterschule gemacht. Danach habe ich erstmal gearbeitet, um mir das nötige Geld für eine Weltreise zu verdienen. Ich war ein Jahr mit dem Rucksack unterwegs.
Wo waren Sie überall?
Hauptsächlich in Australien und Neuseeland. Dort habe ich Äpfel gepflückt oder in Hostels mitgeholfen, um kostenlos wohnen zu können. Sechs Wochen war ich auf einer Pferdefarm und habe für Touristen Ausritte in einem Naturschutzgebiet organisiert. Das war traumhaft.
Hatten Sie Lust in Australien zu bleiben, statt zum Studium nach Deutschland zurückzukehren?
Ich wollte unbedingt dableiben. Aber meine Mutter war so schockiert, dass ich es ihr zuliebe gelassen habe.
Was waren in der Schule Ihre Lieblingsfächer?
Deutsch und Englisch. Wir hatten gar keine Sozialkunde. Nur Geschichte, weil es keine Lehrer gab. Ich stamme aus einem sehr politischen Elternhaus, daheim wurde viel diskutiert. Für Politik habe ich mich immer sehr interessiert. Ich wollte auf jeden Fall etwas mit Politik studieren.
An welchen Schulen waren Sie nach dem Studium?
Mein Referendariat habe ich am Gisela-Gymnasium und am Pestalozzi-Gymnasium in München gemacht. Im Einsatzjahr war ich am Annette-Kolb-Gymnasium, einem Sozialwissenschaftlichen Gymnasium in Traunstein, wo es ja viel mehr Sozialkundestunden gibt als bei anderen Ausbildungsrichtungen. Es ist mir sehr schwer gefallen, da wieder weg zu müssen.
Für Sozialkundelehrer ein Traumjob.
Ja, aber leider gibt es davon viel zu wenige. Am Max-Born-Gymnasium in Germering habe ich dann meine erste Anstellung bekommen.
Was hat Sie motiviert, sich an unsere Akademie zu bewerben?
Politische Bildung in der Schule findet in einem sehr begrenzten Rahmen statt. Ich suche hier für mich neue intellektuelle Anregungen und möchte von Politik noch mehr mitbekommen, als es an der Schule möglich ist. Und ich möchte andere Lehrer unterstützen, um die politische Bildung an Schulen zu intensivieren. Die Kombination aus Schule und Akademie ist sehr reizvoll. Ich unterrichte ja nach wie vor auch noch an der Schule.
Vermissen Sie die Schule?
Ich vermisse den Kontakt mit meinen Schülern über den Unterricht hinaus. Ich bin jetzt leider nicht mehr Verbindungslehrerin und habe mein Begabtenförderprogramm abgegeben.
Was ist an der Arbeit hier besonders reizvoll?
Die Freiheit an der Akademie finde ich super. Ich bekomme keine fertigen Projekte vorgesetzt, ich kann meine Ideen einbringen.
Was muss sich bei der Politischen Bildung am Gymnasium in Bayern ändern?
Wir brauchen mehr Stunden und müssen früher damit anfangen. Um Interesse für Politik zu wecken, ist die 10. Klasse viel zu spät. Der Lehrplan ist ja grundsätzlich in Ordnung aber es fehlt die Zeit, sich mit aktuellen Themen zu beschäftigen.
Gibt es ein Lieblingsprojekt für die nächsten Monate?
Ich möchte ein Seminar anbieten, bei dem die Ausweitung der Politischen Bildung unter den gegebenen Rahmenbedingungen im Vordergrund steht. Die Politische Bildung muss über den eigentlichen Unterricht hinaus an der Schule institutionalisiert werden. Am liebsten wäre es mir, wenn wir dafür auch die Direktoren und die Schulentwicklungsteams ins Boot holen könnten. Wir müssen weg vom Engagement Einzelner. Die Verbesserung der Politischen Bildung muss eine Aufgabe der ganzen Schule, des gesamten Kollegiums werden. Möglichkeiten dafür aufzuzeigen, wäre mein Traum.
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