Landesentwicklung und Kommunen
Maly und Söder kamen zum Kommunalpolitischen Forum ins Nürnberger Rathaus
Nürnberg / Tagungsbericht / Online seit: 18.11.2014
Von: Sebastian Haas und Beryll Kunert
# Kommunalpolitik, Bayern, Verfassungsfragen
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Flickr-Galerie © Akademie für Politische Bildung Tutzing
Die Landesentwicklung bietet der Bayerischen Staatsregierung ein Instrument, um im Freistaat gleichwertige Lebensbedingungen in Stadt und Land sicherzustellen. Mittelfristige Entwicklungsziele werden im Landesentwicklungsprogramm aber nicht klar benannt – auch angesichts komplexer Aufgaben im Zuge des demografischen Wandels und der Energiewende. Über optimale Bedingungen einer Partnerschaft von Kommunen und Landesentwicklung haben Akademie für Politische Bildung Tutzing und Bayerischer Städtetag im Nürnberger Rathaus diskutiert.
Der Bayerische Staatsminister für Finanzen, Landesentwicklung und Heimat Markus Söder eröffnete unsere Tagung mit einer Charakterisierung des Freistaats als Region höchster Prosperität, aber unterschiedlicher Entwicklungsgeschwindigkeit. Ballungsräume wie Nürnberg und München wachsen, Landkreise wie Wunsiedel verlieren eine enorme Zahl an Einwohnern, aber auch manch ländliche Region boomt, oder blutet regelrecht aus. Wie und wem kann die Landesentwicklung helfen? „Sie kann Hoffnung auf Zukunftschancen wecken, den ländlichen Raum aktivieren“, meint der Staatsminister. Seine Ansatzpunkte:
- die gemeinsame Arbeit an den kommunalen Finanzen (wie die versprochenen 1,5 Milliarden für die Asyl- und Flüchtlingsarbeit der Kommunen)
- der Breitbandausbau („Ohne digitale Entwicklung wird auf dem Land nichts passieren“)
- ein sinnvoller Einsatz von Bebauungsplänen („Die nördliche Oberpfalz darf nicht nur eine schöne Region für Wölfe und Bären sein, sondern auch für die Menschen“)
- die gezielte Förderung von Wirtschaft, Wissenschaft und Bildung in den Regionen („Ein Landesentwicklungsprogramm hat keinen Effekt, wenn sich keine Betriebe ansiedeln“). Ähnliches gelte auch für Kultureinrichtungen und staatliche Behörden.
All diese Vorschläge lassen sich in einer gemeinsamen Landesentwicklung von Kommunen, Regionen und Staatsregierung festschreiben. Die politische Realität sieht aber anders aus, gibt Markus Söder zu bedenken: „Entscheidend ist oft, wie sich die jeweiligen Bürgermeister und Landräte im Prozess der Meinungsbildung durchsetzen.“
Der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly, wies beim Kommunalpolitischen Forum auf die Stärke der ländlichen Räume und ihrer zentralen Orte hin. „Die Zukunft Bayerns ist stark mit ihnen verbunden, sie prägen das Bild einer gesamten Region und spiegeln die Vielfalt im Freistaat.“ Auf der grünen Wiese Factory-Outlets zu bauen halte jedenfalls weder die Abwanderung noch den demografischen Wandel auf. Maly setzt wie Söder auf eine Strukturpolitik, die attraktive Anker schafft: Behörden, Hochschulen und Außenstellen von Forschungseinrichtungen als Impulsgeber für die Regionen. „Neue Bildungseinrichtungen stoßen auf lange Sicht Innovatives an und geben dem Kulturleben in den einzelnen Städten neue Impulse“, meint Maly.
Zentral war Malys Forderung nach der ordnenden Hand des Staates in der Landesentwicklung, die feste Leitplanken schafft, die verhindert, dass Infrastrukturpolitik sich dem Spiel der Märkte beugen muss. Denn die größte Kunst eines Bürgermeisters sei es inzwischen, „dem zu widerstreben, der mit den meisten Geldscheinen winkt“. Eine Sichtweise, die Staatsminister Söder zu ängstlich erscheint. Er setzt auf Flexibilität und meint: „Man muss doch dankbar sein, wenn überhaupt jemand investieren will.“
Den Nachmittag kommunalpolitischer Fachvorträge eröffnete der Ehrenvorsitzende des Bayerischen Städtetags Josef Deimer. Das Thema von Professorin Gabi Troeger-Weiss (Lehrstuhl für Regionalentwicklung und Raumordnung an der TU Kaiserslautern) lautete „Landesentwicklung und kommunale Daseinsvorsorge“. Um die so unterschiedlichen ländlichen Räume zu „Hotspots“ zu machen, empfahl sie vor allem eines: Visionen – und zwar vor allem bei den Themen Bildung, Medizin und Pflege, Öffentlicher Nahverkehr und Nahversorgung. Den Kommunen formulierte sie Leitlinien für die Arbeit: Flexibel sein, nicht neidisch sein, experimentierfreudig sein, vielfältig sein, vernetzt arbeiten, die Bürger beteiligen und eigene Marken ausbilden. Gerade in Zeiten der Europäisierung und Privatisierung öffentlicher Aufgaben sei es aber notwendig, die kommunale Daseinsvorsorge verstärkt in staatliche Vorgaben einzubetten. Möglich sei beispielsweise eine Initiative zur Stärkung der bayerischen Regionen bis zum Jahr 2030.
Über konkrete Regionalentwicklungskonzepte und EU-Förderung sprach Dieter Karlin, Direktor des Regionalverbands Südlicher Oberrhein. Der Regionalverband entwirft Pläne zur Regionalförderung und sieht sich als Impulsgeber für Städte und Gemeinden, um gesamtregionale Projekte zu planen und durchzusetzen. Auch grenzübergreifende Projekte mit Frankreich und der Schweiz werden vom Regionalverband geleitet. Karlin betont die Verfügbarkeit hoher Fördergelder der Europäischen Union für territoriale Zusammenarbeit. Die EU habe beispielsweise die Breitbandinitiative in Baden-Württemberg zu 75 Prozent finanziert.
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