Der G7-Gipfel: Weltpolitik in Bayern

Gespräche zwischen Polizei, Medien und Politik, unter anderem mit Staatskanzleichef Marcel Huber

Tutzing / Tagungsbericht / Online seit: 07.11.2014

Von: Beryll Kunert

# Bayern, Globalisierung

Download: Weltpolitik zu Gast in Bayern: Der G7-Gipfel in Schloss Elmau

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Staatsminister Dr. Marcel Huber sprach an der Akademie für Politische Bildung Tutzing.

Nur vermeintlich von der Öffentlichkeit abgeschieden veranstalten im Juni 2015 die Staats- und Regierungschefs der weltweit führenden Industrienationen ein Großereignis auf Schloss Elmau in Oberbayern: den G7-Gipfel. Sie werden versuchen Lösungsansätze für zumindest einige große politische wie wirtschaftliche Fragen zu finden. Diese Zusammenkunft von Angela Merkel, David Cameron, Shinzõ Abe, François Hollande, Stephen Harper, Giorgio Napolitano und Barack Obama stellt eine Herausforderung für Polizei, Politik und Medien dar. Eine Tagung in der Akademie für Politische Bildung Tutzing in Zusammenarbeit mit der Deutschen Polizeigewerkschaft Landesverband Bayern e.V. zeigte diese Herausforderungen sowie rechtliche, soziale und historische Hintergründe auf.

Dr. Marcel Huber, Leiter der Bayerischen Staatskanzlei und Staatsminister für Bundesangelegenheiten und Sonderaufgaben, sprach von der Bedeutung des Gipfels generell und für Bayern im Besonderen. Der Gipfel sei eine große Chance für den Freistaat, da auch die gute und zuverlässige Arbeit der bayerischen Polizei national wie international anerkannt sei. Die Brisanz der Zusammenkunft ergebe sich aus den Teilnehmerländern, die bei nur elf Prozent Anteil der Weltbevölkerung zwei Drittel des Weltsozialprodukts stellten. 

Der Gipfel als Sinnbild der Globalisierung

Professor Elmar Rieger (Universität Bamberg) sprach über den G7-Gipfel als Sinnbild der Globalisierung, denn die G7 (oder vormals G8) seien Träger des Internationalen Währungsfonds, der Weltbank und der Welthandelsorganisation, der gesamten Weltwirtschaft. Die Globalisierungskritik sei demnach eine Verteidigung demokratischer Kontrolle gegenüber der kapitalistischen Marktwirtschaft. Somit gehe es bei Anti-Globalisierungs-Bewegungen auch immer um die Innenpolitik eines Staates. Demokratie und Kapitalismus seien aber generell schwer zu vereinen. Außerdem sei der Markt nicht sozial. Die EU und der G7-Gipfel seien entdemokratisierend und entpolitisierend. Ob ein Gipfel ruhig oder voller Gewaltausbrüche abläuft, hänge vor allem von der Agenda ab, die das Gastgeberland stelle.

Professor Andreas Bönte, Programmbereichsleiter des BR, betrachtete die mediale Inszenierung von Großereignissen. Die Macht der Medien habe bereits 1938 ein Radio-Hörspiel des Buches „War of the worlds“ bewiesen, da es große Teile der Bevölkerung für eine wirkliche Nachricht hielten und aus den Großstädten flohen. Die neuen Plattformen wie Twitter und Facebook verkomplizierten wahrheitsgetreue Berichterstattung oft, da Quellen und Hintergründe beispielsweise von kurzen Videosequenzen aus einem Kriegsgebiet unklar seien.  Journalistisch kritische Distanz zu wahren sei daher immens wichtig. Dies gelte auch für den G7-Gipfel, da Schloss Elmau und seine Alpenkulisse von der Politik bewusst gewählt seien, um sich selbst zu inszenieren und der Welt Einigkeit zu demonstrieren.

Der Gipfel und seine Gegner

Den juristischen Rahmen von Bundeswehreinsätzen im Inland stellte Laura Münkler von der Ludwig-Maximilians-Universität München dar. Ein Einsatz der Bundeswehr im Inneren kann (nach Art. 87a Abs. 2 Grundgesetz) nur bei besonderen Gefahrensituationen erfolgen, und das passiert öfter als üblich angenommen. Es handle sich aber meist um Amtshilfe, also Versorgungseinsätze. Der Einsatz beim G8-Gipfel in Heiligendamm 2007 sei höchst umstritten gewesen. Neben der Präsenz von bewaffneten Soldaten, sei vor allem der Einsatz von Tornado-Flugzeugen und Überwachungswagen kritisiert worden. Ob es einen Einsatz der Bundeswehr beim kommenden Gipfel in Elmau geben werde, sei noch unklar.

Unsere Podiumsgäste, die bayerische Grünen-Fraktionsvorsitzende Margarte Bause, Stefan Kornelius (Leiter Ressort Außenpolitik der Süddeutschen Zeitung) und Benedikt Franke (Leiter der Stiftung Münchner Sicherheitskonferenz) nahmen unterschiedliche Positionen zur Sinnhaftigkeit des Gipfels ein. Bause bezeichnete den Gipfel als „Zusammenkunft der Weltelite von gestern“ und hält die Kosten im Verhältnis zum Nutzen für übermäßig. Franke widersprach und betonte, dass der Gipfel ein Forum sei, das realisierbare Lösungen hervorbringe. Sechzig Prozent der Versprechungen, die der letzte Gipfel gab, seien tatsächlich eingehalten worden. Kornelius sieht den Gipfel als Pflege einer Wertegemeinschaft, spricht sich aber dafür aus, die Pompösität der Veranstaltung zu reduzieren. Das Wichtigste sei vor allem Aufklärungsarbeit über den Gipfel in der Bevölkerung zu leisten. Einig war man sich darüber, dass es besser wäre, Russland am Gipfel teilnehmen zu lassen. 

Zum Abschluss gab Cornelia Alberts einen realitätsnahen Einblick in die Vorgaben und Auswirkungen der EU-Arbeitszeitvorschriften auf die Polizei. Wichtig sei, dass das EU-Recht auch für Beamte gelte und zeigte anhand einiger Beispiele, dass Polizisten ihr Recht vor dem Europäischen Gerichtshof einklagen können.


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