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Ist Populismus ansteckend?

Episode 2 unseres Podcasts mit Ursula Münch

In Krisenzeiten hat der Populismus üblicherweise Hochkonjunktur. Doch trotz Corona ist die Zustimmung zur Arbeit der Bundes- und Landesregierungen so hoch wie lange nicht mehr. Welche Gefahren birgt der aktuelle Notstand für die Demokratie? Wie funktioniert die Kontrolle der Exekutive in Zeiten der Allgemeinverfügung? Könnte die Stimmung im Land umschwenken wie 2015? Oder hilft die neue Solidarität in der Coronakrise sogar, die gesellschaftliche Spaltung zu überwinden? Diesen Fragen geht Akademiedirektorin Ursula Münch in der zweiten Episode unseres Podcasts nach.

Tutzing / Podcast / Online seit: 09.04.2020

Von: Beate Winterer / Foto: APB Tutzing

Podcast-Transkript "Ist Populismus ansteckend?" als PDF

Podcast

Beate Winterer: Willkommen! Wir sind heute schon bei der zweiten Folge von unserem neuen Podcast Akademie fürs Ohr aus der Akademie für Politische Bildung in Tutzing am Starnberger See. Weil wir hier aktuell keine Tagungen durchführen können, sind wir unter die Podcaster gegangen und sprechen jetzt regelmäßig darüber, wie Corona Politik und Gesellschaft, und somit auch unsere Arbeitsbereiche hier in der Akademie, beeinflusst. Ich bin Beate Winterer, Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit an der Akademie, und ich habe in der ersten Folge mit meiner Kollegin Anja Opitz darüber gesprochen, welchen Einfluss die Coronakrise auf Sicherheit hat. Ich habe zum Beispiel erfahren, dass Pandemien eine Gefahr für die Gesellschaft sind, aber auch, was wir aus der aktuellen Pandemie vielleicht lernen können - oder sollten.

Heute sitze ich hier mit unserer Direktorin, Prof. Dr. Ursula Münch. Wir sind hier an der Akademie - natürlich mit dem nötigen Sicherheitsabstand - und wir wollen heute über Corona und die Demokratie reden - oder besser gesagt: über Corona und die Feinde der Demokratie, nämlich die Populisten.

Der Populismus und die Angst

Beate Winterer: Frau Münch, Corona ist zunächst mal eine Gesundheitskrise, aber immer öfter hört man - auch von Ihnen - dass daraus auch Probleme für die Demokratie entstehen könnten. Einmal für die Freiheitsrechte. Aber auch, dass eine Pandemie oder gerade die Ausgangsbeschränkungen, wie wir sie aktuell sehen, auch Populisten neuen Zündstoff geben könnten. Wie können Populisten denn die aktuelle Situation ausnutzen?

Ursula Münch: Populisten - oder das Geschäft von Populisten - besteht ja darin, dass sie auch Ängste schüren. Das ist zumindest ein Teil dessen, was Populismus ausmacht. Zum Populismus gehört, dass man in den Kategorien denkt des Wir - Wir, das Volk. Die Einheimischen. Die angestammt hier Lebenden. Wir und die anderen. Das zeichnet eben Populismus aus. Und dieses Gefühl, dass andere - die anderen - unter Umständen zur Bedrohung werden - das wird von Populisten schon unter ganz normalen Bedingungen gerne befördert. Und das könnte, so zumindest meine Befürchtung, durchaus auch während dieser Coronakrise, und der Reaktionen auf Corona, geschehen. Dass man zum Beispiel in diesen Kategorien denkt - und das erleben wir ja zum Teil auch in der Europäischen Union: Mit wem sollen wir solidarisch sein? Dass jetzt ein deutscher Politiker, der sagen würde: "Wir haben doch im Augenblick genügend Intensivbetten frei, wollen wir die nicht den Kollegen und Kolleginnen, zum Beispiel in Italien, oder in den Krisengebieten in Frankreich, zur Verfügung stellen?" (Das wird zwar zum Teil gemacht.) Aber diese Politiker müssen immer damit rechnen, dass sie sich auch Vorwürfe einhandeln, nach dem Motto: Solltet ihr nicht lieber erstmal für das eigene Volk sorgen? Also da könnte man durchaus in das Wir und die anderen verfallen, in so eine Dichotomie. Das kann sich durch die Pandemie verstärken. Und natürlich nicht nur bei Gesundheitsfragen - also die Frage: Wer kommt in den Genuss von Solidarität oder eben auch von Gesundheitsleistungen? - sondern das kann man sich natürlich, und vor allem, auch für wirtschafts- und finanzpolitische Maßnahmen denken und das betreibt zum Beispiel auch die AfD durchaus schon intensiver.

AfD: Verschwörungstheorien statt Debatte

Beate Winterer: Dann wären wir schon bei der AfD, die man ja immer zuerst - oder oft auch zu einzigst - nennen muss, wenn man in Deutschland über Populismus redet. Wie nutzt denn die AfD aktuell die Coronakrise schon für sich - oder versucht sie zu nutzen?

Ursula Münch: In meiner Wahrnehmung - und das ist vermutlich die Beobachtung von den meisten, die bundesdeutsche Politik und die Medien beobachten: Im Augenblick gelingt es den deutschen Populisten - es gibt auch Populisten aus dem anderen politischen Lager, es gibt also auch linksgewendete Populisten... Aber im Augenblick gelingt es, gerade auch der AfD, noch nicht, sich dieses Thema zu eigen zu machen und es politisch auszunutzen. Man versucht es zwar immer ein bisschen, aber wirklich gelingen tut es noch nicht. Warum gelingt es nicht? Weil wir im Augenblick feststellen, dass die bundesdeutsche Politik - sowohl von Bund als auch von Ländern - im Großen und Ganzen auf eine überwiegende Zustimmung in der Bevölkerung stößt. Wir stellen fest, dass Krisenzeiten eben Zeiten von Regierungen sind und da guckt niemand besonders aufmerksam zur Opposition. Also insofern haben wir im Augenblick diese Tendenz noch nicht. Aber wir stellen natürlich auch fest - wenn man sich das ein Weilchen antut und zum Beispiel eben nach den Beiträgen von AfD-Politikerinnen und - Politikern im Netz schaut - dann wird man natürlich relativ schnell fündig. Und dann stößt man auf Beiträge, auf Videos, auf Facebook-Einträge, die wirklich ganz massiv Ängste schüren. Und meines Erachtens tut man das, ohne dafür wirklich eine berechtigte Grundlage zu haben. Da werden dann Krisenszenarien völlig überhöht und zugespitzt, für die gibt es im Augenblick keinerlei empirische Begründung. Da wird zum Beispiel behauptet, dass Patrouillen von Polizei durch die Straßen ziehen, dass man sich ständig ausweisen müsse, dass wir also fast schon in einem Polizeistaat leben würden. Das ist das eine. Zum anderen wird an die Wand gemalt, dass wir uns dem wirtschaftlichen Ruin der Bundesrepublik und Europas nähern und dass dann demnächst die Währung zusammenkrachen würde. Und da hört man eigentlich raus, dass die das eigentlich gerne hätten! Weil Krise in dem Fall, hofft man, Ängste schürt und dann wieder die Leute in die Arme der Populisten treibt. Und das finde ich extrem unseriös. Vor allem diese Prophezeiungen. Das sind Verschwörungstheorien, meines Erachtens. Für die gibt es keine Daten und Fakten, die es belegen können. Und nichtsdestotrotz wird das munter unter die Leute gebracht. Und wir wissen, überall im Netz findet man irgendeinen obskuren Immunologen - oder wie sich die Leute dann alle nennen. Irgendwelche Menschen, die irgendwann mal eine medizinische oder eine virologische oder sonstige Ausbildung genossen haben, die auch nicht gefeit sind vor Verschwörungstheorien - und die werden dann als Argument herangeführt. Im Augenblick können wir noch darüber lachen und schmunzeln. Ich hoffe, das bleibt so. Wissen tut man es natürlich nie, aber es ist auf jeden Fall unseriös, weil die Bevölkerung macht sich ja ohnehin - wir alle - machen uns Gedanken, wir machen uns durchaus auch Sorgen, verständlicherweise. Und dann finde ich es nicht gerechtfertigt - um dem eigenen politischen Erfolg Vorschub zu leisten - Ängste zu schüren.

Lehren aus der Flüchtlingskrise 2015

Beate Winterer: Bisher - Sie sagen es - können wir noch darüber lachen. Die Zustimmung zur Regierungsarbeit und vor allem auch zu den Maßnahmen ist extrem hoch. Manchmal erinnert mich aber genau diese Sache ein bisschen an 2015, an die Flüchtlingskrise, wo auch in den ersten Wochen von der "Willkommenskultur" die Rede war, Leute haben an den Bahnhöfen geklatscht, wenn ein Zug ankam. Und dann im Nachgang ist es komplett umgeschwenkt und auch die AfD hat da sehr viel Profit rausgezogen. Könnte das jetzt wieder passieren? Oder ist das eine andere Sache? Ist es doch schwieriger, Populismus mit wirtschaftlichen Folgen zu betreiben als mit Ängsten vor Überfremdung?

Ursula Münch: Also ich habe mir natürlich auch schon Gedanken gemacht, ob die damalige sogenannte Flüchtlingskrise 2015/2016 mit der jetzigen Coronakrise, ob es da Parallelen gibt. Also zum einen kann man schon mal feststellen: Was einen tatsächlich irritiert als Zeitgenosse, ist, wie kurz die Abfolge der großen Krisen inzwischen ist. Dafür kann niemand was, aber wir leben schon in sehr bemerkenswerten Zeiten, in denen diese Krisen - diese großen Herausforderungen - so schon schnell aufeinander folgen. Also, ja, so ein paar Parallelen mag es schon geben. Natürlich muss man aufpassen, dass man jetzt nicht aus der einen Begeisterung dann in das andere Extrem überschwingt, aber ich sehe schon auch deutliche Unterschiede. Gerade dieses Thema Flüchtlinge. Die damalige Flüchtlingspolitik, das ist ein zutiefst emotionales Thema, wo es um diesen Bereich des Eigenen - der Heimat, des eigenen Volkes, des Arbeitsplatzes, des Wohnungsmarktes - geht, den man tatsächlich damals so argumentiert hat: "Naja, den wollen wir nicht mit Leuten teilen, von denen wir nicht wissen, wer sie sind. Ob sich nicht darunter zum Teil womöglich Menschen, die es nicht Gut meinen, verbergen - also zum Beispiel Terroristen." Völlig hergeholt waren diese Befürchtungen ja zum Teil auch nicht, das konnte man zum Teil auch schon nachvollziehen. Also ich würde schon sagen, dass es ein deutlicher Unterschied ist, zwischen dem Thema der Flüchtlingspolitik - diese xenophobischen Muster sind zum Teil in einer Bevölkerung auch relativ leicht zu wecken - und dieser jetzigen Sorgen. Aber beiden gemeinsam ist tatsächlich, dass man im Grunde auch Ängste hervorrufen kann, die im Grunde empirisch nicht zu rechtfertigen sind. Das macht das beides schon gemeinsam. Aber ich sehe schon auch einen großen Unterschied, wenn wir uns die Politik anschauen. Sie haben ja gefragt: "Kann es passieren, dass es wie bei der damaligen sogenannten Willkommenskultur ins andere Extrem umschlägt?" Ich würde schon sagen, dass die Politik inzwischen doch auch, glaube ich, aus den damaligen Fehlern - und ich finde, damals sind viele Fehler gemacht worden, sowohl von der Politik, also von der damaligen Bundesregierung, als auch von den Medien. Und man hat meines Erachtens schon daraus gelernt. Damals war wirklich so eine fast wahrgenommene Einheitspolitik. Die Bundeskanzlerin hat politische Maßnahmen in der Flüchtlingspolitik für gut geheißen und es gab im Parlament so gut wie niemanden - mit Ausnahme der CSU, und das war dann nochmal ein anderes Thema - die da wirklich widersprochen haben. Und es gab keine externe Beratung, zumindest keine wahrnehmbare. Und ich finde schon, dass wir jetzt - damals wurde die Flüchtlingspolitik fast schon dargestellt als etwas Alternativloses. Man hat da also ein Wort herangezogen wieder, man hat es nicht benutzt, aber eigentlich kam es so an, noch aus der Bankenkrise des Jahres 2008. Und jetzt stellen wir fest: Alternativlos ist die jetzige Politik nicht. Sondern wir merken, dass die Bundesregierung und auch die Landesregierungen, dass das ein immer wieder auch Verändern von Maßnahmen ist. Dass man bei Fehlern auch sagt: "Nein, das war nicht richtig" oder "Wir haben eine Fehlwahrnehmung" oder "Wir schauen, wie machen es die anderen, die anderen Staaten". Da gibt es jetzt nicht so dieses: "Das haben wir als richtig erkannt und das führen wir jetzt auch durch." Wir haben diese Vielstimmigkeit durchaus auch aus der Wissenschaft. Wir haben die Vielstimmigkeit aus den Medien. Und, das finde ich, ist der deutliche Unterschied: und unseren Föderalismus! Manche mögen ja sagen, dieser Föderalismus, der braucht so lange. Und gäbe es nicht endlich den großen Krisenkatastrophenplan vom Bund. Klar, an mancher Stelle - mit Blick auf die Beschaffung von Gesundheitsmasken - fände ich es auch schön, wenn man da vielleicht ein bisschen früher, ein bisschen einheitlicher agiert hätte. Aber der Föderalismus ist jetzt so wichtig, wenn in der Krise die Stunde der Exekutive schlägt. Dann ist es so überaus wichtig, dass wir viele Exekutiven haben in der Bundesrepublik. Und dass wir eine Landesregierung oder einen Freistaat Bayern haben, der auch mal widerspricht und der sich streitet - mit dem nordrheinwestfälischen Ministerpräsidenten über die Richtigkeit oder die Falschheit von Maßnahmen, halte ich für ausgesprochen wichtig.

Regieren per Dekret: Wer kontrolliert die Exekutive?

Beate Winterer: Das würde mich schon zu einer anderen Frage führen. In Ungarn regiert Viktor Orbán faktisch seit vergangener Woche auf unbestimmte Zeit per Dekret, vom Parlament beschlossen. Wäre so eine Situation - jetzt vielleicht nicht vergleichbar mit dem ungarischen Fall, aber der Fall, dass sich die Exekutive dauerhaft zu viel Macht rausnimmt - in Deutschland möglich? Oder gibt es da eben Beschränkungen oder andere Institutionen, die sowas verhindern?

Ursula Münch: Also wir sehen natürlich in Ungarn diese sehr weitreichenden Einschränkungen - Sie haben es schon gesagt - die auch grundsätzlich zeitlich nicht befristet sind. Das ist der Unterschied zu den deutschen Maßnahmen. Jetzt müssen wir natürlich schon auch zugeben, dass die bundesdeutschen Maßnahmen sehr weitgehend sind. Das sind weitgehende Eingriffe in unsere persönlichen Freiheitsrechte - sei es das Recht der Unversehrtheit der Person, sei es das Bewegungsrecht, sei es Versammlungsrecht, sei es Religionsfreiheit. Viele unserer Grundrechte werden im Augenblick massiv eingeschränkt. Aber es gibt wirklich wichtige Unterschiede zu Ungarn. Erstens ist bei uns die Einschränkung auf Zeit, sie ist zeitlich befristet. Zum anderen haben wir tatsächlich ein gewaltenteilendes System. Wir haben dann noch die zum Teil ein bisschen anders gelagerten Maßnahmen in den Ländern. Die Bundesregierung kann bei uns nur Empfehlungen aussprechen. Also einen Teil der Gesetze kann sie erlassen, aber in anderen Bereichen sind dann wieder die Länder zuständig. Das ist manchmal nicht unumstritten, hat aber dann wieder den großen Vorteil. Und ein ganz großer Unterschied ist natürlich, dass wir zum einen eine unabhängige Justiz haben - das hat Ungarn nicht mehr, das hat Orbán nämlich eingeschränkt. Und was vielleicht noch viel, viel wichtigerer ist, dass wir unabhängige Medien haben. Jetzt mag man über das deutsche Mediensystem lästern, über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk - die sogenannte "Qualitätspresse". Ich lästere nicht darüber. Ich finde, trotz mancher Probleme und Defizite, die bewähren sich in dieser Krise sehr. Und wir sehen viele kritische Stimmen in den Medien - wir haben die digitalen Medien, in denen ebenfalls auch sehr kritische Stellungnahmen juristisch begründet, philosophisch begründet, von Medienleuten begründet... Wir sehen da eine Kontrolle. Das macht es ja aus. Das ist der Unterschied zwischen Ungarn und uns: Bei uns funktioniert die Kontrolle - und damit die Gewaltenhemmung – und über Ungarn macht man sich Sorgen, ob sie da wirklich funktioniert.

Beate Winterer: Und ich habe auch das Gefühl - wie Sie es eben gesagt haben - gerade die AfD kann im Moment noch kaum Kapital daraus schlagen, dass wir diese ganzen Einschränkungen haben und damit leben.

Neue Solidarität in der Krise

Beate Winterer: Und umgekehrt, man sieht ja sogar wieder große Solidarität füreinander, die man in den vergangenen Jahren eher vermisst hat: Man geht füreinander Einkaufen, Taxifahrer nehmen Pfleger mit, bringen die zum Krankenhaus, unentgeltlich. Kann diese Coronakrise vielleicht sogar auch umgekehrt helfen, ein Stück weit die Spaltung der Gesellschaft - wie wir sie ja auch in Deutschland beobachtet haben, spätestens seit 2015, eher schon etwas früher - vielleicht auch ein Stück weit zurückdrehen? Wieder ein bisschen mehr für Einheit sorgen?

Ursula Münch: Also, zum einen, grundsätzlich wäre es natürlich schön und wünschenswert. Auf der anderen Seite: Zum einen muss ich sagen, selbst wenn das der Fall wäre, wäre das keine Rechtfertigung, um die Freiheitsrechte einzuschränken. In einer Diskussion, in der wir nicht landen dürfen, ist, dass wir sagen: "Ach, alle sind sich wieder so wunderbar einig, lasst uns doch ein paar Freiheitsrechte weiterhin eingeschränkt sein." So nach dem Motto: Der Zweck heiligt die Mittel. Also das ganz bestimmt nicht. Aber das haben Sie natürlich auch nicht gemeint...

Beate Winterer: Nein.

Ursula Münch: Natürlich beobachtet man im Augenblick dieses Zusammenwirken und sich vielleicht ein bisschen mehr umeinander Kümmern. Aber ehrlich gesagt, ich glaube, wenn es um die letzte Klopapierrolle im Supermarkt geht, ist es mit der Solidarität auch verdammt schnell wieder vorbei. Also ich habe den Eindruck, wir sind im Augenblick noch in dieser luxuriösen Situation, dass nirgends wirklich Knappheit besteht. Klar machen sich viele Menschen existenzielle Sorgen, aber wirkliche Knappheit besteht im Augenblick noch nicht. Ich möchte nicht wissen, was auch in unserer - eigentlich doch sympathischen und relativ gemäßigten - Gesellschaft passieren würde, wenn es wirklich knapp wird. Wenn entweder Lebensmittel knapp werden - was nicht passieren wird. Was passieren könnte, dass die Intensivbetten knapp werden. Also ich glaube, dann ist es mit unserer "Pseudosolidarität" auch schon relativ schnell wieder dahin. Und was mir ehrlich gesagt am meisten Sorgen macht: Ich sehe diese europäische Solidarität nicht. Weil wir feststellen, alle haben ihre Grenzen nach oben gezogen. Jeder sitzt auf seinen Schutzmasken drauf. Das kann man jeweils alles verstehen. Die Frage ist nur: Wird man aus dieser Krise lernen, die Europäische Union anders zu gestalten? Da bin ich, ehrlich gesagt, nicht sehr zuversichtlich.

Beate Winterer: Das geht mir genauso. Aber ich glaube, das wäre auch fast ein Thema für einen neuen
Pod¬cast. Ich bedanke mich an der Stelle bei Ihnen, Frau Münch, und ich bedanke mich auch bei allen Zuhörern...

Ursula Münch: Ich auch!

Beate Winterer: ... die dabei waren, die uns zugehört haben. Wenn Ihnen unser Podcast gefällt: Sie können ihn gerne abonnieren und natürlich auch weiterempfehlen. Wir freuen uns immer, wenn mehr Leute zuhören. Und wenn Sie wissen wollen, was wir ansonsten noch machen, jetzt, während wir keine Veranstaltungen veranstalten dürfen: Auf unserer Website, und auch auf YouTube, finden Sie unsere Werkstattgespräche. Da erzählen wir beide, aber auch unsere anderen Kolleginnen und Kollegen hier aus der Akademie, woran sie gerade arbeiten. Vielen Dank und bis zum nächsten Mal, wenn ich hier dann wieder mit jemand anderem sitze.

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