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Im Kino kommt das Leben dazu

Filmgespräch mit Caroline Link, Tom Tykwer und Uli Hanisch

Das Ruhrgebiet der 70er Jahre in "Der Junge muss an die frische Luft", Paris im 18. Jahrhundert in "Das Parfum" und das 20er-Jahre-Berlin in "Babylon Berlin": In ihren Filmen und Serien erschaffen Regisseurin Caroline Link, Regisseur Tom Tykwer und Szenenbildner Uli Hanisch neue und vergangene Welten. Beim Filmgespräch am See im Rahmen des Fünf Seen Filmfestivals diskutierten sie mit Sylvia Griss vom Bayerischen Rundfunk in der Akademie für Politische Bildung über "Verfilmte Räume" und Erlebnisse, die nur das Kino bietet.

Tutzing / Kultur / Online seit: 09.09.2019

Von: Beate Winterer / Foto: Beate Winterer

Programm: Filmgespräch am See

Fünf Seen Filmfestival

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Der Tante-Emma-Laden, die Küche der Großeltern, der kleine Bauernhof am Stadtrand: Der Kinofilm "Der Junge muss an die frische Luft" nimmt die Zuschauer mit auf eine Zeitreise ins Deutschland der 70er Jahre. Ein Erfolgsrezept? "Ich bin selbst in meine Kindheit zurückgekehrt und habe mich gefragt: Wie ging es uns damals in der Nachkriegszeit? Ich glaube, die Umgebung hat eine große emotionale Welle ausgelöst", sagt Regisseurin Caroline Link. Als erste Oscar-Preisträgerin ("Nirgendwo in Afrika") war sie zu Gast an der Akademie für Politische Bildung und diskutierte beim Filmgespräch am See im Rahmen des Fünf Seen Filmfestivals mit ihrem Regie-Kollegen Tom Tykwer ("Das Parfum", "Babylon Berlin") und Szenenbildner Uli Hanisch ("Das Wunder von Bern", "Babylon Berlin") über "Verfilmte Räume".

Die Figuren bestimmen den Raum

"Ich bewundere Toms Mut, in diesen Größen zu denken", sagt Link mit Blick auf Kulissen wie die Wüstenstadt in "Ein Hologramm für den König" und den Nachbau des Guggenheim-Museums für "The International". "Ich will nicht Wow und Bang. Mich fasziniert am Kino, wenn jemand was übers Leben versteht", erklärt die Regisseurin. Doch auch Tykwer geht es nach eigener Aussage nicht um große Effekte, sondern "nur um Intensität". Einig sind sich aber alle drei, dass die Figuren im Film die Räume bestimmen. "Das Ruhrgebiet in 'Der Junge an muss an die frische Luft' ist kein Moloch-Ruhrgebiet, wie man es erwartet, weil die Familie von Hape Kerkeling nicht in dieser Welt gelebt hat", erklärt Hanisch. Besonders schwer sei ihm die Kulisse für "Das Parfum" gefallen. "Wie stellt man ein Paris des 18. Jahrhunderts dar, wenn der Protagonist keine Wahrnehmung für seine Umwelt hat und nur auf Gerüche achtet?"

Das Smartphone ist keine Kino-Alternative

Die 200 Zuschauer im Hörsaal der Akademie und Moderatorin Sylvia Griss vom Bayerischen Rundfunk erfuhren beim Filmgespräch auch, dass 99 Prozent der Drehbücher, die Tykwer erhält, "erbarmungswürdige Opfer einer Über-Ich-Schwäche sind" und für ihn im Kino "das Leben dazukommt" - und sei es in Form von Achselschweiß beim Sitznachbarn. Auch darüber werde man später Freunden berichten. "Kino ist ein Gemeinschaftserlebnis. Das verschwindet beim Streaming. Da ist niemand sonst in der Wohnung", sagt der Regisseur. Seiner Kollegin Caroline Link bereiten eher die Tablet- und Smartphone-Bildschirme Sorgen, auf denen immer mehr Menschen Filme schauen: "Die Details, mit denen wir uns so viel Mühe geben, sind darauf gar nicht mehr erkennbar. Das ist keine Alternative zum Kino."

 

Filmgespräch am See

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