Gute Stimmung - und Donnerhall

Gewitter, die Leistung der Hauswirtschaft und deutliche Worte der Akademiedirektorin sorgten beim Gartenfest für Aufsehen

Tutzing / Aus der Akademie / Online seit: 20.07.2018

Von: Sebastian Haas

Foto: APB Tutzing

# Gesellschaftlicher Wandel, Bayern, Politische Bildung, Bildung und Wissenschaft

Schön war's! Bei anfangs großer Hitze und tropischer Schwüle, später dann bei Gewitterschauern, feierten fast 450 Gäste beim Gartenfest der Akademie für Politische Bildung. Während die Mutigen die ganze Zeit draußen blieben, pflegten die anderen entspannt im Trockenen alte und Kontakte. Alle aber genossen, was die Hauswirtschaft für sie vorbereitet hatte. Und Akademiedirektorin Ursula Münch fand in ihrer Begrüßungsrede kritische Worte in Bezug auf die politische Debattenkultur und den gesellschaftlichen Zusammenhalt.


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Flickr-Galerie © Akademie für Politische Bildung Tutzing

Sie blickte zurück auf unser Symposium zu Ehren des ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier – bei dem eine zunehmende Missachtung, Verunglimpfung und Parteipolitisierung der Justiz beobachtet wurde. Das mache die Gerichte anfechtbar und führe zu einem Ansehens- und Vertrauensverlust der Justiz insgesamt. „Perfide ist dieser Mechanismus deshalb, weil diejenigen, die die parteipolitische Färbung der Justiz überhaupt erst durchgesetzt haben, das Ansehen der Justiz in der Folge weiter untergraben – und zwar unter Verweis auf eben diese verlorengegangene Unabhängigkeit. Zuletzt heißt es, die Justiz müsse dem Volk zurückgegeben werden. Damit gerät nicht nur die Legitimation von Urteilen, sondern der Grundgedanke der Gewaltenteilung in Gefahr", erläuterte Ursula Münch.

Die Akademiedirektorin wies auch das Auftreten einer neuen Konfliktlinie durch Gesellschaft und Parteien hin: Eine zwischen denen, die sich von Europa, Globalisierung und Digitalisierung Vorteile versprechen – und die offen gegenüber Migration sein können, weil sie keine Konkurrenz auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt fürchten. Andere befürchten, dass Qualifikation und Einkommen nicht mit den neuen Anforderungen mithalten können. „Während sich die Bessergestellten von den Zumutungen der Migration räumlich trennen können – beim Wohnen, beim Verkehr, bei der Auswahl der Schule – ist das den einfachen Leuten nicht möglich." Zudem lasse sich diese neue Konfliktlinie wegen ihrer Nähe zu Identitätsfragen sehr leicht ideologisch und emotional aufladen, und sie unterminiere das Vertrauen in Politikerinnen und Politiker, weil es vermeintlich immer weniger Schnittmengen zwischen den Lebenswelten der Repräsentanten und der weniger gut Gestellten gebe.

„Dass die Stimmung so viel konfrontativer geworden ist, hat viel damit zu tun, dass uns die Fähigkeit abhanden zu kommen scheint, neben unseren eigenen individuellen wie staatlichen Interessen auch die wohlbegründeten Interessen und Haltung unserer jeweiligen Gegenüber zu berücksichtigen. Egoismus und Nationalismus sind hochansteckend", meint Münch. Aufzuhalten ist dieser neue Zeitgeist auch durch politische Bildung – die zwingt, sich gezielt und in Politiksimulationen auch aktiv mit den Interessen anderer Akteure auseinanderzusetzen. Bereits in der Schule mit inhaltlich und methodisch richtig guter politischer Bildung anzufangen, hilft schließlich künftigen Repräsentanten und den künftigen Wählern.

Gäste unseres Gartenfests waren unter anderem

  • Mitglieder unseres Förderkreises, Kuratoriums und Beirats.
  • Aus der Politik: Der Bundestagsabgeordnete Michael Kießling (CSU); aus dem Bayerischen Landtag die Landesvorsitzende der BayernSPD Natascha Kohnen, die CSU-Abgeordnete Ute Eiling-Hütig, die zugleich Mitglied unseres Kuratoriums ist, sowie Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Schulze; aus den Parteien in Bayern waren u.a. noch anwesend: Die Landesvorsitzenden der Grünen Sigi Hagl und Eike Hallitzky; die ehemaligen Landes- bzw. Bundesabgeordneten und -minister Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Martin Zeil (FDP), Franz Maget (SPD), Jerzy Montag (Grüne) und Johannes Singhammer (CSU).
  • Wichtige Kooperationspartner und Partnerinstitutionen: Birgit Schmitz-Lenders für die Europäische Akademie Bayern; Ursula Männle für die Hanns-Seidel-Stiftung; Norbert Gebbeken für die Bayerische Ingenieurekammer-Bau; Hermann Sollfrank für die Katholischen Stiftungshochschule München; Merith Niehuss für die Universität der Bundeswehr München; Udo Hahn für die Evangelische Akademie Tutzing; Künstlerinnen der GEDOK München.
  • Kirchen und Justiz: u.a. Florian Schuller für die Katholische Akademie in Bayern; Lorenz Wolf für das Katholische Büro Bayern; Rudolf Mellinghof für den Bundesfinanzhof.
  • Gäste aus Tutzing waren neben der Familien unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Beispiel: Bürgermeisterin Marlene Greinwald und die Zweite Bürgermeisterin Elisabeth Dörrenberg,
    Pfarrer Peter Brummer und Musiker Leslie Mandoki.
  • Für die Musik eines gelungenen Abends sorgte das C.S.T. Christian Schumacher Trio mit Christian Schumacher am Piano, Tom Peschel am Bass und Joscha Arnold am Saxophon.

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