Sechs Jahrzehnte Einsatz für die Akademie

Wir trauern um Wilhelm Ebert / Akademiedirektorin Münch würdigt unseren Gründungskurator und langjährigen BLLV-Präsidenten

Tutzing / Aus der Akademie / Online seit: 29.06.2017

Von: Sebastian Haas

# Politische Bildung, Zeitgeschichte

Seit der Gründung der Akademie für Politische Bildung Tutzing im Jahr 1957 war Wilhelm Ebert Mitglied des Kuratoriums. Dass die Akademie eine bundesweit einzigartige Einrichtung in der Erwachsenenbildung wurde und ist, verdankt sie zu einem großen Teil seinem Engagement. Am 28. Juni 2017 verstarb der Ehrenpräsident des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV) im Alter von 94 Jahren.


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Wilhelm Ebert war viele Jahre Präsident des BLLV - ein Video würdigt seine Arbeit zum 94. Geburtstag im Mai 2017.

Ebert war von 1955 bis 1963 und von 1967 bis 1984 Präsident des BLLV und trieb über Jahrzehnte schulpolitische Reformen im Freistaat voran, zum Beispiel die Überwindung der konfessionellen Teilung der Volksschulen. Von einem Ausnahmetalent sprechen die, die ihn kennen. Ein beeindruckendes Gedächtnis ist nur eine von vielen weiteren Fähigkeiten und Begabungen. Dazu kommen diplomatisches und rhetorisches Geschick, Sachverstand, Intellekt, politisches Gespür sowie Sinn auch für politische Realitäten und Durchsetzungsvermögen selbst auf internationaler Bühne. So war er von 1974 bis 1978 sogar Präsident des Weltlehrerverbands und von 1979 bis 1994 des Verbands Bildung und Erziehung (VBE).

Eine der vielen Auszeichnungen, die Ebert erhielt, war 2008 der Waldemar-von-Knoeringen-Preis. Die Georg-von-Vollmar-Akademie in Kochel am See ehrte ihn damit für sein „Engagement als beständiger Streiter für Bildung und Demokratie". Viele seiner Publikationen erschienen in verschiedenen Sprachen. Zuletzt trat er mit dem zweibändigen Werk „Mein Leben für eine pädagogische Schule" in Erscheinung (eine ausführliche Rezension erschien in unserem Akademie-Report 2/2013 ab Seite 34).

Wilhelm Ebert war schon an den Vorüberlegungen zur Akademiegründung – bis hin zum Entwurf des Akademiegesetzes – beteiligt und nahm an der ersten sogenannten Grünwalder Arbeitstagung teil, die auf Initiative des SPD-Fraktions- und Landesvorsitzenden Waldemar von Knoeringen im Juli 1955 stattgefunden hatte. Seitdem Ebert an den Beratungen des Kuratoriums über die Berufung des ersten Akademiedirektors mitwirkte, haben sehr viele weitere Sitzungen stattgefunden – auch Krisensitzungen. Schließlich blieb auch die Akademie für Politische Bildung trotz ihrer soliden, gesetzlich fixierten Grundlage nicht verschont von Begehrlichkeiten, sie finanziell oder auch ihren Standort Tutzing anzutasten. „Die Akademie verdankt es ihrem immer klug agierenden und (falls erforderlich) streitbaren Kuratorium – und hier gerade auch Wilhelm Ebert –, dass es jeweils beim Ansinnen blieb und die Akademie etwas Besonderes in der Landschaft der Akademie und Einrichtungen der Erwachsenenbildung geworden ist: ein Ort originärer wissenschaftlicher Kompetenz", so hat es Akademiedirektorin Ursula Münch bereits in ihrer Würdigung zum 90-jährigen Geburtstag Eberts formuliert.

„Ein solches Gründungsmitglied, ein solcher kritisch-wohlwollender Begleiter und Förderer seit mehr als 60 Jahren – das ist ein Geschenk für eine Institution", erklärt Münch weiter. „Wilhelm Ebert hat die Akademie für Politische Bildung beschenkt: mit seinem wachen Verstand, seinem Gespür für die Herausforderungen der politischen Bildungsarbeit, mit seiner Herzenswärme und nicht zuletzt mit seiner Bereitschaft, auch im hohen Alter die Geschicke unseres Hauses aktiv zu begleiten. Das Gedeihen, der Auftrag und das Ansehen der Akademie für Politische Bildung Tutzing waren ihm bis zuletzt ein großes Anliegen." Wilhelm Ebert wird uns allen sehr fehlen. Wir trauern mit seinen Angehörigen und Freunden. Die Akademie für Politische Bildung wird ihm stets ein ehrendes Andenken bewahren.


Weitere Informationen

Ein alpha-Forum zu Wilhelm Eberts 90. Geburtstag (Mediathek des Bayerischen Rundfunks)

Eberts Lebenslauf (Munzinger Archiv)


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