Geburtshelfer des Akademiegesetzes

Hans-Jochen Vogel zum 90. Geburtstag

Tutzing / Aus der Akademie / Online seit: 03.02.2016

Von: Ursula Münch

Hans-Jochen Vogel

Architekt des Akademiegesetzes: Hans-Jochen Vogel (foto: wikimedia commons/ Henning Schlottmann)

Die Verdienste von Hans-Jochen Vogel in seinen verschiedenen Ämtern – u.a. als Münchner Oberbürgermeister (1960-1972), Bundesminister der Justiz (1974-1981), Fraktionsvorsitzender der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag (1983-1991), SPD-Parteivorsitzender (1987-1991), Kanzlerkandidat der SPD (1983) oder auch als „normaler“ Bundestagsabgeordneter (bis 1994) – sind so groß, dass in den meisten Betrachtungen eine Facette seines vielfältigen Wirkens untergeht: Seine Tätigkeit als junger Mitarbeiter für den damaligen Ministerpräsidenten Wilhelm Hoegner (SPD) in der Bayerischen Staatskanzlei.

Wilhelm Hoegner, der bislang einzige Sozialdemokrat im Amt des Bayerischen Ministerpräsidenten nach 1945, stand von Dezember 1954 bis Oktober 1957 der sogenannten „Viererkoalition“ aus SPD, Bayernpartei, FDP und der Flüchtlingspartei GB/BHE vor. In die Amtszeit der Viererkoalition, deren „größter beziehungsweise einziger gemeinsamer Nenner“ (Karl-Ulrich Gelberg) die Bildungspolitik war, fiel die Entscheidung, im Freistaat Bayern eine Akademie für Politische Bildung zu errichten – und zwar auf gesetzlicher Grundlage.

Vogel entwarf 1955 das Akademiegesetz

Die Vorüberlegungen für dieses Landesgesetz gingen zwar auf Expertengespräche zwischen namhaften Wissenschaftlern, Politikern, Ministerialbeamten und Verbandsvertretern zurück. Der Referentenentwurf und auch dessen Begründung stammten aber von einem jungen Rechtsassessor, der im Alter von 29 Jahren Leiter des Arbeitskreises für die Sammlung des Bayerischen Landesrechts in der Bayerischen Staatskanzlei geworden war: von Regierungsrat Dr. Hans-Jochen Vogel. Er legte bereits am 31. Juli 1955, noch bevor ein Arbeitskreis aus Wissenschaftlern und Politikern zum zweiten Mal zusammenkam, den Entwurf für das spätere Gesetz vor. Für die Akademie ist dieses Gesetz bis heute ein Schatz. Das in der Bundesrepublik einzigartige Akademiegesetz bestimmt nicht nur, dass die Akademie als „Anstalt des Öffentlichen Rechts“ überparteilich arbeitet. Darüber hinaus trifft das „Gesetz über die Errichtung einer Akademie für Politische Bildung“ vom 27. Mai 1957 kluge Festlegungen etwa über die Berufung und Zusammensetzung des Kuratoriums, welches die Tätigkeit der Akademie überwacht. Auch in dieser Hinsicht hat der junge Regierungsrat Dr. Vogel, der dem Kuratorium von 1957 bis 1960 auch selbst angehörte, Weitblick bewiesen.

Grundlage für Forum, Kompetenzzentrum und Forschung

Am 3. Februar 2016 feiert Dr. Vogel seinen 90. Geburtstag. Wir gratulieren von ganzem Herzen und wünschen ihm noch viele gesunde Jahre. Vor allem aber bedanken wir uns bei ihm: Für seine Klugheit und Umsicht, die eine wichtige Grundlage dafür gelegt haben, dass die Akademie werden konnte, was sie heute ist: Ein überparteiliches Forum für Wissenschaft, Politik und Gesellschaft, ein bundesweit hoch geschätztes Kompetenzzentrum für politische Bildung und eine unabhängige Forschungsstätte, die im Jahr 2017 ebenfalls einen runden Geburtstag feiern darf: ihren 60.


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