Politische Kultur - im Umgang mit Russland

17. Passauer Tetralog der Festspiele Europäische Wochen Passau

Passau / Tagungsbericht / Online seit: 22.06.2014

Von: Sebastian Haas

# Europa, Osteuropa und Russland, Kultur

Download: Ohne Grenzen? Politik und Kultur in Europa

17.-Passauer-Tetralog

Auf dem Podium bei 17. Passauer Tetralog trafen zusammen: (v.l.) Horst Teltschik, Elmar Brok, Universitäts-Präsident Burkhard Freitag, Heinrich Oberreuter, Rafal Wolski und Vladislav Belov (Foto: Haas).

Es hat schon Tradition: am Sonntag nach Eröffnung der Festspiele Europäische Wochen findet der Passauer Tetralog in Kooperation mit der Akademie für Politische Bildung Tutzing statt. Im Audimax der Universität war das Thema: „Ohne Grenzen? Politische Kultur in Europa“.

Auf dem Podium kamen zusammen: Vladislav Belov, Direktor des Zentrums für Deutschlandforschungen an der Russischen Akademie der Wissenschaften in Moskau; Elmar Brok, der Vorsitzende des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten des Europäischen Parlaments; der Generalkonsul der Republik Polen in Kiew, Rafal Wolski, und Horst Teltschik, ehemaliger Kohl-Berater und Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz. Gastgeber war wie immer unser Altdirektor Prof. Heinrich Oberreuter.

Der Drang nach Frieden und Freiheit ist der wichtigste Integrationsfaktor Europas und bestimmmt die politische Kultur des ganzen Kontinents. Nun gibt es nicht nur im Osten Europas genug Gründe, um den Stand der politischen Kultur zu diskutieren. Doch das Verhalten Russlands in und um die Ukraine bestimmte die Diskussion beim 17. Passauer Tetralog von Beginn an. So bildeten sich auf dem Podium schnell zwei Fronten, auf der die Ansichten Vladislav Belovs mit denen Rafal Wolskis und Elmar Broks zusammenprallten. Horst Teltschik und Heinrich Oberreuter vermittelten – freilich aus deutsch-europäischer Perspektive.

Elmar Brok sieht in der Entwicklung in der Ukraine große Parallelen zu der im Polen der 1980er-Jahre. Ein Volk habe sich entschieden, in Freiheit zu leben und seine Rechte wahrzunehmen. Die Europäische Union musste eine solche Entwicklung unterstützen, habe aber bei jeder Vermittlung Rücksicht auf Russland genommen – was dieses ignoriere. „Manchmal habe ich das Gefühl, dass man Moskau seiner eigenen Propaganda glaubt“, meint Elmar Brok und auch Rafal Wolski machte in all seinen Ausführungen deutlich: Russland ist aus polnischer und somit europäischer Sicht kein sicherheitspolitisch, wirtschaftlich und politisch zuverlässiger Partner.

Vladislav Belov antwortete mit dem Verweis darauf, dass Russlands Erwartungen, als europäisches Land akzeptiert zu werden, seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion pausenlos enttäuscht würden. Wladimir Putins Botschaften für eine Zusammenarbeit in außen- und sicherheitspolitischen Themen – 2001 vor dem Bundestag in Berlin, 2007 auf der Münchner Sicherheitskonferenz, 2008 im Zusammenhang mit der Krise in Georgien – seien falsch interpretiert worden. Das seit Jahrhunderten bestehende russiche „Sicherheitstrauma“, kombiniert mit einer deutlich ausgeprägteren Orientierung an staatliche Institutionen, begründe letztlich das Vorgehen auf der Krim im Frühjahr 2014.

Nach Meinung Horst Teltschiks hat Russland im ersten Halbjahr 2014 jedes europäische Vertrauen in sich zerstört. Sein Sicherheitsbedürfnis sei vollkommen übersteigert, müsse aber dennoch Ernst genommen werden. Dass vor diesem Hintergrund vielversprechende Initiativen im Sand verlaufen – so wie das Partnerschaftsabkommen zwischen der EU und Russland, der NATO-Russland-Rat oder eine mögliche gesamteuropäische Freihandelszone – sei beiden Seiten vorzuwerfen. Völlig unverständlich sei es aber, dass Russland die NATO noch immer als feindliche Institution versteht. „Die sicherste Grenze, die Russland überhaupt hat, ist die im Westen“, sagte Teltschik.

Die NATO bedeute für Russland nun einmal militärisches Eingreifen, antwortete Vladislav Belov. „Sie bedeutet: Jugoslawien, Syrien, Libyen.“ Er hofft auf ein Ende gegenseitiger Beschuldigungen, den Beginn einer Suche nach geteilten Überzeugungen und die Nutzung erprobter Verhandlungsplattformen. Und er glaubt, dass auch der russische Präsident Wladimir Putin noch von überzeugenden westlichen Argumenten – womöglich sind es wirtschaftliche – beeinflusst werden kann. Einig waren sich alle Teilnehmer unserer engagierten Diskussion zu guter Letzt in einem Punkt: Mittel- und langfristig muss es bei einer engen Kooperation zwischen Russland und Europa bleiben. Schon alleine, um attraktiv für das Gespräch mit dem ostasiatischen Riesen China zu bleiben.


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