Konkordanzdemokratie

Ein Demokratietyp der Vergangenheit?

Publikation / Online seit: 01.10.2012

# Demokratie, Parlamente Parteien Partizipation

Die Frage, wie Demokratie als Herrschaftsform konkret zu verwirklichen ist, ist ebenso alt wie die Idee der Demokratie selbst. Die jeweiligen Umsetzungsformen unterscheiden sich nicht nur mit Blick auf die Dimensionen Legitimität, Transparenz, Effektivität und Effizienz, sondern gerade auch mit Blick darauf, wie Konflikte geregelt werden. Zwei Grundtypen der Konfliktregelung lassen sich für liberale Demokratien unterscheiden: Während in so genannten Konkurrenz- oder Mehrheitsdemokratien vom Typ „Westminstermodell“ Konflikte durch Mehrheitsentscheid und Parteienwettbewerb entschieden werden, bemüht man sich in einer Konkordanzdemokratie, Konflikte vor allem durch Verhandlung, Kompromiss und Proporz zu lösen. Auf Mehrheitsentscheidungen kann aber auch die Konkordanzdemokratie letztlich nicht verzichten.

Da die Entscheidungsmechanismen einer Konkordanzdemokratie die Möglichkeit des Minderheitenschutzes schaffen und es erlauben, zum Beispiel konfessionelle oder sprachliche Gruppen in die Gesellschaft zu integrieren, eignen sie sich vor allem für durch tiefe Konfliktlinien segmentierte Gesellschaften. Doch der Preis für die integrierende und konfliktbefriedende Wirkung der konkordanzdemokratischen Vorkehrungen ist hoch: Die Dominanz der Eliten und vor allem die Schwerfälligkeit der Entscheidungsprozesse ist offensichtlich. Dennoch besitzen konkordante Arrangements Charme. Das zeigt nicht allein das Beispiel Schweiz. Auch die Tatsache, dass viele Mehrheitsdemokratien konkordanzdemokratische Elemente aufweisen, zeugt davon, dass sich die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den verschiedenen Facetten dieses Demokratiemodells lohnt.

Der vorliegende Band geht auf eine Fachtagung an der Akademie für Politische Bildung zurück. Mit dieser Publikation dokumentieren wir den Stand der Forschung und wollen die weitere Diskussion anregen.

Die Schriftenreihe „Tutzinger Studien zur Politik“ will mit wissenschaftlichem Anspruch, didaktisch fundiert und in allgemeinverständlicher Form Veränderungen in den politischen und gesellschaftlichen Ordnungen analysieren und für einschlägige Reformideen sensibilisieren. Ihr Fokus gilt den sich wandelnden inneren Funktionsbedingungen von Demokratien und den Konstellationen einer sich neu ausrichtenden globalen Ordnung. Die Studien sollen dazu befähigen, politische Zusammenhänge besser zu verstehen und aktiv an der Mitgestaltung unserer Gesellschaft und politischer Ordnung teilzuhaben.


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Die Tutzinger Studien zur Politik


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